Kirchlich-institutionelle Bindung als Thema in Religionssoziologie und Theologie

Das steigende, weltweite Interesse an der „Religion in den Kulturen der Moderne“, der das Lichtenberg-Kolleg einen Schwerpunkt widmet, schlägt sich in einer Fülle von empirischen Forschungen nieder. Seitens der Religionssoziologie, aber auch der (Praktischen) Theologie beider Konfessionen sind die individuelle Religiosität, und auch die öffentlich-politische Dimension der Religion Gegenstand zahlreicher, oft internationaler Studien. Dagegen wird die Frage nach der prägenden Bedeutung der religiösen Organisation seltener bedacht – obgleich in den europäischen Gesellschaften, von Ausnahmen wie Ostdeutschland abgesehen, nach wie vor die große Mehrheit der Menschen sich einer Kirche zurechnen lässt. Wie wirkt sich diese kirchliche Bindung auf die religiöse, aber auch die allgemeine soziale Praxis von Einzelnen, Gruppen und Gesellschaften aus, und welche Veränderungen lassen sich hier in den letzten Jahrzehnten wahrnehmen?

Der Workshop am Lichtenberg-Kolleg thematisierte die Leitfrage, ob und inwiefern individuelle und öffentliche Religion in Europa institutionell geprägt ist, im interdisziplinären Gespräch zwischen Theologie und Religionssoziologie, und zwar durch eine Bestandsaufnahme exemplarischer, vor allem internationaler Studien. Dazu versammelten sich ausgewiesene Forscherinnen und Forscher aus den Niederlanden, der Schweiz, Österreich und Deutschland; auch die Verhältnisse in den USA und in anderen außereuropäischen Ländern wurden in den Blick kommen.

Das Gespräch soll den Stand der Forschung in inhaltlicher, aber auch in methodischer Hinsicht erheben – etwa im Hinblick auf Religions- und Religiositätsvergleiche, auf Lebensstilforschung, Theorien des Sozialkapitals und theologische Organisationstheorie. Besonderes Augenmerk wird auf den Differenzen, aber auch der Vermittlung soziologischer und theologischer Perspektiven liegen. In diesem Überscheidungsfeld sind künftige Forschungsfragen und -felder ausloten – nicht zuletzt im Blick auf künftige empirische Untersuchungen, aber für Religionsforschung, aber auch für die christlichen Großkirchen selbst von erheblicher Bedeutung sein dürften.

Ausgerichtet wird der Workshop vom 27. bis 29. Mai 2010 von Prof. Dr. Reiner Anselm und Prof. Dr. Jan Hermelink (Theologische Fakultät, Universität Göttingen) sowie Prof. Dr. Gert Pickel (Universität Leipzig).