Band 19: Erfassung und Bewertung regionaler Hochwasserschutzleistungen von Wäldern
Thomas Grottker
(1999)
298 Seiten. 19,20 €
ISBN 3-7939-7019-1
- Eine Anwendung von Simulationsmodellen auf Daten eines Forstbetriebes -
Hochwasserschutz zählt in manchen Regionen zu den herausragenden Schutzleistungen von Wäldern. Die für öffentliche Güter typischen Angebotsdefizite der regionalen Hochwasserschutzleistungen führen in den verschiedensten Regionen immer wieder zu Überschwemmungskatastrophen, welche ein breites Echo in den Medien finden. Die bislang noch nicht durchgeführte Erfassung und monetäre Bewertung regionaler Hochwasserschutzleistungen von Wäldern ist aus forst- und umweltpolitischer sowie aus wohlfahrtsökonomischer Sicht ein wichtiger Schritt, um damit verbundene Allokationsverzerrungen deutlich zu machen. Kenntnis des Umfangs der von Wäldern erbrachten Hochwasserschutzleistungen kann dazu beitragen, regionale und überregionale Entscheidungen verschiedener sektorpolitischer Akteure aus dem Forst-, Landwirtschafts-, Umwelt- und Raumordnungsbereich zu verbessern.
Im Unterschied zu anderen (deterministischen) Infrastrukturleistungen von Wäldern lassen sich die stochastischen Hochwasserschutzleistungen nur mit Hilfe aufwendiger Modelle quantifizieren. Wichtige naturwissenschaftliche Einflussgrößen auf die einzelnen Elemente von regionalen Wasserbilanzen, also Niederschlag, Verdunstung und Abfluss, werden an Hand von Literaturangaben beschrieben. Am Beispiel des 104 km² großen Wassereinzugsgebietes der Vicht in der Eifel, für das detaillierte Flussbettvermessungen vorlagen, werden die hydrologisch-hydraulischen Wirkungen von Wäldern mit Hilfe zweier eng miteinander verzahnter Simulationsmodelle quantifiziert. Die mit Hilfe von Pegelaufzeichnungen gut kalibrierten und verifizierten Langfristsimulationsmodelle liefern mit unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten zu erwartende Hochwasserabflüsse als wichtige Schnittstelle für anknüpfende ökonomische Bewertungen.
Zur ökonomischen Bewertung des öffentlichen Gutes Hochwasserschutz können nur indirekte Methoden herangezogen werden. Eine landnutzungsübergreifende, interdisziplinäre Herangehensweise ist dabei unerlässlich. Grundlagen zur impliziten Preismethode, zum Versicherungskostenansatz und zur Alternativkostenmethode werden beschrieben. Mit Hilfe der Opportunitätskosten-Methode werden die hydrologisch-hydraulischen Wirkungen simulierter Landnutzungsänderungen monetär quantifiziert. Dabei werden fallstudienartig Landnutzungsänderungen vorgenommen, die negative externe Effekte erhöhter Abflüsse aus der Versiegelung durch entsprechende positive Effekte verringerter Abflüsse aus der Grünlandaufforstung kompensieren. Eine zusätzliche Versiegelung von Flächen im Einzugsgebiet wird so mit Grünlandaufforstungen flankiert; die Hochwasserschutzrisiken werden also konstant gehalten.
Regional stark schwankende Wirkungskoeffizienten werden für unterschiedliche Rein- und Mischbestände aus Buche und Fichte errechnet. Die durch den Verzicht auf höher wertige Grünlandnutzung entstehenden Opportunitätskosten nach Hochwasserschutzaufforstungen werden für die monetäre Bewertung der regionalen Schutzleistungen herangezogen. Die errechneten Werte hängen stark von den Ertragsverhältnissen in der Forstwirtschaft und in der Milchviehwirtschaft ab. Es werden sowohl marginale Grenzertragsbedingungen in den Modellrechnungen berücksichtigt als auch durchschnittliche Verhältnisse, die für einen fiktiven Regionshof ermittelt werden. Die verzerrenden Wirkungen land- und forstwirtschaftlicher Subventionen auf die über die Opportunitätskosten hergeleiteten monetären Werte der Hochwasserschutzleistungen von Wäldern werden durch Schattenpreisberechnungen eliminiert.
Auf diese Weise ermittelte Werte regionaler Hochwasserschutzleistungen von Wäldern könnten als Verhandlungsbasis dienen, wenn auf marktwirtschaftlichem Wege Verträge zwischen Anbietern und Nachfragern knapper Hochwasserschutzleistungen geschlossen würden, um diese knappe Leistung von Wäldern zu vermarkten. Das bei öffentlichen Gütern bekannte Problem hoher Transaktionskosten ließe sich reduzieren, wenn der Staat geeignete institutionelle Rahmenbedingungen gestalten würde, die auf die Bildung regionaler Hochwasserschutz-Clubs abzielen. Für Club-Güter werden im Vergleich zu öffentlichen Gütern deutlich niedrigere Transaktionskosten beschrieben. Auf diese Weise könnten – wie erfolgreiche Beispiele in Bezug auf das knappe Gut Gewässergüte zeigen – präventiv-dynamische marktwirtschaftliche Instrumente in den Dienst des Hochwasserschutzes gestellt werden, die kurativ-nachsorgenden und restriktiv-ordnungsrechtlichen Instrumenten in ökonomischer Hinsicht in der Regel überlegen sind.
Es hat sich gezeigt, dass der konstruierte Modellverbund aus einem hydrologischen Niederschlags-Abfluss-Simulationsmodell mit einem hydrologischen Modell zur Simulation des Fließverhaltens von Wellen in detailliert vermessenen Flussbetten sowie einem ökonomischen Modell, in dem Opportunitätskosten von Landnutzungsänderungen bewertet werden, ein geeignetes Instrument zur Erfassung und Bewertung regionaler Hochwasserschutzleistungen von Wäldern ist. Der entwickelte Modellverbund ist zudem offen für andere indirekte ökonomische Bewertungsmethoden.
Herausgegeben von Volker Bergen und Horst Dieter Brabänder