Symbolik der Linde

Die Linde hat für den Menschen einen ganz besonderen Stellenwert. Aus den Wäldern holte er sie in die Städte, in denen sie als Einzelbaum hervorragend wachsen konnte. So erhielt der Mensch eine „mütterliche“ Baumpersönlichkeit, mit herzförmigen Blättern, süßem Blütenduft und ausladender Krone, die eine besondere Anziehungskraft hat und ein Gefühl von Geborgenheit spendet.
Wie schon im Kapitel Mythologie erklärt, hatten die Linden in vielen Kulturen und Zeiten eine hohe religiöse und mythologische Bedeutung bzw. Symbolkraft (Grabe et al. 1991). Sie wurden zu vielen besonderen Anlässen gepflanzt und fungierten so als lebende Denkmäler, wie Goethelinde, Friedenslinde oder Hindenburglinde (Owinger Linden 1991).
Die Linde gilt als ein Symbol für Gerechtigkeit, Liebe, Frieden und Heimat sowie als Platz der Gemeinschaft. Dazu Martin Luther: „Wenn wir Reuter sehen unter der Linden halten, wäre das ein Zeichen des Friedens. Denn unter der Linde pflegen wir zu trinken, tanzen, fröhlich sein, denn die Linde ist unser Friede- und Freudebaum.“ (Laudert 2003)
Schon im Mittelalter schrieb Walter von der Vogelweide über die Liebe unter der Linde und Heinrich Heine sagte, „Sieh dieses Lindenblatt! Du wirst es / Wie ein Herz gestaltet finden, / Darum sitzen die Verliebten / Auch am liebsten unter Linden.“
Im 16. Jahrhundert schrieb der Arzt Lonitzer im von ihm verfassten New Kreuterbuch: „Linde hat den Namen von der Lindigkeit“ (Beuchert 1996).
Die Linde gab vielen Städten und Dörfern aber nicht nur ihren Namen, sondern ging auch als Symbol für Tapferkeit und Sieg, in deren Wappen ein, ebenso wie in die einiger deutscher Adelsgeschlechter (Funcke 1869).


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Wappen von Pöhlde
(Foto: Björn Lotze)


Eine ganz besondere Bedeutung hat die Linde im deutschsprachigen Raum als Symbol für die Heimat. Auch die unzähligen deutschen Gasthöfe lockten die Reisenden somit indirekt mit einem Heimatbegriff (Beuchert 1996).
1991 wurde in der thüringischen Stadt Niederdorla, dem topographischen Mittelpunkt Gesamtdeutschlands, als Zeichen der wieder gewonnen deutschen Einheit, eine Kaiserlinde Tilia pallidia gepflanzt. Schon das geographische Fadenkreuz der alten BRD wurde unweit von Herbstein in Hessen mit einer Linde markiert (Laudert 2003). Ebenfalls zur Erinnerung an die Wiedervereinigung wurde am 05.10.1990 eine Kaiserlinde in der Nähe des Reichstages gepflanzt. Es wurden weitere Linden als Freiheitsbäume entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze gepflanzt, um an die friedlichen Veränderungen innerhalb der DDR zu erinnern (Petruszek 1991).
Im Nibelungenlied stellt die Linde ein Symbol des Todes und Schicksals dar.
Auch Natur- und Umweltschützer benutzen sie als Symbol, wie z. B. der 1913 gegründete Bund Naturschutz in Bayern. Schon 1852 gab es Verordnungen der königlichen Regierung von Oberbayern zum Schutz und zur Neupflanzung von Linden. Begräbnisplätze und Denkmäler wurden bzw. werden häufig von Linden beschattet (Grabe et al. 1991).
In der Traumdeutung steht die Linde für Heilung und als Kraftort, um Energie zu tanken (Beuchert 1996).
Die Linde ist schon lange der Lieblingsbaum des Volkes und nicht ein Baum der „Arrivierten“ wie Eiche oder Esche. Eine alte Linde ohne triftigen Grund zu fällen, würde wohl auch noch heute zu Empörung Anlass geben (Vescoli 1995).
In Deutschland ist sie noch vor der Eiche der meist besungene und in Namen, Bildern und Wappen genannte und gezeigte Baum.
Die Linde oder ein Blatt von ihr waren ein Zeichen für Frieden, Treue und Gerechtigkeit sowie das Symbol des freien Standes der Grundbesitzer und Viehzüchter (Beuchert 1996). Im erstmals 1472 erwähnten altdeutschen Kartenspiel zeigt das Lindenblatt den freien Bauernstand.
Die Eiche wurde jedoch im Allgemeinen schon immer der Obrigkeit zugeordnet und war nie der Baum, der die Menschen beseelte. Diese Funktion hatte im Deutschen Sprachraum die Linde. Mit ihr lebten die Menschen. Der Wallfahrer trug meist Lindenblätter.
Die Linde galt schon lange als ein Baum, der weiche Blätter und weiches Schnitzholz besaß. Sie erfüllte schon immer die Funktion als Schatten spendender Baum der Liebe und der Familie (Laudert 2003).