In publica commoda

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat Tine Stein, Professorin für Politische Theorie und Ideengeschichte am Institut für Politikwissenschaft der Sozialwissenschaftlichen Fakultät, zwei thematisch zusammenhängende Forschungsprojekte mit zwei Doktorandenstellen und weiteren Mitteln bewilligt, die unter der Überschrift „Politik und Ethik der Endlichkeit“ stehen. In dem ersten Projekt „Endliche Welt und nachhaltiges Verhalten als Politik – Zur ökologischen Transformation der Gesellschaft“ sollen Initiativen wie Verbraucher-Erzeuger Gemeinschaften, Bürgerenergiegenossenschaften und Urban-Gardening-Initiativen daraufhin untersucht werden, ob in diesem ökologisch motiviertem Engagement ein innovativer Beitrag der Problembewältigung gesehen werden kann. In den Augen dieser Aktivisten ist die bisherige staatliche Politik in Reaktion auf die vielfältigen Krisenerscheinungen, insbesondere dem Klimawandel, unzureichend. Was ist der politische Gehalt dieses ökologischen Engagements, welches Politikverständnis kommt hier zum Ausdruck und worin liegen die Potenziale und Grenzen? Lässt sich hier eine spezifisch politische Qualität und Relevanz nachweisen, die über den individualethischen und sozialen Charakter der Handlungen hinausweist? Und lassen sich diese Engagementformen als eine neue Qualität in der Regelung öffentlicher Angelegenheiten verstehen? Das Ziel des Projektes ist es, einen gesellschafts- und politiktheoretischen fundierten Beitrag zur Analyse der notwendigen ökologischen Transformation der Gesellschaft zu leisten.

Das zweite Forschungsprojekt „Endliche Welt und offene Zukunft. Endlichkeit und Wachstumskritik im politischen Denken“ ist ein Kooperationsprojekt mit Ludger Heidbrink, Professor für Praktische Philosophie an der Christian-Albrechts-Universität Kiel. Es untersucht zum einen den Einfluss säkularisierter Zeit- und Fortschrittsvorstellungen auf ökonomische Wachstumstheorien und das Phänomen ökonomischen Wachstums, dieser Aspekt wird in Kiel bearbeitet. Dabei wird von der Forschungshypothese ausgegangen, dass die Säkularisierung zur Herausbildung moderner Fortschritts- und Wachstumsideen geführt hat und dass sich das auf Wachstum gegründete gesellschaftliche Ordnungsmodell in einer Krise befindet. Zum anderen wird das ökologisch-politische Denken untersucht, das seit den siebziger Jahren die Landschaft des politischen Denkens erweitert hat und das seinen Anlass in der Wahrnehmung der Endlichkeit und Fragilität der natürlichen Lebensgrundlagen hat, dieser Aspekt wird in Göttingen bearbeitet. Bei den ökologisch-politischen Denkern steht insbesondere das ökonomische Wachstumsparadigma in der Kritik, das als ursächlich für die Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen angenommen wird. Exemplarisch ausgewählte Denker dieser Strömung werden daraufhin untersucht, welche Ideen hier für einen nachhaltigen Umgang mit der Natur entwickelt werden, wie die Szenarien einer ökologischen Transformation ausfallen und wie diese aus einer den normativen Leitideen von Demokratie und Freiheit verpflichteten Perspektive zu bewerten sind.

Ein drittes, von der CAU Kiel verantwortetes Projekt, mit dem Titel „Sittlichkeit und Nachhaltigkeit in einer Postwachstumsgesellschaft“, befindet sich noch in der Beantragung. Die drei Projekte bilden eine neue Forschungskooperation zwischen den Universitäten Göttingen und Kiel aus. Unter dem thematischen Dach „Politik und Ethik der Endlichkeit“ soll ein neuer Bezugsrahmen in der Debatte um einen angemessenen Umgang mit der Begrenztheit der Natur entwickelt und ein Forschungsnovum innerhalb der politischen Theorie und Philosophie erschlossen werden. Der Start der Arbeit ist für den Herbst 2019 geplant.