Siegfried Lenz: Heimatmuseum. Hamburg 2018 (= Hamburger Ausgabe der Werke, Bd. 9).

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Erscheinungstermin: 17. November 2018

„Heimatbegrenztheit und kosmopolitische Sehnsucht: dazwischen liegt die Spannung, alles aufgelöst in Geschichten.“
Siegfried Lenz

Der umfangreichste und ambitionierteste Roman von Siegfried Lenz, konzipiert bereits Anfang der 1960er Jahre und zugunsten der Deutschstunde unterbrochen, erschien 1978 und wurde sofort ein Erfolg. Die dramatische und episodenreiche Geschichte eines Heimatmuseums in Masuren wird zum Kristallisationspunkt der großen politischen Entwicklungen von der Jahrhundertwende bis in die Nachkriegszeit: „Heimatkunde als Weltkunde“.
Zwischen politischer Vereinnahmung und Selbstbehauptung entwickelt sich die Freundschaft zwischen dem Erzähler Zygmunt und seinem Antipoden Conny: Der eine wird mit seinem Widerstand gegen völkische Heimattümelei zum Hassobjekt der Rechten; der andere bemüht sich, die Unabhängigkeit seines Museums zu bewahren – bis schließlich Krieg, Vertreibung und der Aufbau einer neuen Existenz im Westen die Rollen umkehren und Zygmunt keinen anderen Weg mehr sieht, als sein Museum zu zerstören. An seine Stelle tritt das skeptische, reflektierende Erzählen: der Roman selbst.
Lenzʼ Roman entwirft ein farbenreiches, weit ausgreifendes Panorama Masurens als einer exemplarischen europäischen Grenzlandschaft. „Die Erzählabsicht: an bebildertem Leben den Antagonismus von Heimatverfallenheit und tragischem Kosmopolitismus deutlich zu machen.“ Nachdem er Willy Brandt 1970 nach Warschau begleitet hatte, konzipiert er Heimatmuseum auch als politische Standortbestimmung: „Wenn ich’s bedenke […], dann wird dieser Roman, recht verstanden, ein Beitrag zur Ostpolitik, der manche Rede überflüssig macht.“ Vordergründig traditionell erzählt, erweist sich Heimatmuseum als ein faszinierendes Experiment mit Geschichte und Erinnerung, Mythos und Modernität.

Heimatmuseum in der Hamburger Ausgabe der Werke

Der Roman erscheint als neunter Band in der Hamburger Ausgabe der Werke von Siegfried Lenz. Er besteht aus einem Text- und einem Kommentarteil. Der Text wurde anhand der Erstausgabe kritisch durchgesehen. Der Kommentar informiert über die Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte, über literarische Vorbilder und von Lenzʼ benutzte Quellen und gibt Hinweise zu den Themen und Strukturen des Romans. Zudem erläutert der Stellenkommentar historische Hintergründe. Erstmals abgedruckt werden Notizblätter und Notizbucheinträge, die in Lenzʼ Nachlass im Deutschen Literaturarchiv Marbach erschlossen wurden, sowie der ursprüngliche Romananfang aus der ersten Entstehungsphase und einige von Lenz aussortierte Romankapitel. Auch die Erzählung Heimattreffen, ein bislang unbekanntes Seitenstück zum Roman, wird erstmals nachzulesen sein.