Transkulturelle Begegnungen: Ethnologische Objektforschung über die Sammlungen Schlesier und Fuchs



Transkulturelle Begegnungen - das Zusammentreffen von Mitgliedern aus verschiedenen Kulturen - manifestiert sich nicht zuletzt im gegenseitigen Austausch, Kauf und Sammeln von Objekten. Doch wie spiegeln sich die Begegnungen in den erworbenen Objekten wider? Dieser Frage geht das von der Stiftung Niedersachsen geförderte Projekt im Zuge einer Auswertung der Sammlungen der beiden Ethnologen Erhard Schlesier und Peter Fuchs nach.


Sowohl Erhard Schlesier als auch Peter Fuchs waren als Professoren am Institut für Ethnologie an der Universität Göttingen tätig und arbeiteten im Rahmen ihrer Feldforschungen eng mit dem Institut für den Wissenschaftlichen Film Göttingen (IWF) zusammen. Der Ozeanist Prof. Dr. Erhard Schlesier führte seine Feldforschungen im südwestlichen Pazifik durch. Sein regionaler Schwerpunkt lag dabei auf Südost-Neuguinea (Melanesien). Das Forschungsinteresse des Afrikanisten Prof. Dr. Peter Fuchs richtete sich auf die Kulturen der zentralen und südöstlichen Sahara. Beide Forscher haben im Zuge ihrer Feldforschungen systematisch Sammlungen angelegt und dokumentiert. Insgesamt handelt es sich um ca. 1.200 Objekte, die in der Zeit zwischen 1960 und 1990 zusammengetragen wurden. Bis heute überwiegend magaziniert und nicht ausgestellt, sind sie in ihrer Vollständigkeit einzigartige Kulturdarstellungen, stammen sie doch aus einer Zeit des Umbruchs, der Entkolonialisierung bzw. Unabhängigkeitsbestrebungen der jeweiligen Regionen. Die Forschungen von Erhard Schlesier und Peter Fuchs zeichnen sich durch umfangreiche Publikationen und audiovisuelle Dokumentationen aus, die in ihrer Zusammensetzung für die Erhellung transkultureller Begegnungen eine hervorragende Grundlage darstellen. Herstellungsprozesse von Objekten, Materialität und Ikonographie, aber auch Zeitumstände des Sammlungserwerbs und Geschichten, die sich "hinter den Objekten" verbergen, indizieren in Schrift, Bild und Ton die besondere Qualität und Intensität der Begegnungen.


Die methodische Annäherung an die zur Disposition stehenden Objekte erfolgt im Hinblick auf drei Ebenen: Auf regionaler Ebene werden die interethnischen Beziehungen zwischen den indigenen Bevölkerungsgruppen untereinander in ihrer gegenseitigen Einflussnahme, also kulturellen Entlehnung und Aneignung, objektbezogen untersucht; des Weiteren werden die Beziehungen zwischen den beiden Sammlern Schlesier bzw. Fuchs und der Lokalbevölkerung während ihrer Feldforschungsaufenthalte und in Bezug auf Forschungsstrategien des Objekterwerbs reflektiert; schließlich sollen europäische Einflüsse auf die materielle Kultur im Hinblick auf spezifisch indigene Umformungen durch westlich importierte Materialien erkannt, als kreative indigene Neuschöpfungen herausgestellt bzw. auf ihre wirkmächtige Bedeutung für die Gegenwart in den zur Disposition stehenden Regionen in Ozeanien und Afrika hin überprüft werden.


In einer Ausstellung, die für Ende Januar 2016 in den Räumen des Instituts für Ethnologie geplant ist, soll einer interessierten Öffentlichkeit präsentiert werden, welchen Einfluss transkulturelle Begegnungen auf Transformationsprozesse von Objekten in einer global mobiler werdenden Welt während der letzten 60 Jahre genommen haben. Zur Ausstellung wird eine Begleitpublikation erscheinen, an der Studierende mit eigenen Beiträgen beteiligt sind.








Projektleitung: Prof. Dr. Elfriede Hermann, Prof. Dr. Nikolaus Schareika und Dr. Gundolf Krüger
Wissenschaftliche Mitarbeit: Julia Racz, M.A. und Dr. Rolf Husmann
Beratung: Prof. Dr. Susanne Kühling, University of Regina, Kanada
Kooperationspartner: Stiftung Niedersachsen und Städtisches Museum Göttingen
Weitere Sponsoren: Dr. Walther-Liebehenz-Stiftung, Göttinger Gesellschaft für Völkerkunde e.V., Zentrale Kustodie der Universität Göttingen
Projektlaufzeit: 1.10.2014 bis 31.5.2016