In publica commoda

Auf den Spuren afrikanischer Christen

(gb) „Die Mönche haben sich ganz schön gewundert, dass ich als Türke für eine deutsche Uni Fotos von äthiopischen Kirchen und Klöstern aufnehme.“ Einen Monat lang bereiste der Göttinger Student Sait Can Kutsal den Norden des afrikanischen Binnenstaates, um Bilder von Wandmalereien und Bauwerken aufzunehmen. Der 25-Jährige studiert Christliche Archäologie und Byzantinische Kunstgeschichte im Master. Sein Projekt „Das andere Gesicht der christlichen Kunst in Äthiopien“ wurde im Rahmen des Wettbewerbs „Kreativität im Studium“ der Abteilung Studium und Lehre von der AKB Stiftung gefördert.

Auf die Idee ist Kutsal per Zufall gekommen. Im Regal hinter seinem Göttinger Bibliothekstisch stand der Apparat für äthiopische Kunst. Er umfasste nur wenige Bücher. „Es gibt in der Bibliothek regalweise Literatur über christliche Archäologie in Spanien oder Italien“ sagt er. „Das ist eurozentristisch. Die äthiopische Kirche ist eine der ältesten christlichen Kirchen. Sie hat einen reichen Bilderschatz und eine ganz eigene Bildsprache. Aber hier bei uns ist fast nichts davon bekannt.“

Kutsal beschloss, diesem Zustand abzuhelfen, bewarb sich bei der Ausschreibung und plante, nachdem er dort für sein Vorhaben prämiert wurde, eine Reise nach Äthiopien. Prof. Dr. Achim Arbeiter, der Leiter der Abteilung für Christliche Archäologie und Byzantinische Kunstgeschichte, unterstützte sein Engagement und kaufte Literatur zur Vorbereitung.

In Afrika angekommen sah Kutsal sich mit vielen Schwierigkeiten konfrontiert. Obwohl er seinen Aufenthalt im Anschluss an die Regenzeit plante, waren viele Pisten in einem schlechten Zustand und kaum zu befahren. Oft musste er den Rest des Weges laufen. Einige Kirchen und Klöster waren zudem nur zu erreichen, wenn er Felsenwände hochkletterte. „Und das bei meiner Höhenangst“, erinnert er sich lachend. Als wäre das nicht genug, kostete jeder Kirchenbesuch Eintritt – Gelder, die nicht eingeplant waren. Die Strapazen haben sich jedoch gelohnt. Mit rund 7.000 Aufnahmen im Gepäck kehrte der junge Forscher wieder. Die Bilder werden jetzt in den Bestand des Instituts eingepflegt.

„Christliche Kunst in Äthiopien wurde bisher nur wenig beforscht“ so Kutsal. Dabei gibt es eine Fülle an Material – fein ziselierte Felsenreliefs, Fresken mit eigener Bildsprache und uralte Bücher. Die Ikonographie nutzt bekannte christliche Motive wie zum Beispiel Maria mit Jesuskind. Anders als bei uns, wird sie mit dunkler Haut gezeigt. Zusammen mit Arbeiter plant Kutsal jetzt ein Seminar. Es ist seit Gründung der Abteilung das erste Seminar zur äthiopisch-christlichen Kunst, das dort angeboten wird. Studierende anderer Fächer sind herzlich willkommen.

Dieser Artikel ist in der Universitätszeitung uni|inform April 2019 erschienen. Die gesamte Zeitung gibt es als Blätterkatalog und als pdf unter www.uni-goettingen.de/uniinform.