Das Göttinger Modell

Die Pandemie mit ihren Reiserestriktionen hat uns das Reisen schmerzlich vermissen lassen, hat jedoch gleichermaßen die Notwendigkeit von grenzüberschreitender Zusammenarbeit aufgezeigt. An vielen Hochschulen hat das Interesse an Maßnahmen zur „Internationalisierung zu Hause“ in der vergangenen Jahren daher stark zugenommen und auch an der Universität Göttingen konnten wir während der Corona-Semester einen deutlichen Anstieg digitaler Formen des internationalen Austauschs – virtual exchange und joint classrooms – beobachten. Auf dem Weg aus der Pandemie bestärken nun auch Überlegungen zu Nachhaltigkeit das bestehende Interesse der Universität an der Internationalisierung der Curricula.

Neben der Förderung der Auslandsmobilität ist die Universität schon seit mehreren Jahren bestrebt, ihren Studierenden auch unabhängig von einem Auslandsaufenthalt Möglichkeiten eröffnen, in enger Verbindung mit den Inhalten ihres Studienfachs fundiertes Wissen um fachwissenschaftliche Fragestellungen mit internationalen Bezügen zu erwerben und zu lernen, eine Vielzahl von Perspektiven in ihr wissenschaftliches Handeln einzubeziehen.

Bei der Internationalisierung der Curricula geht es nicht (nur) darum, englischsprachige Lernangebote auszuweiten. Vielmehr ist das Ziel, in der Lehre Anlässe zu interkulturellem Handeln zu schaffen oder eine globale Perspektive auf Inhalte oder Methoden einzunehmen. – Die Möglichkeiten sind vielfältig. Im Sinne des Leitbilds für das Lehren und Lernen eröffnet die Integration einer internationalen und interkulturellen Dimension sowie einer globalen Perspektive in die Lerninhalte weitere Blickwinkel auf komplexe Sachverhalte oder hilft, scheinbar Vertrautes ganz neu zu betrachten und kritisch zu hinterfragen.

Sie stärkt die Vernetzung der Studierenden mit internationalen Partnerinstitutionen und fördert die Zusammenarbeit zwischen Göttinger Studierenden und incoming-Studierenden im Rahmen der fachwissenschaftlichen Lehre. Studierende haben so die Möglichkeit, ihre vielfältigen Kenntnisse, Erfahrungen und Fähigkeiten einzubringen. Die internationale Perspektive der Göttinger Lehrenden sowie die Zusammenarbeit mit Kolleg*innen aus dem Ausland erweitert das Theorie- und Methodenspektrum in der Lehre. Studierende werden schon früh in ihrem Studium dabei unterstützt, Teil einer internationalen Wissenschaftsgemeinschaft zu werden.

Dabei spielt die Digitalisierung auch schon vor der Pandemie eine wichtige Rolle, um die Universität Göttingen mit internationalen strategischen Partnern zu vernetzen. In Video- und Webkonferenzen sowie in gemeinsamen virtuellen Arbeitsräumen kommunizieren Lehrende und Studierende in der (Fach-)Fremdsprache und arbeiten beispielsweise in forschungsorientierten oder herausforderungsbasierten Projekten eng zusammen. Gemeinsam mit Gastlehrenden sowie Berufsfeldvertreter*innen aus international agierenden Unternehmen entwickeln Göttinger Lehrende bestehende Lehrveranstaltungen weiter, konzipieren neue Lehrangebote und erstellen digitale Lernmaterialien, die in unterschiedlichen Kontexten zur nachhaltigen Internationalisierung der Lehre beitragen und die Präsenzlehre wirkungsvoll ergänzen. Die internationalen Partner*innen erweitern das bestehende Lehrangebot und bieten Einblicke in aktuelle, internationale Forschungsprojekte oder lokale Gegebenheiten. Durch Impulsvorträge, Interviews und begleitende Materialien gewinnen Studierende Eindrücke vom Studium an Partnerschulen und lernen den Alltag sowie die Konventionen wissenschaftlicher Praxis in anderen Ländern kennen.

Bei der (Weiter-)Entwicklung von Lernangeboten mit einer internationalen Ausrichtung und ihrer curricularen Verankerung können Lehrende Schwerpunkte in den Konzepten der Studiengänge aufgreifen. Die Internationalisierung der Curricula ist so anschlussfähig an bestehende Schwerpunkte in der Göttinger Lehre, wie forschungsorientiertes Lehren und Lernen, Diversität, Nachhaltigkeit und bürgerschaftliches Engagement.