Dr. Margarete Menz

1. Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf?
Schon während meines Studiums arbeitete ich als studentische Hilfskraft am Pädagogischen Seminar der Uni Göttingen. Direkt im Anschluss an mein Magistra-Studium der Pädagogik hatte ich die Gelegenheit, zwei Jahre in einem DFG-Projekt zu weiblichen Berufsverläufen zu arbeiten. So konnte ich erste Forschungserfahrung sammeln. Im Anschluss daran bewarb ich mich erfolgreich um ein dreijähriges Promotionsstipendium am Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien in Osnabrück. Kurz vor Abschluss der Promotion wechselte ich dann als wissenschaftliche Mitarbeiterin an die Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg. Von dort bin ich im Oktober 2010 als Vertretungsprofessorin an die Uni Flensburg gegangen.


2. Wer hat Sie in Ihrem beruflichen Umfeld am stärksten unterstützt? Hatten Sie Vorbilder, die Ihren Werdegang beeinflusst haben?
Vorbilder nicht direkt, es gibt aber immer wieder Personen, deren Art Wissenschaft zu betreiben, ich sehr schätze und ich mir zum Vorbild nehme. Meiner Erfahrung nach ist insbesondere die Unterstützung der peer group, also in meinem Fall des wissenschaftlichen ‚Nachwuchses’ sehr wichtig. FreundInnen und KollegInnen befinden sich in einer ähnlichen Phase und wir können uns gegenseitig stärken.


3. Wenn Sie an Ihre aktuelle Arbeit denken, können Sie positive wie auch negative Aspekte nennen?
Wissenschaft bedeutet eine große Freiheit, im positiven wie im negativen Sinne. Ich hatte das große Glück, eigentlich immer sehr selbstbestimmt arbeiten zu dürfen, es steht also niemand hinter mir und sagt mir morgens, was ich bis 16.30 Uhr zu erledigen habe. Das ist aber natürlich auch anstrengend. Nicht nur gibt es keinen Feierabend und keine Überstunden, auch die große Selbstorganisation ist nicht nur positiv. Aber die Verbindung aus Lehre und Forschung, also einerseits dem direkten Kontakt mit den Studierenden und deren Weltsichten, andererseits der Möglichkeit eigene Projekte und Fragestellungen zu entwickeln und zu erforschen, macht mir große Freude.


4. Wie stellen Sie Ihre „Work-Life Balance“ her, also die Vereinbarkeit, bzw. den Einklang von Beruf und Privatleben?
Das ist streckenweise schon schwierig. Ich habe zwei kleine Kinder, und die Wissenschaft ist nach wie vor eine Lebensform, die einen körperlosen Geist erwartet. Umgekehrt allerdings bin ich eben zeitlich sehr flexibel, ich kann also ohne große Schwierigkeiten mit meiner kleinen Tochter nachmittags auf den Spielplatz gehen und mich dann eben Abends wieder an den Schreibtisch setzen. Insgesamt aber erfordert der Beruf schon eine große Disziplin. Sehr wichtig sind insofern klare Auszeiten, an denen eben der Computer nicht angemacht wird. Und ohne meinen Partner, der mich in meiner Karriere unterstützt und zu mindestens 50% für die Kinder da ist, wäre es sicherlich nicht möglich.


5. Was sind Ihre persönlichen Interessen, die vielleicht auch zu Ihrem Beruf geführt haben?
Schwierig zu sagen. Mich interessieren soziale Phänomene, insofern kann man vielleicht schon sagen, dass eine große Neugierde dazu geführt hat. Hinzu kommt sicherlich auch ein großes Interesse an Geschlechterfragen. Mich hat ‚schon immer’ beschäftigt, wie es zu Geschlechterungleichheiten kommt und was sich daran ändern lässt.


6. Mit welchen Problemen hatten Sie während Ihres Karriereverlauf zu kämpfen?
Derzeit gibt es ja kaum unbefristete Stellen im Mittelbau. Das bedeutet, dass man, so wie ich derzeit ja auch noch, sehr lange mit einer großen Unsicherheit zu tun hat. Das macht es nicht wirklich einfacher, sich voll auf das Eigentliche, nämlich die Arbeit mit den Studierenden und die eigene Forschung, zu konzentrieren. Solange sich hieran auch nichts ändert, ist der Beruf für viele nicht besonders attraktiv.


7. Welche Empfehlungen haben Sie für Absolventinnen in diesem Berufsfeld?
Ich würde jeder raten, schon im Studium z.B. als studentische Hiflskraft mal ‚hinter die Kulissen’ zu schauen. Und letzten Endes braucht es für den Beruf eine große Menge an Idealismus und ein großes Eigeninteresse. Promovieren, nur damit der Doktortitel vor dem Namen steht, geht meistens schief.


8. Spielt Gleichstellungsarbeit in Ihrem Berufsfeld eine Rolle? Wie beurteilen Sie die Geschlechterverhältnisse und Ihre Rolle als Frau in Ihrem Beruf?
Einerseits gibt es an den meisten Universitäten starke Gleichstellungsbeauftragte, die Frauen unterstützen. Zudem steigt der Anteil der Wissenschaftlerinnen beständig, die Netzwerkarbeit funktioniert gut. Wissenschaft ist aber nach wie vor männlich besetzt, und insbesondere junge Frauen haben meiner Erfahrung nach stärker mit Akzeptanzproblemen zu kämpfen als Männer. Der Karrierebruch findet nach der Promotion, beim Übergang zur Habilitation und zu den Professuren statt. In Deutschland gibt es derzeit nur knapp 20% Professorinnen. Das bedeutet, dass die unbefristeten und zumindest halbwegs gut ausgestatteten Stellen zu über 80% von Männern besetzt sind.
Hier muss sich etwas ändern, und zwar sowohl auf der Ebene der Frauenförderung als auch auf der Ebene organisatorischer Veränderungen, wie eben der Schaffung unbefristeter Mittelbaustellen und überhaupt der Planbarkeit von beruflichen Verläufen.