Blitze, Frösche, Chaos - Zu den Un/Möglichkeiten über Trans* zu forschen

Vortrag mit Josch Hoenes am 20. September 2017 um 18 Uhr in Oec 0.169 (Platz der Göttinger Sieben 3)

Mit dem Entstehen der Forschungsrichtung Transgender Studies verknüpft sich der Anspruch aus kritischer, nicht pathologisierender - zuweilen auch aus emanzipatorischer - Perspektive über Trans* zu forschen. Dabei erweist sich die Wissenschaft allerdings allzu oft als ein von Machtverhältnissen und Vorurteilen durchsetzter Raum, der zu einer Ent-wirklichung trangeschlechtlicher Lebens- und -Erfahrungsweisen beiträgt und Trans*menschen nur in simplifizierten Figuren des "im falschen Körper gefangen" zu sein, des exotischen Anderen oder des Cyborgs denkbar werden lässt.

In den Transgender Studies ist diesem Problem auf unterschiedliche Arten und Weisen begegnet worden: Während Jamison Green seine Kritik an den Machtverhältnissen in der Wissenschaft ins Bild des "Frosches auf dem Seziertisch" fasst und diese als Ausgangspunkt dafür nimmt, sein Menschsein und seine Singularität zu artikulieren, nutzt Karen Barad naturwissenschaftliche Experimente, die durch die Manipulation bioelektrischer Felder sechsbeinige Frösche generieren, als Ausgangspunkt für ein queeres Imaginäres, das dem Trans*-Empowerment dienen soll; wieder andere wie Susan Stryker oder Tony Wagner eignen sich aus trans* Perspektiven die Figur des Monsters an, um die Kategorie des Menschen, sowie hegemoniale Naturvorstellungen einer kritischen Hinterfragung zu unterziehen. Ich lese diese Texte als verschiedene Zugänge, die grundlegende epistemologische Herausforderung, die sich mit Transgender Studies verknüpft, zu artikulieren und zu bearbeiten. Ausgehend von solchen Beispielen werde ich in meinem Vortrag der Frage nachgehen, mit welchen Problemen und Herausforderungen Transgender Studies in Deutschland konfrontiert sind: Wie lässt sich kritisches, nicht-pathologisierendes Wissen zu Trans* produzieren? Welche Rolle spielt die Positioniertheit der Forscher_innen? Und welche Strategien lassen sich entwickeln, um hegemoniale Wissensformationen zu unterlaufen oder mit Gegen-Diskursen zu konfrontieren?



Josch Hoenes, Dr. phil., hat an der LMU München Ethnologie, Sozialpsychologie und Interkulturelle Kommunikation studiert und anschließend an der Carl von Ossietzky Universität in kulturwissenschaftliche Geschlechterstudien promoviert. Von 2013-2016 war er Postdoktorand am Helene-Lange-Kolleg: "Queer Studies und Intermedialität: Kunst - Musik - Medienkultur" an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Derzeit arbeitet er als in der Abteilung für Medienwissenschaften an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig an einem Forschungsprojekt zum Bilderteil von Magnus Hirschfelds Geschlechtskunde. Er lehrt und forscht im Bereich von trans*/queer studies sowie Kultur- und Medienwissenschaften. Neben seinen wissenschaftlichen Tätigkeiten ist er in queeren und trans*Projekten aktiv. Sein Interesse liegt in der Verbindung von Wissenschaft, Kunst/Kultur und Aktivismus. Zudem ist er in trans*queer-aktivistischen Kontexten aktiv, z.B. in der Hannchen-Mehrzweck-Stiftung und bei Trans*Recht e.V. Publikationen u.a.: gemeinsam mit Michael_a Koch (Hg.): Transfer und Interaktion. Wissenschaft und Aktivismus an den Grenzen heterinormativer Zweigeschlechtlichkeit, Oldenburg: BIS-Verl. 2016; mit Barbara Paul (Hg.): un/verblümt. Queere Politiken in Ästhetik und Theorie, Berlin: Revolver 2014; Nicht Frosch - nicht Laborratte: Transmännlichkeiten im Bild, Bielefeld: transcript 2014.