FoLL XI: FoLL gut - Wir bauen ein Archiv auf!

Wer anglophone Literaturwissenschaft studiert, beschäftigt sich mit dem Inhalt und der theoretischen Umrahmung von literarischen Texten. Studierende des Fachs müssen sich aber notgedrungen auch mit anderen Bereichen im Kontext ihres "Kerngeschäfts" beschäftigen: mit der Verfügbarkeit von Texten in Bibliotheken und Archiven und mit der Vermittlung von Texten und Textinhalten, sei es an Schüler - im Fall späterer Gymnasiallehrer/innen - oder an andere Zielgruppen, eventuell auch an ein Publikum, das nicht mit der originären Entstehungssprache Englisch (oder Amerikanisch) vertraut ist. Hier setzt dieses Projekt an.

Zwischen 1985 und 1996 wurde im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 309 "Die literarische Übersetzung" intensiv an verschiedenen Übersetzungstheorien und Ausprägungen von Übersetzungen literarischer Texte geforscht. Wie ein Text übersetzt wird, scheint dem "Normalnutzer" ein ziemlich einfaches Problem zu sein: Der Sinn einer Aussage bzw. Frage in einer bestimmten Sprache wird in der jeweiligen Zielsprache passend ausgedrückt. Literarische Texte stellen Sinn jedoch nicht eineindeutig her, sondern nutzen sprachliche Bilder, Leerstellen und verschiedenste Stilmittel, um Sinn entstehen zu lassen. Diesen in eine andere Sprache zu übertragen, ist daher ein schwieriges Unterfangen, denn nicht nur sprachliche Bilder sind interkulturell unterschiedlich konnotiert. Die Arbeit im SFB 309 umfaßte damals - in den Zeiten vor einer intensiven Nutzung von Computern - vor allem die Lektüre und Analyse von kopierten und/oder gebundenen Exemplaren von übersetzungstheoretischen Texten und übersetzten Primärtexten. Entsprechend der vergleichsweise langen Laufzeit und der Ausrichtung des SFB 309 wurde deutschlandweit gesucht und ausgewertet, was für die Themengebiete relevant erschien.

Mit dem Auslaufen des SFG 309 wurde eine neue Heimat für die über 12 Jahre zusammengestellte "richtige" Bibliothek gesucht und im Seminar für Englische Philologie gefunden: Was seinerzeit als Handbibliothek mit gebundenen Referenzwerken erstellt und wie damals üblich mit einem Zettelkatalog erschlossen worden war, zog komplett in die Seminarbibliothek um. Gleichzeitig wurde das Seminar jedoch auch der Nachlaßverwalter der übrigen Unterlagen: Hier lagern Kartons mit Kopien verschiedenster Übersetzungen und übersetzungstheoretischer Texte, vorwiegend aus dem Anthologie-Teilprojekt des SFB 309. Diese sind bislang nicht erschlossen, bieten jedoch in dieser Zusammenstellung eine einzigartige Sammlung an Übersetzungen aus allen Weltsprachen. Das Projekt zielt darauf ab, diesen Nachlaß zu sichten und in ein öffentlich und akademisch nutzbares Archiv zu verwandeln: LiTransArch, das literarische Translationen-Archiv.