25/06/2012: Aufstocker: eine Erwerbsform verfestigt sich

Während die Zahl der Arbeitslosengeld II-Bezieher im Laufe des Jahres 2011 insgesamt gesunken ist, hat sich der Anteil der Aufstocker, also der erwerbstätigen Leistungsbezieher innerhalb dieser Gruppe erhöht (siehe 05.06.2012). Wie Welt Online dazu unter Berufung auf Berechnungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) meldet, seien 2011 bereits rund 30 Prozent der erwerbsfähigen Hartz-IV-Empfänger Aufstocker gewesen, 2007 habe ihr Anteil noch bei 23,1 Prozent gelegen. Gestiegen sei damit auch die Zahl der Haushalte mit mindestens einem erwerbstätigen Hartz-IV-Bezieher. Nach Angaben des DGB habe sich ihre Zahl von 2007 bis 2010 in den ostdeutschen Bundesländern um elf und in den westdeutschen Bundesländern um 14 Prozent erhöht.

Wie die Zeitung weiter berichtet, würde rund die Hälfte der erwerbstätigen Hartz-IV-Empfänger einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehen, viele Aufstocker hätten sogar einen Vollzeitjob. Nach Aussage des DGB-Arbeitsmarktexperten Wilhelm Adamy hätten im Jahr 2010 331.000 Aufstocker in Vollzeit gearbeitet. Seiner Ansicht nach sei es „erstaunlich“, dass es trotz der guten konjunkturellen Entwicklung nicht gelungen sei, die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Aufstocker zu verringern.

Auch Hilmar Schneider, Arbeitsmarktexperte vom Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit (IZA) zeige sich angesichts dieser Entwicklung skeptisch. Die hohe Zahl der Vollzeit-Aufstocker könne ein Hinweis darauf sein, dass die Bundesagentur für Arbeit (BA) zunehmend großen Druck ausübe, damit Hartz-IV-Empfänger auch schlecht entlohnte Arbeit annähmen. Arbeitgeber könnten dadurch dazu verleitet werden, Löhne unterhalb der Produktivität zu zahlen, weil die Betroffenen sie auf jeden Fall akzeptieren müssten. Die BA würde in diesem Fall Marktverzerrungen verursachen, so Schneider.

Die BA selbst sehe die Entwicklung weniger dramatisch. Laut einer Sprecherin der BA sei es positiv zu bewerten, dass immer mehr arbeitslose Hilfeempfänger arbeiten würden. Dass viele von ihnen aufstocken müssten, habe auch damit zu tun, dass viele Arbeitsplätze in der Zeitarbeit und im Dienstleistungsbereich entstünden, wo keine hohen Löhne gezahlt würden.

Quelle: Welt Online vom 25.06.2012

Weiterlesen: DGB Bundesvorstand (2012): Hartz IV-Bedürftigkeit Erwerbstätiger nach Bundesländern und Regionen, Berlin.