11/01/2014:
Beschäftigte der Fleischbranche erhalten tariflichen Mindestlohn

Im Oktober 2013 hatten sich die Arbeitgebervereinigung Nahrung und Genuss (ANG) und die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) erstmals zusammengesetzt, um über die Einführung eines Mindestlohns für die rund 80.000 Beschäftigten in der Fleischindustrie zu verhandeln (siehe 22.10.2013). Nachdem sowohl die erste Verhandlungsrunde als auch die zweite Verhandlung im Dezember 2013 ergebnislos geblieben waren, haben die Parteien jetzt überraschend eine Übereinkunft erzielt. Für die Beschäftigten konnte die Gewerkschaft NGG zwar ihre Forderung nach einer bundesweit einheitlichen Tarifregelung durchsetzen, musste dafür aber bei der angestrebten Lohnuntergrenze von 8,50 Euro klare Abstriche machen.

Wie FAZ.net berichtet, hätten ANG und NGG sich auf die Einführung eines verbindlichen Mindestlohnes von 7,75 Euro je Stunde zum 1. Juli 2014 verständigt. Nach dem Fleischtarifvertrag werde der unterste Lohn bis September 2015 bei acht Euro liegen. Später solle er auf zunächst 8,60 Euro und dann bis Dezember 2016 auf 8,75 Euro steigen.

Gegenüber der von der großen Koalition geplanten Mindestlohnregelung (8,50 Euro ab Januar 2015 in tariffreien Zonen bzw. uneingeschränkt ab Januar 2017, siehe 27.11.2013) weiche die Vereinbarung in zweierlei Hinsicht ab: Einerseits erhielten die Fleischbetriebe vor allem in den östlichen Bundesländern eine längere Schonfrist, bevor sie mindestens 8,50 Euro zahlen müssten, andererseits sorge die Tarifvereinbarung dafür, dass die Löhne in der Fleischindustrie noch während der Vertragslaufzeit über das Niveau des gesetzlichen Mindestlohns steigen würden.

Nach dem Willen beider Seiten solle der Tarifvertrag von der Regierung mit Hilfe des Arbeitnehmerentsendegesetzes für alle Betriebe der Branche verbindlich gemacht werden. Dies ziele vor allem auf Subunternehmen der inländischen Hersteller. Da in Schlachthöfen bis zu drei Viertel der Beschäftigten osteuropäische Werkvertragsarbeiter seien, liefe der Tarifvertrag sonst ins Leere. Union und SPD hätten schon angedeutet, dass sie diesen Weg unabhängig vom gesetzlichen Mindestlohn unterstützen würden.

Die fleischverarbeitende Industrie war nach den monatelangen Medienberichten über skandalöse Zustände, Ausbeutung und Lohndumping in den Schlachthöfen stark in Verruf geraten. Insbesondere die großen Fleischkonzerne sahen sich daher veranlasst ihr Negativimage mit der Einführung tariflicher Lohnuntergrenzen aufzupolieren.

Quelle: FAZ.net vom 11.01.2014