Schatzverzeichnisse des Fürstentums Göttingen im 15. und 16. Jahrhundert

Die Schatzverzeichnisse des Fürstentums Göttingen sind die frühesten Steuerlisten ihrer Art in Niedersachsen. Es handelt sich um Aufzeichnungen außerordentlicher Steuern, die auf Bitten des Landesherrn durch die Stände, d. h. Vertreter der hohen Geistlichkeit, des Adels und der Städte beschlossen wurden. Begründet wurden die Steuerforderungen durch ungewöhnliche Belastungen, z. B. Lösegeld für den in Gefangenschaft geratenen Fürsten oder die Mitgift seiner Töchter, aber auch aufgrund allgemeiner „Landesnot“, also Überschuldung des Landesherrn.




Steuerpflichtig war grundsätzlich das ganze Territorium des Landesherrn, das hier erstmals vollständig erfasst wird. Während die Adligen in ihren Gerichten, die Klöster und Stifte sowie die Städte pauschal veranlagt wurden, sind die dem Landesherrn direkt unterstellten Dörfer mit allen steuerpflichtigen Hofstellen lückenlos verzeichnet. Im frühesten Schatzverzeichnis von 1418 findet sich der gesamte Viehbestand vom Pferd bis zum Schaf. Der Vergleich mit den nachfolgenden Listen ermöglicht Einblicke in die Bevölkerungsentwicklung des südlichen Niedersachsen und in die Veränderungen der Siedlungs- und Sozialstruktur. Änderungen in der Steuererhebungspraxis und die zunehmende Häufigkeit dieser „Sondersteuer“ lassen Rückschlüsse auf die Änderung der Kräfteverhältnisse zwischen Landesherrn und Stände zu. Die Schatzverzeichnisse sind damit eine einzigartige Quelle für die Ausbildung der frühneuzeitlichen Territorialherrschaft, aber auch für die Entwicklung der ländlichen Region, in der die Mehrheit der Bevölkerung lebte.






Das Projekt wurde von Dr. Josef Dolle durchgeführt.