Symposium: Globalisierung - Herausforderung für die Wirtschaftspolitik

Globalisierung – Herausforderung für die Wirtschaftspolitik
Bericht zum CeGE-Symposium am 9./10. Okt. 2003


Globalisierung ist ein Schlagwort, mit dem heute die unterschiedlichsten Entwicklungen und Phänomene bezeichnet werden. Zugleich wird die – wie auch immer definierte – Globalisierung derzeit gerne für alle möglichen missliebigen Entwicklungen in den nationalen Volkswirtschaften und der Weltwirtschaft verantwortlich gemacht. Pauschalurteile und emotional gefärbte Bewertungen prägen dabei vielfach die Diskussionen. Dies zum Anlass nehmend hatte das CeGE unter dem Generalthema „Globalisierung – Herausforderung für die Wirtschaftspolitik“ am 9. und 10. Oktober zu einem Symposium eingeladen.


Die Tatsache, dass wirtschaftliche Aktivitäten heute im Rahmen einer weltweiten Vernetzung der Gütermärkte, der Geld- und Kapitalmärkte, der Arbeitsmärkte sowie der Informationsmärkte erfolgen, bietet zwar Chancen eines wachsenden Wohlstandes, aber sie ist auch mit Risiken verbunden. Dies war der Hintergrund des von Prof. Dr. Renate Ohr geleiteten Symposiums, das sich thematisch auf die derzeit auch in der öffentlichen Diskussion vielfach angesprochenen Themen konzentrierte: Steuer- und sozialpolitische Aspekte des zunehmenden globalen Wettbewerbs, Auswirkungen der Globalisierung auf Entwicklungsländer sowie Überlegungen zu globalen ordnungspolitischen Vorgaben.


Im Eröffnungsvortrag zeigte PD Dr. Welf Werner (Berlin) in einem Vergleich mit der Zeit vor 1914 die Gefahr der Umkehr des Globalisierungs-Prozesses auf, für die sich auch anhand des Beispiels der USA derzeit Anzeichen erkennen ließen. Zum Themenbereich „Steuer- und Sozialpolitik im Systemwettbewerb der Globalisierung“ referierten Prof. Dr. Friedrich Sell (München), Dr. Axel Dreher (Exeter), Prof. Dr. Wolf Schäfer (Hamburg), Thomas Hemmelgarn (Köln) und Ingmar Kumpmann (Göttingen). Dabei wurden zum einen die aus der ökonomischen Theorie zu erwartenden Effekte der Globalisierung auf den Wohlfahrtsstaat diskutiert und zum anderen einige empirische Studien zu den Auswirkungen der Globalisierung auf den Steuerwettbewerb und den Sozialstaat vorgestellt, die allerdings nicht immer die theoretisch abgeleiteten Ergebnisse bestätigten.


Der zweite Veranstaltungstag war zunächst den Auswirkungen der Globalisierung auf die Einkommensverteilung innerhalb und zwischen den Volkswirtschaften gewidmet (Prof. Dr. Stephan Klasen, Göttingen). Die Frage, ob und wie Entwicklungsländer von der Globalisierung der Finanzmärkte profitieren können, war anschließend das Thema von Prof. Dr. Harald Sander (Köln).


Im abschließenden Themenblock wurden institutionelle Fragen angesprochen. Zum einen stellte Jan Wagner (Kassel) die von der UN etablierte Werteplattform des „Global Compact“ vor, zum anderen zeigte Prof. Dr. Hermann Sautter (Göttingen) sowohl den Handlungsbedarf einer internationalen Ordnungspolitik als auch die Problematik einer globalen Dominanz durch eine Hegemonialmacht, wie den USA, auf.


Alle Themen wurden unter den ca. 50 Teilnehmern der Veranstaltung sehr intensiv und zum Teil auch kontrovers diskutiert. Weitgehende Übereinstimmung wurde jedoch darüber erzielt, dass die Globalisierung grundsätzlich keine zusätzlichen länderübergreifende Regulierungsmaßnahmen erforderlich macht. Globales Ordnungspotenzial besteht aber darin, wettbewerbsverzerrende Maßnahmen, die meist zulasten der schwachen Länder gehen, zu verhindern. Die bisherigen empirischen Untersuchungen zur Globalisierung zeigen darüber hinaus, dass – entgegen den vielfachen Befürchtungen – keine Verringerung der Steuersätze und Sozialleistungen durch einen steigenden Konkurrenzdruck festzustellen ist. Auch eine Verstärkung der Ungleichheit zwischen den Volkswirtschaften infolge einer Integration in den globalen Wettbewerb ist nicht nachweisbar. Im Gegenteil, diejenigen Länder, die sich offensiv in die Weltwirtschaft integrieren, konnten deutlich höhere Wachstumsraten verzeichnen als solche, die Handels- und Kapitalverkehrsbeschränkungen praktizieren und sich abschotten . Soweit die Vorteile aus der Globalisierung innerhalb der Volkswirtschaften ungleich verteilt sind oder gar einzelne Gruppen einen Nachteil erfahren sollten, ist es jedoch Aufgabe der nationalen Wirtschaftspolitik hier einen entsprechenden Ausgleich zu schaffen. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass durch die Globalisierung zunehmend sog. „exit-Optionen“ entstehen, d.h. Arbeitskräfte, Konsumenten und Vermögensbesitzer haben nun zunehmend die Möglichkeit, als übermäßig empfundenen Abgabenbelastungen zu entfliehen. Somit dürfte künftig einer „äquivalenzorientierten Besteuerung“ eine größere Relevanz zukommen, d.h. den Abgaben müssen entsprechende Leistungen des Staates gegenüberstehen, damit sie akzeptiert werden.

Die Ergebnisse des Symposiums werden in Kürze in einem Tagungsband veröffentlicht werden.