Dr. Kianoosh Rezania (Göttingen)


Die altiranischen Raumkoordinatensysteme nach den avestischen und altpersischen Zeugnissen


Respondentin: JProf. Dr. Camilla Di Biase-Dyson (Göttingen)


Zeit: 19. Juni 2014, 18h c.t.
Ort: Raum VG 1.104 (Verfügungsgebäude, Platz der Göttinger Sieben 7, 37073 Göttingen).


Abstract

In der Kantischen Philosophie, die über lange Zeit die Wissenschaftszweige Psychologie und Linguistik geprägt hat, wird die Raumkoordination mit rechts und links für naturhaft und ursprünglich gehalten und ihr universelle Geltung zugesprochen. Neuere psycholinguistische Studien widerlegen diese These. Sie zeigen, dass in verschiedenen Kulturen unterschiedliche Raumkoordinatensysteme verwendet werden, die sich in drei Gruppen einteilen lassen: absolut (z.B. Koordination nach Himmelsrichtungen), relativ (z.B. Koordination mit 'rechts' und 'links') und intrinsisch (Koordination bezogen auf ein weiteres Objekt, z.B. 'an der rechten Seite des Autos'). In diesen Untersuchungen werden zum einen die kognitive Raumkoordination der Sprecher verschiedener Sprachen erforscht, zum anderen die in ihnen repräsentierten sprachlichen Raumrelationen. Somit lässt sich belegen, dass das von den Sprechern einer Sprache verwendete Koordinatensystem für die Lösung von kognitiven Raumkoordinationsproblemen mit dem in ihrer Sprache meist verwendeten übereinstimmt.
Im Rahmen des DFG-Projekts Raumkonzeptionen im früheren Zoroastrismus. Kosmische, kultische und soziale Aspekte werden im Licht psycholinguistischer Studien die altiranischen Raumkoordinatensysteme anhand der avestischen und altpersischen Quellen sowie des archäologischen Materials erforscht. Dabei zeigt sich, dass die Altiraner neben einem relativen Koordinatensystem hauptsächlich ein absolutes System verwendeten, das sich jedoch nicht an Himmelsrichtungen orientierte.