Aktuelles




Kanonisierungspraktiken im Literaturstudium
Literaturwissenschaftliche Tagung
Göttingen, 22.-23.02.2024
Emmy-Noether-Saal, Tagungszentrum Alte Mensa, Wilhelmsplatz 3

Tagungsprogramm

Donnerstag, 22. Februar 2024

13:00-13:15 Begrüßung und Eröffnung
13:15-14:00 Jana Eckardt und Julia Wagner (Göttingen). „Auf keinen Fall ist eine Einengung oder Kanonisierung intendiert.” Empirische Auswertungen von universitären Leselisten
14:00-14:45 Agnes Hilger (Würzburg). Kanonizität quantitativ: eine computergestützte Exploration von Kurskatalogen in Germanistikstudiengängen

14:45-15:00 Kaffeepause

15:00-15:45 Emmanuel Heman (Basel). Lieber kurz als lang. Textumfang als Kanonisierungsfaktor im Literaturstudium
15:45-16:30 Iris Meinen (Koblenz). Zur Sichtbarkeit und diskursiver Konstruktion von Autorinnen in wissenschaftlichen Abschlussarbeiten
16:30-17:15 Claudia Stockinger (HU Berlin). (Wie) geht Kanon heute?

17:15-17:45 Kaffeepause

17:45-19:45 Podiumsdiskussion: Auswählen, Einbinden, Reflektieren, Kritisieren. Verhaltensweisen zum Kanon im Literaturunterricht.
Mit Silke Kubik (Göttingen), Urania Milevski (Bremen), Leonie Trzeba (Göttingen) und Johanna von der Fecht (Göttingen). Moderation: Simone Winko (Göttingen)

20:15 Gemeinsames Abendessen

Freitag, 23. Februar 2024

9:30-10:15 Florian Hesse (Jena) und Jennifer Witte (Osnabrück). Der Einfluss von Lektürelisten auf literatur- und lesebezogene Orientierungsmuster von Germanistikstudierenden. Eine Annäherung über Gruppendiskussionen
10:15-11:00 Sandra Binnert (Frankfurt a. M.) und Felix Luckau (Gießen). Studentischer Buchclub – ein Best-Practice Beispiel?
11:00-11:45 Sandra Beck und Regine Zeller (Mannheim). Leseliste 2.0 oder: Digitale Kanonvermittlung am Rande des Chaos

11:45-12:45 Mittagspause

12:45-13:30 Frederik Eicks und Sören Kleist (Göttingen). Die Göttinger Leseliste – The Definitively Momentary Edition. Literaturgeschichtliche Vermittlung vs. ‚posthistorisches Gleiten‘
13:30-14:15 Charleena Schweda (Erlangen-Nürnberg). Zwischen Diversifizierung und Eingrenzung: Schwierigkeiten bei der Umsetzung eines queeren Kanons
14:15-15:00 Myriam Isabell Richter (Hamburg) und Mike Rottmann (Düsseldorf). Kanon als Radar(falle?) literaturwissenschaftlicher Praxis

15:00-15:15 Kaffeepause

15:15-16:30 Abschlussdiskussion

Organisation: Jana Eckardt, Frederik Eicks, Sören Kleist, Julia Wagner, Simone Winko




Call for Articles
Journal of Literary Theory Bd. 18, Nr. 2 (2024)
Themenschwerpunkt »Die Praxis der Literaturtheorie«

Spätestens seit der Etablierung praxeologischer Forschung werden ›Theorie‹ und ›Praxis‹ nicht mehr als kategorialer Gegensatz aufgefasst. »[G]egen die Dichotomie von Praxis und Theorie richtet sich der Hinweis, dass Kontemplieren, Reflektieren oder eben Theoretisieren selbst bereits Aktivitäten sind«, so Steffen Martus und Carlos Spoerhase (2022, 173f.) Praxeologische Forschung hat unter verschiedenen Perspektiven erwiesen, dass das theoretische Sprechen als ›Theoretisieren‹ und damit ebenfalls als Praxis beschrieben werden kann (z.B. Schmidt 2016). Das gilt selbstverständlich auch für das Theoretisieren über Literatur.
In dem JLT-Heft sind Beiträge willkommen, die das Thema »Die Praxis der Literaturtheorie« aus literaturtheoretischer, praxeologischer oder fachgeschichtlicher Perspektive behandeln. Im Folgenden werden einige mögliche Leitfragen vorgeschlagen, die aber nur anregend verstanden werden sollen.

(1) Wie lässt sich ein Konzept von ›Literaturtheorie als Praxis‹ theoretisch ausbuchstabieren? Welche Konsequenzen hat es, wenn das etablierte Gegensatzpaar ›Theorie versus Praxis‹ oder auch die Trias ›Theorie – Methode – praktische Anwendung‹ modifiziert wird? Reicht eine Selbstbeobachtung bzw. Selbstreflexion der Literaturtheorie aus oder braucht es eine eigene Praxeologie? Welche Ein- und Ausschlussstrategien verfolgen theoretische Ansätze, z.B. Interpretationstheorien, hinsichtlich zugelassener Gegenstände, Verfahren und Sprechweisen? Worin könnten die ›implizite Logik‹ und die tricks of the trade (Becker 1998) des Theoretisierens über Literatur bestehen, was für eine Art von literacy kommt dabei zum Tragen?

(2) Mit praxeologischem Fokus lässt sich fragen: Wie wird theoretisiert? Gibt es – im Anschluss z.B. an Fleck oder Hacking – unterschiedliche ›Literaturtheorie-Stile‹, d.h. typische, voneinander unterscheidbare Vorgehensweisen, literaturtheoretische Themen zu behandeln? Wenn ja, welche sind es? Und worin genau unterscheiden sich solche Stile, z.B. in der Behandlung literaturtheoretischer Begriffe wie ›Literatur‹, ›Bedeutung‹ oder ›Interpretieren‹? Lassen sich unterschiedliche Arten des Argumentierens feststellen? Welche soziologischen Faktoren sind zu veranschlagen, wenn es um die Durchsetzung von Theorien geht? Wie lassen sich weitgehende praxeologische Perspektiven – über das sprachliche Produzieren theorieförmiger Aussagen hinaus etwa eine materielle, technikbezogene und körperliche Dimension von Handlungen – in konkrete Untersuchungen umsetzen?

(3) Welche fachgeschichtlichen Positionen und Entwicklungen lassen in Hinsicht auf das Aufstellen von Literaturtheorien, das Austragen theoretischer Debatten, die Auseinandersetzung über Begriffe und Verfahrensweisen nachzeichnen? Unter dieser Perspektive könnten synchron einzelne Positionen rekonstruiert und auf ihre Merkmale und Darstellungsstrategien hin untersucht werden oder es könnte diachron nach Tendenzen gefragt werden, die sich in verschiedenen Phasen der Theoriebildung gezeigt, durchgesetzt oder gerade nicht durchgesetzt haben. Warum haben sie sich durchgesetzt oder eben nicht? Welche Rolle spielen rekonstruierbare Netzwerke, Zitationsgemeinschaften und Schulenbildung? Wie verändert sich die Sicht auf theoriegeschichtliche Zäsuren und Kontinuitäten, wenn die Literaturtheorie als Praxis betrachtet wird?

Beiträge können aus der Literaturwissenschaft und benachbarten Disziplinen stammen, die sich mit diesen (und weiteren) Fragen im Zusammenhang mit der Praxis der Literaturtheorie befassen.

Die Beiträge sollten nicht mehr als 50.000 Zeichen (inkl. Leerzeichen) umfassen. Wir bitten um die Einreichung der Artikel bis zum 15. Februar 2024 über unsere Webseite JLTonline unter »Artikel« oder über die Redaktion.
Beiträge werden von unserem internationalen Beirat in einem doppelt anonymisierten Peer-Review-Verfahren begutachtet und für die Publikation ausgewählt.

BEITRÄGE, DIE NICHT DEN SCHWERPUNKTTHEMEN EINZELNER HEFTE GEWIDMET SIND, KÖNNEN JEDERZEIT ÜBER UNSERE WEBSITE EINGEREICHT WERDEN.

JLT publiziert Forschungsbeiträge zu systematischen Problemen der Literaturtheorie, zur Methodologie, zum Aufbau von Theorien und zur Begriffsbildung sowie zu einzelnen literaturtheoretischen Ansätzen. Einzelfallstudien – d. h. Studien zu einzelnen Autor:innen, Werken oder literaturgeschichtlichen Problemen – werden nur berücksichtigt, wenn sie auf ihren systematischen Ertrag hin ausgewertet sind, einen Beitrag zur Rekonstruktion der Geschichte der Literaturtheorie leisten oder innovative Methoden vorstellen.

Bei Fragen wenden Sie sich bitte an die Redaktion.

Literatur:
Becker, Howard S., Tricks of the Trade. How to Think about your Research while you’re Doing it, Chicago, IL 1998.
Martus, Steffen/Carlos Spoerhase, Geistesarbeit. Eine Praxeologie der Geisteswissenschaften, Frankfurt a.M. 2022.
Schmidt, Robert, Theoretisieren. Fragen und Überlegungen zu einem konzeptionellen und empirischen Desiderat der Soziologie der Praktiken, in: Hilmar Schäfer (Hg.), Praxistheorie, Bielefeld 2016, 245–263.





Vorträge

Stefan Descher / Merten Kröncke / Julia Wagner: Interpretationen plausibilisieren. Ergebnisse des ArguLit-Forschungsprojekts. Vortrag auf dem Neugermanistischen Kolloquium, Göttingen, 06. Juli 2023.

Urania Milevski / Simone Winko: Erzählte Argumente? Narrative Passagen und ihre Funktion für die Plausibilisierungsstrategien in literaturwissenschaftlichen Interpretationstexten. Vortrag auf dem Workshop "Geschichte(n) erzählen. Re-Konstruktion und Reflexion einer geisteswissenschaftlichen Praxis" (Petra Boden, Steffen Martus, Rüdiger Zill), HU Berlin, 11. bis 13. Mai 2023.




Annotierte Bibliographie zur Literaturtheorie

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