(Queer-) Feminismus & Psychologie

(Queer-)Feminismus fasst Geschlechter und Sexualitäten als zentrale Strukturkategorien der Gesellschaft auf, die in Verbindung mit anderen Differenzkategorien, wie z.B. race und class Ungleichheiten hervorbringen. Dabei wird Geschlecht/Sexualität nicht als unabdingbar und gegeben aufgefasst, sondern als soziales Konstrukt stetig hinterfragt. Auch in der Psychologie gibt es zahlreiche Ansätze, die Geschlecht als zentrale Strukturkategorie ausmachen. Dennoch ist es nicht die Regel, dass (Queer-)Feminismus und Psychologie zusammen gedacht werden.
Wie aber kann eine Verbindung dieser beiden Felder aussehen? Was können (queer-)feministische Perspektiven auf Psychologie sein und was sind konkrete Forschungsfelder (queer-)feministischer Psychologien? Welches Potential verbirgt sich hinter der Verbindung von (Queer-)Feminismus und Psychologie?
Für diese und weitere Fragen möchte die Vortragsreihe "(Queer-)Feminismus und Psychologie" Raum öffnen.
Es wird einerseits um (queer-)feministische Perspektiven auf und Kritik an gängiger Psychologie gehen und andererseits darum, die Funktion dieser innerhalb von Gesellschaft, sowie Krankheitsbilder, Psychatrie, etc. feministisch-kritisch zu untersuchen und zu diskutieren. Können z.B. psychoanalytische oder Kritisch-Psychologische Ansätze das (queer-) feministische Verständnis vom Subjekt- Gesellschafts- Verhältnis erweitern und ergänzen?







Programm:


Caroline Keller - Psychologie & Geschlechterforschung. Reflexionen zu einem Spannungsfeld.
24.11.2014 ab 18:00 Uhr im ZHG 105

Geschlechterforschung nimmt nach wie vor innerhalb der deutschsprachigen Psychologie nur eine Randposition ein. Mit der auffallend starken Fokussierung auf die Untersuchung von Geschlechterunterschieden und -gemeinsamkeiten ist der Mainstream der psychologischen Geschlechterforschung grundlegend an der Reproduktion von Heteronormativität beteiligt. In dem Vortrag wird zunächst das komplexe Verhältnis von Psychologie und Geschlechterforschung analysiert. Anschließend werden theoretische und methodische Ansätze für eine feministische und queere Perspektivierung der Psychologie diskutiert.




Fiona Kalkstein - (Queer-)Feminismus und Kritische Psychologie.
27.11.2014 ab 18:00 Uhr im ZHG 105

Die Kritische Psychologie wurde in den 80ern als marxistische Subjektwissenschaft entwickelt.Dies geschah aus dem Bestreben heraus, eine emanzipatorische psychologische Theorie und Praxis zu entwickeln, die das Leid der Subjekte nicht als ein psychisches Defizit deutet, sondern aus gesellschaftlichen Verhältnissen heraus begreift, die die freie Entwicklung der Einzelnen unterdrücken. Von Beginn an gab es zwar ein deutliches Interesse an der Überwindung von Herrschaft, jedoch wurden die unterdrückenden Verhältnisse in einem Wort zusammengefasst: Kapitalismus.
Trotz dieser Haupt-Nebenwiderspruchslogik, die von Feministinnen zurecht kritisiert wurde, ist die Vortragende der Ansicht, dass die Kritische Psychologie - wird sie ein wenig gegen sich selbst gelesen - sehr fruchtbare theoretische und methodische Anknüpfungspunkte für (queer-)feministische Psychologien liefert. Dies äußert sich erstens in einem Forschungsansatz, der radikal partizipativ und subjektorientiert ist, Machtdiskrepanzen zwischen Forscher_in und Mitforscher_in präsent hat und überwinden möchte. Sie macht nicht das Subjekt, sondern die Welt, wie das Subjekt sie sieht, zum Forschungsgegenstand. Zweitens finden sich auf theoretischer Ebene Ableitungen über die menschliche Psyche, die sich ausnahmslos gegen jede Naturalisierung stellen. Es heißt, die einzige menschliche Natur sei eine gesellschaftliche Natur. Wird diese Überlegung in Bezug auf Geschlecht gedacht, entsteht ein Bindeglied zwischen marxistischer Subjekttheorie und dem queer-feministischen Anliegen der Dekonstruktion von Geschlecht als gesellschaftlich hergestelltes.




Johanna Schmidt - Gesellschaftskritik & Psychoanalyse. Eine kritische Einführung in die Psychoanalyse.
11.12.2014 ab 18:00 Uhr im ZHG 105

Die Einwände gegen die Psychoanalyse - die meist schon vorab als widerlegte oder gar lächerliche Theorie abgetan wird - sind vielfältig:
So steht sie u.a. in der Kritik, deterministisch, individualistisch und anti-feministisch zu sein, gesellschaftliche Einflüsse auf das Individuum nicht hinreichend mit einzubeziehen, etc.
In dem Vortrag sollen - nach einer kurzen Erläuterung psychoanalytischer Grundannahmen - solche Meinungen und Einwände auf ihre Richtigkeit überprüft und der Frage nachgegangen werden, inwieweit psychoanalytische Theorie für eine Ideologiekritik der modernen Gesellschaft fruchtbar gemacht werden kann. Im Vortrag werden neurotische Zwänge am Beispiel des Waschzwangs sowie familiäre sexuelle Übergriffe thematisiert. Es besteht somit eine Trigger-Gefahr für Betroffene.




Peet Borgstein - Hysterisch, depressiv, voll borderline ? warum wir eine feministische Pathologisierungskritik brauchen.
14.01.2015 ab 18:00 Uhr im ZHG 104

"Du bist ja total hysterisch" ist ein Ausdruck, den wir auch heute noch kennen. Hysterisch dient damit als Delegitimierung, um zu sagen: Du übertreibst. Doch als psychiatrische Diagnose spielt "Hysterie" heute keine Rolle mehr - ganz hoch im Kurs dagegen "Depressionen" oder "Borderline". Es reicht nicht, den Umgang mit Diagnosen zu kritisieren, sondern das Modell selbst muss in Frage gestellt werden, um nicht das herrschende System von Geständnissen, Selbstdisziplinierung und Psychiatrie zu stützen. Feministische Politik braucht andere Anerkennungsstrategien von Krisen und muss das Konzept des "Abnormen" grundsätzlich in Frage stellen.




Nora Ruck - Feministische Psychologie in Kanada: Feministische Psychologinnen zwischen Aktivismus und Professionalisierung.
22.01.2015 ab 18:00 Uhr im ZHG 104

Dieser Vortrag befasst sich mit der historischen Entwicklung der feministischen Psychologie in Kanada. Im Gegensatz zum deutschsprachigen Raum hat sich in Kanada seit den späten 1960er und frühen 1970er Jahren eine sehr starke feministische Psychologie entwickelt, die bald auch ihren Platz in der kanadischen psychologischen Berufsvertretung inne hatte, eigenständige Forschungs- und Therapieansätze sowie Lehrangebote entwickelte und zentral an der Etablierung der Frauen- und Geschlechterforschung beteiligt war. Ich werde in diesem Vortrag vor allem auf die Bedingungen eingehen, die diese Entwicklung feministischer Psychologie ermöglicht haben. So will ich auch zu einem Verständnis dafür kommen, warum sich im deutschsprachigen Raum keine vergleichbare und vergleichbar starke feministische Psychologie entwickelt hat. Ein historischer Blick bietet immer auch die Möglichkeit, aus der Geschichte zu lernen und in diesem Sinn soll mein Vortrag eine Diskussion darüber ermöglichen, was es heute im deutschsprachigen Raum braucht, um queere und feministische Psychologie zu stärken.




Anna Sieben - Geschlecht und Sexualität in klassischen psychologischen Theorien.
Terminänderung!!! 12.02.2015 ab 18:00 Uhr im ZHG 002

1914 schrieb der US-amerikanische Lernpsychologe Thorndike: "Der Einfluss des Geschlechts [...] ist der Gegenstand vieler Spekulationen und nur weniger unparteiischer Nachforschungen gewesen." Ob diese Diagnose 100 Jahre später immer noch aktuell ist, wird von Anna Sieben anhand von dreizehn klassischen psychologischen Theorien bzw. Theorieströmungen des späten 19. und gesamten 20. Jahrhunderts analysiert (u.a. Behaviorismus, Humanistische Psychologie, Evolutionspsychologie). Auf der Basis wissenschaftstheoretischer Überlegungen in der Psychologie und feministischer Wissenschaftstheorien wird eine systematische, kritische Perspektive entwickelt und konsequent auf die einzelnen Theorien angewendet. Der Schwerpunkt dieses Vortrags wird auf die Differentielle Psychologie und damit die Erforschung von Geschlechterunterschieden im Persönlichkeits- und Intelligenzbereich gelegt.




Open Space - Was bewegt sich in uns und wohin? begleitet von Julia Helena Schlecht und Maxi Trojosky
21.02.2015 ab 10.30 Uhr Ankommen, Beginn 11 Uhr, Ende 18.30 Uhr im Heinrich-Düker-Weg 5

Der Open Space bietet die Möglichkeit das, was die Vortragsreihe in uns allen angestoßen hat, zu vertiefen, zu verknüpfen und weiterzuentwickeln. Mit dem Konzept gehen wir davon aus: Die Menschen, die da sind, sind genau die richtigen. Wir wollen gemeinsam einen offenen Raum gestalten, zu dem alle beitragen können. Du kannst Themenvorschläge einbringen, dich inspirieren lassen und mitdiskutieren.
Nach einer Eröffnung werden wir Themen und Fragestellungen sammeln, mit denen wir uns im Folgenden in Kleingruppen beschäftigen werden. Während des Prozesses kannst du deine Kleingruppe jederzeit wechseln und zu einer anderen dazu stoßen. Am Ende des Tages kommen wir wieder zusammen, um uns auszutauschen und Impulse aufzugreifen.