Forschungsprojekte

  • Bildungsdiskurse und Institutionenwandel: Kindergarten und Vorschule in Deutschland 1965-1976


    In diesem Forschungsprojekt wird die bundesdeutsche Debatte um Ziele und inhaltliche Ausrichtung von Kindergarten und Vorschule in den reformorientierten 1960er und 1970er Jahren aus diskursanalytischer Perspektive untersucht. Der Diskurs wird auf zentrale Begriffe, Argumentationsmuster, Prämissen und Sprecherpositionen der Diskursteilnehmer hin systematisiert; Struktur, Semantiken und Wirkungsmacht des gesamten Diskurses werden in den Blick genommen. Ziel ist eine theoretisch fundierte Darstellung der sich in diesem Zeitraum verändernden Vorstellungen von Kindheit und (früh-)kindlicher Bildung.

    Mit einer solchen Darstellung soll zum einen ein Beitrag zur Analyse der Struktur aktueller Debatten zu dieser Thematik geleistet werden können. Zum anderen geht es aber auch um die Frage, welche Positionen und Forderungen des Diskurses auf die vorschulischen Institutionen eingewirkt und sie entsprechend verändert haben. Die Untersuchung klinkt sich damit ein in die übergeordnete Frage, ob Bildungsdiskurse im Rahmen von Reformbemühungen Institutionen beeinflussen und verändern können.

    (gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft)


  • Der Körper in der Erziehung des Nationalsozialismus


    Zu kaum einer Zeit seit der Antike wurde dem Körper innerhalb erzieherischer Prozesse derartige Aufmerksamkeit zuteil, wie in der Erziehung des Nationalsozialismus. Betrachtet man die pädagogische Historiographie zur NS-Erziehung, so wird ganz überwiegend der Eindruck erweckt, als habe es sich dabei vorrangig um eine Pädagogik der Gleichschaltung, Formierung und Militarisierung gehandelt, was auch und gerade für die Körpererziehung gelten müsste. Im vorliegenden Projekt wurde dieser Annahme anhand der (innerhalb der historischen Erziehungs- und Bildungsforschung immer noch stark vernachlässigten) Analyse historischer Fotografien nachgegangen. Dabei stand vor allem die Frage im Vordergrund, ob es so etwas wie einen nationalsozialistischen Körperhabitus gegeben hat, der sich an den fotografischen Darstellungen von Kindern und Jugendlichen ablesen lässt.

    Anders als erwartet, zeigen die Fotografien ein weitaus uneinheitlicheres Bild von Körperlichkeit, als es die pädagogische Historiographie zum Nationalsozialismus nahelegt. Überraschenderweise gilt dies auch da, wo mit der weitgehend staatlich kontrollierten professionellen Fotografie das bewusste und beabsichtigte - kurz: das offizielle - Selbstbild der NS-Erziehung repräsentiert wird. Insbesondere die Darstellung der Mädchen und jungen Frauen gerät uneinheitlich und zum Teil widersprüchlich. Andererseits lassen sich auch bestimmte - männliche und weibliche - Idealtypen ausmachen, die bisherige Befunde bestätigen und erweitern.

    Mit der Identifikation der dargestellten Typen oder der häufigen Anwesenheit von Uniformen, Emblemen und Symbolen allein lässt sich jedoch nicht der hohe Widererkennungswert von NS-Fotografien erklären, die ganz überwiegend auch von Laien historisch problemlos zugeordnet werden können. Einen möglichen Erklärungsansatz, was denn das genuine Moment der nationalsozialistischen Körperdarstellung in erzieherischen Kontexten ausmacht, bietet ein genauerer Blick auf die Ebene der Bildgestaltung. Diese zeigt das regelmäßige Bemühen der Fotografen (und/oder ihrer Auftraggeber) um die Einbindung des Einzelnen in strenge formale Strukturen, wie Diagonalen oder die - zumeist militärisch ausgerichtete - Ordnung von Gruppen, die zumindest in ihrer Vehemenz ein Spezifikum der NS-Fotografie zu sein scheinen.

    (gefördert von der Deutsche Forschungsgemeinschaft)