Kooperationsprojekt

„Polarisierung der Gesellschaft am Beispiel der Ausweitung der EU-Richtlinien zur Wahrung der Menschenrechte von sexuellen Minderheiten (PoGeSeMi)“


Förderung: BMBF, Förderprogramm „Integration der Länder der Östlichen Partnerschaft in den Europäischen Forschungsraum“ – Bridge2ERA EaP

Projektlaufzeit: 01.12.2020 – 30.11.2021

Projektleiterin: Dr. rer. soc. Halyna Leontiy (Universität Göttingen)

Projektpartner*innen:

  • Prof. Dr. Mathias Czaika sowie MMag Manfred Zentner (Donau Universität Krems, Österreich)
  • Prof. Dr. Dragana Stojanović (Universität Singidunum, Serbien)
  • Dr. Ph.D. Sanja Bojanić (Universität Rijeka, Kroatien)
  • Dr. rer. soc. habil. Alexander Shulga (Nationale Akademie der Wissenschaften Kyiv, Ukraine)

Zusammenfassung

Vor dem Hintergrund der Liberalisierung von Sexualitätskulturen und -identitäten aufgrund der zunehmenden Aufweichung der binären Geschlechterdifferenz und der Entstehung, Etablierung und Erweiterung der EU-Richtlinien zum Schutz der Rechte von sexuellen Minderheiten (LGBTTIQ[1]) fokussiert das Projekt die Frage nach den Effekten dieser EU-Richtlinien für die ausgewählten europäischen Länder Deutschland, Österreich, Kroatien, Serbien und die Ukraine. Im Kontext des sozialen Wandels, der Migrationsbewegungen und der EU-Osterweiterung verläuft die Etablierung der Menschenrechte von sexuellen Minderheiten keineswegs konfliktfrei, sondern begründet neue Konfliktlinien, die zu Protestbewegungen und massiver Polarisierung der europäischen Gesellschaften auf verschiedenen Ebenen führen. Es handelt sich um Polarisierungen entlang der Grenzlinien von „EU/nicht-EU“, „fundamental/liberal“, „Tradition/Moderne“, „offene/geschlossene Denksysteme“ u.v.a., die erst eruiert werden müssen. Durch diese länderübergreifende Forschung wollen wir der Frage nachgehen, ob diese Effekte der Polarisierung eine Gefährdung des Zusammenlebens in Europa darstellen und wie ihnen entgegengesteuert werden kann. Sexualität stellt eine Sphäre des Lebens dar, in der Menschen wegen der situativen und ethischen Komplexität bei gleichzeitiger emotionaler Befangenheit überfordert sind und zu Naturalisierung und Moralisierung tendieren.

Wie die Forschung zeigt, fungiert insb. Homophobie als Symbol für eine bewusste Spaltung der Gesellschaft, da sie die etablierten Herrschaftssysteme wie das der Familie angreift. Aus diesen Gründen wird die Liberalisierung der Sexualität seitens politischer Parteien gezielt als Instrument eingesetzt, was die alten Konfliktlinien verstärkt oder neue schafft. Wir fragen uns darüber hinaus, in welchen soziopolitischen, historischen und kulturellen Kontexten, von welchen politischen Akteuren und zu welchem Zweck Homophobie als Instrument eingesetzt wird. Schon die erste Recherche hat ergeben, dass die Effekte je nach Region unterschiedlich ausgeprägt sind. Wie werden die Themen Liberalisierung der Sexualitätskulturen und -identitäten auf der lokalen Länderebene verhandelt?

Diese Fragen sollen anhand einer umfassenden Rekonstruktion von Diskursen in den fünf Ländern Europas mithilfe einer Makro-Level-Heuristik und einer Methodentriangulation beantwortet werden. Im Rahmen der 12-monatigen Vorbereitungsphase werden (1) der Stand der Forschung aktualisiert, (2) die Fragestellungen und Ziele des geplanten Verbundprojekts entsprechend der soziopolitischen und kulturellen Gegebenheiten der jeweiligen Länder präzisiert, (3) die für die Realisierung des Vorhabens notwendigen Methodenkenntnisse vermittelt sowie der Antrag erstellt. Dem Erfolg der Kooperation soll die Durchführung von zwei Workshops zur Sondierung der Forschungslagen in den jeweiligen Ländern sowie zur Vermittlung und Angleichung der Kennnisse von Methoden qualitativer empirischer Sozialforschung dienen. Die Kooperation trägt somit auch zum Ausbau und der Stärkung des Europäischen Forschungsraums in Richtung der neuen EU-Länder sowie den Ländern Östlicher Partnerschaft bei.

Das Ziel des Kooperationsprojekts ist, im Zeitraum von 12 Monaten eine fruchtbare Kooperation aufzubauen, die der Erstellung und Einreichung eines EU-Verbundprojektantrags im Rahmen des Programms HORIZONT EUROPA dient. Anvisiert ist die Förderlinie HORIZONT EUROPE, Work Programme 2021-2022, Themencluster 2 „Culture, Creativity and Inclusive Society“.


[1] Unter der Abkürzung LGBTTIQ handelt es sich um eine, sich „under contruction“ befindende, Personenkategorie, die folgende Gruppen sexueller Ausprägung umfasst: Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender, Transsexual, Intersexual und Queer.