NIEDRIGLOHNSEKTOR:




25/07/2013:
Niedriglohnbeschäftigung 2010 im europäischen Vergleich

Die Entwicklung des Niedriglohnsektors in Deutschland ist bereits bis zum Jahr 2011 dokumentiert, nachdem zunächst das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) (siehe 11.06.2013) und dann auch das Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) (siehe 24.06.2013) Zahlen zu seinem Ausmaß und seiner Struktur vorgelegt haben. Dessen ungeachtet hat das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) jetzt eine Studie veröffentlicht, in der die Niedriglohnbeschäftigung im Jahr 2010 im europäischen Vergleich betrachtet wird. Es zeigt sich, dass Deutschland im Ländervergleich 2010 nach Litauen und noch vor Zypern, Bulgarien, Polen und Griechenland usw. den zweithöchsten Geringverdieneranteil an allen Beschäftigten aufwies.

Wie es in einer Presseinformation des IAB dazu heißt, habe im Jahr 2010 knapp ein Viertel aller Beschäftigten in Deutschland weniger als den Niedriglohnschwellenwert von 9,54 Euro brutto pro Stunde verdient. Im europäischen Vergleich ergebe sich daraus, dass der Anteil der Geringverdiener hierzulande größer als in anderen westlichen EU-Ländern sei. Aus der Studie von Thomas Rhein geht allerdings deutlich drastischer hervor, dass im Vergleich von 17 EU-Ländern Deutschland 2010 mit 24,1 Prozent aller Beschäftigten den zweithöchsten Geringverdieneranteil aufgewiesen hat und darin nur von Litauen übertroffen worden ist.

Länderübergreifend seien Frauen, Jüngere, Geringqualifizierte, Ausländer, befristet Beschäftigte und Arbeitnehmer in Kleinbetrieben unter den Geringverdienern überrepräsentiert. In Deutschland seien die Niedriglohnquoten von Frauen und Teilzeitbeschäftigten besonders hoch. Zu den Geringverdienern zählten nicht nur Geringqualifizierte: Mehr als 80 Prozent der Geringverdiener in Deutschland hätten eine abgeschlossene Berufsausbildung.

Für das von Arbeitgeberseite häufig vorgebrachte Argument, dass mehr Niedriglohnjobs für Beschäftigungsgewinne sorgten und die Arbeitslosigkeit reduzieren könnten, weil sie auch wettbewerbsschwachen (etwa gering qualifizierten) Arbeitskräften Chancen böten, fanden die Forscher indes keine Belege: „Im Ländervergleich lässt sich allerdings nicht feststellen, dass ein größerer Anteil von Geringverdienern mit einer niedrigeren Arbeitslosigkeit und einem höheren Beschäftigungsstand einhergeht.“

Quelle: IAB-Presseinformation vom 25.07.2013

Weiterlesen:
Rhein, T. (2013): Erwerbseinkommen – Deutsche Geringverdiener im europäischen Vergleich. IAB-Kurzbericht 15/2013, Nürnberg.

Brautzsch, H.-U./ Schultz, B. (2013): Aktuelle Trends: Jeder vierte Beschäftigte in Ostdeutschland verdiente im Jahr 2011 weniger als 8,50 Euro je Stunde. In: IWH, Wirtschaft im Wandel, 19. Jg., H. 2, S. 23.

Kalina, T./ Weinkopf, C. (2013): Niedriglohnbeschäftigung 2011: Weiterhin arbeitet fast ein Viertel der Beschäftigten in Deutschland für einen Niedriglohn. IAQ-Report, Nr. 1/2013.

Kalina, T./ Weinkopf, C. (2012): Niedriglohnbeschäftigung 2010: Fast jede/r Vierte arbeitet für Niedriglohn. IAQ-Report Nr. 1/2012.