In publica commoda

Universitäre Ombudskommission: Kein wissenschaftliches Fehlverhalten

Der Sportwissenschaftler an der Universität Göttingen Prof. Dr. Arnd Krüger hat im Rahmen der Jahrestagung der Sektion Sportgeschichte der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs) am 20. Juni 2008 ein Referat mit dem Titel „Hebron und München. Wie vermitteln wir die Zeitgeschichte des Sports, ohne uns in den Fallstricken des Antisemitismus zu verhaspeln?“ vorgetragen. Im Rahmen seines Beitrags hat Prof. Krüger Auffassungen vertreten, die von einer breiten Öffentlichkeit innerhalb und außerhalb der Universität als Angriff auf den Staat Israel und seine Bürger wahrgenommen worden sind. Im Auftrag des Präsidiums der Universität Göttingen hat die universitäre Ombudskommission geprüft, ob Prof. Krüger mit seinen Äußerungen und den von ihm vertretenen Thesen gegen die Regeln guter wissenschaftlicher Praxis verstoßen hat. Die Ombudskommission hat dem Präsidium jetzt mitgeteilt, dass die Kommission am 16. Juli 2008 beschlossen hat, das Vorprüfungsverfahren einzustellen, „weil sich der Verdacht auf wissenschaftliches Fehlverhalten als haltlos erwiesen hat“.

In ihrer Begründung führt die Ombudskommission auf der Grundlage der einschlägigen Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts aus, dass sich wissenschaftliches Fehlverhalten nicht aus gefundenen Ergebnissen ableiten lasse. Wörtlich heißt es in der Bewertung der Kommission: „Ein wissenschaftlich zulässiger Weg der Thesenbildung wird nicht durch eine wie immer geartete Missliebigkeit des gefundenen Ergebnisses desavouiert“. Der Schutz der Wissenschaftsfreiheit hänge nicht von der Richtigkeit der Methoden und Ergebnisse ab; Wissenschaftsfreiheit schütze auch Forschungsansätze und Ergebnisse, die sich als irrig oder fehlerhaft erweisen. Eine von einer antisemitischen Gesinnung getragene, der Wertordnung des Grundgesetzes zuwiderlaufende Thesenbildung sei Prof. Krüger ebenfalls nicht vorzuwerfen. „Eine antisemitische Einstellung ist weder expliziter Bestandteil der Thesenbildung noch sind die gefundenen Thesen ohne eine antisemitische Tendenz unvertretbar.“ Die Kommission kommt zu dem Schluss: „Die von Prof. Krüger vertretenen Thesen unterfallen folglich dem Schutz der Wissenschaftsfreiheit (Art.5 Abs.3 S 1GG). Ein wissenschaftliches Fehlverhalten vermag die Ombudskommission nicht festzustellen.“

Der Präsident der Universität, Prof. Dr. Kurt von Figura, erklärt zu dem Votum der Kommission: „Die Ombudskommission hat dem Präsidium mitgeteilt, dass Prof. Krüger kein wissenschaftliches Fehlverhalten vorgeworfen werden kann. Da Prof. Krüger zudem inzwischen seine umstrittenen Erklärungsversuche selbst als untauglich bezeichnet und mit Bedauern zurückgezogen hat, werden von Seiten der Universität keine weiteren Schritte folgen. Von dem politischen Gehalt der Äußerungen Prof. Krügers hat sich das Präsidium mit aller Entschiedenheit bereits am 3. Juli distanziert. Es liegt mir in diesem Zusammenhang daran zu betonen, dass gerade in Göttingen die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung für wissenschaftliches Tun ein zentrales Thema ist, das das Selbstverständnis unserer Universität prägt. Das Präsidium wird auch weiterhin alles ihm mögliche tun, um klare Zeichen gegen Intoleranz, Rassismus und Antisemitismus zu setzen.“