Band 33: Forstökonomie - Eine Standortbestimmung

W. Keuffel, W. Löwenstein, B. Möhring, M. Moog, R. Olschewski (Hrsg.)


(2006)
301 Seiten. 24,90 €
ISBN 3-7939-7033-7

Die Forstökonomie hat tiefgehende Wurzeln. Schon im 18. Jahrhundert wurden ökonomische Probleme der Forstwirtschaft an deutschen Universitäten behandelt. Im Jahr 1757 verfasste Wilhelm Gottfried von Moser das erste Kompendium des Faches „Grundsätze der Forst-Oeconomie“, 1770 wurde Johann Gottfried Beckmann Professor für Ökonomie und Kameralistik in Göttingen und hielt dort auch Vorlesungen zur Ökonomie der Waldwirtschaft, 1787 wurde Johann Jacob Trunk an der Universität Freiburg berufen und baute die Fächer Forstrecht, Forstverwaltung und Forstökonomie systematisch aus. Diesen frühen, stärker auf das allgemeine Wohl und die Hebung des Wohlstandes der Länder ausgerichteten „Kameralisten“ folgten im 19. Jahrhundert Vertreter der liberalistischen Wirtschaftsauffassung, die stärker die privatwirtschaftlichen Ziele betonten und die Grundlagen für die Theorie der forstlichen Ökonomik legten, welche sich bis heute in den Modellen der Forstökonomie und Waldbewertung erhalten haben. Es folgte der vergleichsweise fruchtlose Streit zwischen der Boden- und Waldreinertragslehre, der die Weiterentwicklung der Forstökonomie erschwerte. Die Industrialisierung, Wirtschaftskrisen, Weltkriege, Holznot und der Wiederaufbau führten zu speziellen Herausforderungen, viele Jahrzehnte war das Hauptaugenmerk in Forschung und Lehre auf die Lösung betriebswirtschaftlicher und organisatorischer Probleme der öffentlichen und privaten Forstbetriebe ausgerichtet.
Prof. Dr. Horst Dieter Brabänder, der seit 1974 das Fach forstliche Betriebswirtschaftslehre in Göttingen vertrat, erkannte die große Bedeutung der volkswirtschaftlichen Methoden für die Forstwissenschaften, um die gesellschaftlichen Leistungen der Wälder und der Forstwirtschaft bewerten und bei gesellschaftlichen Abwägungsprozessen berücksichtigen zu können. Gleichzeitig mit der Einrichtung einer Professur für Umweltökonomie und Holzmarktlehre, die 1987 Prof. Dr. Volker Bergen übertragen wurde, erfolgte in Göttingen die Umbenennung des vormaligen Instituts für Forstliche Betriebswirtschaftslehre in Institut für Forstökonomie.
Im Sinne dieses Konzeptes ist die Forstökonomie als umfassende Lehre von der effizienten Verwendung knapper Güter der Wälder zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse anzusehen. Die forstliche Betriebswirtschaftslehre legt dabei ihren Fokus auf die optimale Kombination der betrieblichen Einsatzfaktoren mit dem Ziel, langfristig den betrieblichen Erfolg und das betriebliche Vermögen zu sichern. Die Einbeziehung der auf die Gesellschaft bezogenen Ziele wie Wertschöpfung, Erholung, Klimaschutz, Naturschutz, Wasserspende erfordert die Anwendung der volkswirtschaftlichen Bewertungsmethoden. Dabei ist wichtig, dass jeweils nicht nur die intendierten Ziele betrachtet und bewertet werden, sondern dass im Sinne einer umfassenden Bewertung jeweils auch die „Opportunitätskosten“ oder „externen Effekte“ mit einbezogen werden. Hier hat die Forstökonomie, die vielfach mit negativen externen Effekten anderer Wirtschaftsbereiche konfrontiert ist, auch gesellschaftspolitisch eine wichtige Rolle.
Die Zeit stand seither nicht still. Neue Herausforderungen kamen auf die Forstbetriebe, die Forstwirtschaft und die forstökonomische Lehre und Forschung hinzu. An allen forstökonomischen Lehr- und Forschungsstandorten in Mitteleuropa haben geänderte Anforderungen in Verbindung mit ökonomischen Zwängen auch zu organisatorischen Anpassungen und inhaltlichen Neuausrichtungen der Forstökonomie geführt.
Anlässlich der „runden“ Geburtstage von Prof. Dr. Horst Dieter Brabänder und Prof. Dr. Volker Bergen fand am 13. November 2009 in Göttingen ein Festkolloquium zu dem Thema „Forstökonomie – Eine Standortbestimmung“ statt. In dessen Zentrum steht die vorliegende Festschrift, in der forstökonomische Fachbeiträge von ehemaligen und amtierenden Kollegen, Doktoranden, Mitarbeitern, Schülern und Freunden zusammengetragen sind. Sie zeigen eine vitale Vielfalt der aktuellen forstökonomischen Probleme, Methoden und Ergebnisse. Sie wurden an verschiedensten Standorten von Theorie und Praxis erarbeitet und markieren insofern auch verschiedene inhaltliche Ausrichtungen, Schwerpunkte und Standpunkte. Ziel der Festschrift in Verbindung mit dem Festkolloquium ist es, die Rückschau mit dem Blick nach vorn zu verbinden und über die Bedeutung, Perspektiven und Handlungsfelder einer zeitgemäßen Forstökonomie neu nachzudenken.