In publica commoda

Die "Flüchtlingskrise" hat breite Debatten darüber ausgelöst, wie eine gesellschaftliche Integration der Zuwandernden gelingen kann. Die Integration in und durch Erwerbsarbeit spielt dabei eine zentrale Rolle; allerdings wird meist der Zugang zu Arbeitsmöglichkeiten thematisiert. Ausgeblendet bleibt hingegen die betriebliche Nutzung von Arbeitskraft, die (so die erste These) entscheidenden Einfluss darauf hat, ob eine gesellschaftliche Integration von Flüchtlingen durch Arbeit gelingt. Das skizzierte Projekt richtet daher seinen empirischen Fokus auf Veränderungen der Positionen von Flüchtlingen im Arbeitsprozess, die im Rahmen von Interessenkonflikten und (individuellen wie kollektiven) Aneignungsprozessen permanent neu ausgehandelt werden. Diese Neu-Positionierungen haben (so die zweite These) nicht nur Folgen für die Arbeits- und Lebensbedingungen von Flüchtlingen, sondern zugleich direkte Konsequenzen für die betriebliche Sozialordnung insgesamt und somit auch für Beschäftigte ohne (aktuellen) Migrationsstatus. Um den Verlauf betrieblicher Integrationsprozesse (oder ihr Ausbleiben) analysieren zu können, werden insgesamt sechs Tätigkeitsfelder in vier Branchen auf Basis intensiver Betriebsfallstudien analysiert: Ärzte und qualifiziertes Pflegepersonal im Gesundheitswesen, qualifizierte Facharbeit und Hilfsarbeit in der metallverarbeitenden Industrie, (vorwiegend männliche) Hilfsarbeit in der fleischverarbeitenden Industrie sowie (vorwiegend weibliche) Hilfsarbeit im Reinigungsgewerbe. Regionaler Schwerpunkt der Untersuchung ist Niedersachsen, da die Diskussion über die betriebliche Nutzung migrantischer Arbeitskraft hier aufgrund eines hohen MigrantInnenanteils in vielen Branchen sowie aufgrund der intensiven Auseinandersetzung niedersächsischer Ministerien mit den Arbeitsbedingungen von Zugewanderten im Gefolge presseträchtiger Skandale besonders weit fortgeschritten ist. Im Mittelpunkt des Interesses steht die veränderliche Praxis betrieblicher Arbeitskraftnutzung im Spannungsfeld von unsicherem Rechtsstatus (politics of production) und betrieblicher Einbindung (politics in production), wobei für Hoch wie Geringqualifizierte das jeweilige Verhältnis von Regularisierungs und Informalisierungsprozessen zu ergründen ist. Die Laufzeit des Projektes beträgt 3 Jahre, die Fördersumme ca. 250.000 Euro.