Einladung


„Biblische Tierwesen und wo sie in der Kirchengeschichte zu finden sind“

Schriftrezeption in Spätantike und Mittelalter am Beispiel biblischer Tierwesen

Tagung an der Universität Göttingen, 23.¬–25. Mai 2024
Leitung: Dr. Dorothee Schenk und Johanna Jürgens


Die Bibel kennt zahlreiche Tierwesen, etwa 130 Arten werden namentlich genannt. Sie sind Lebewesen, mit denen der Mensch interagiert, sie repräsentieren die Schöpfung, sind Gegenstand von Metaphern und fungieren als Symbolwesen für bestimmte Eigenschaften und Charakterzüge. Geschichten mit und um Tierwesen gehören zu den bekanntesten biblischen Passagen, man denke nur an Jona und den großen Fisch, die Schlange im Garten Eden oder das Eselfüllen, auf dem Jesus ritt. Daher überrascht es nicht, dass sich die biblischen Tiergeschichten bereits in Spätantike und Mittelalter einer breiten Rezeption erfreut haben. Obwohl Texte, die sich ausschließlich mit Tier- und Fabelwesen beschäftigen, eine Seltenheit darstellen (z.B. Physiologus), begegnen diese erstaunlich oft in Texten, die vordergründig eine ganz andere narrative Absicht verfolgen: Während einige Gattungen regelrecht bekannt für ihr reiches Tierleben sind (z.B. die apokryphen Acta Apostolorum), begegnet die Reflexion über die Bedeutung biblischer Tierwesen in anderen Quellen eher überraschend (z.B. in Augustins De doctrina christiana). Dabei lässt sich feststellen, dass es im Zuge dieser Traditionsbildung immer wieder zu einer renarrativierenden Anreicherung biblischer Erzählungen über Tiere um außerbiblische Motive kommt und dass sogar außerbiblische Tiere Einzug in Ikonographie und Literatur halten.
An die Beobachtung, dass (biblische) Tierwesen in oftmals fantasievoller Gestaltung die unterschiedlichsten Texte der Kirchengeschichte beleben, lässt sich eine zweifache Fragestellung anschließen: zum einen die anthropologisch und schöpfungstheologisch orientierte, die die menschliche Wahrnehmung der nichtmenschlichen Umwelt in den Blick nimmt; zum anderen die hermeneutische, die Methoden der Schriftrezeption und Schriftauslegung fokussiert. Gerade das Zusammenspiel dieser beiden Frageperspektiven ist instruktiv: Denn während es opportun erscheinen mag, tierethisch motivierte Fragestellungen der Gegenwart an kirchengeschichtliche Quellentexte heranzutragen, bleibt diese Herangehensweise aus historisch-kritischer Perspektive oft eindimensional. Andersherum verkennt eine Erforschung patristischer und mittelalterliche Exegese unter der häufig zu beobachtenden anthropozentrischen Engführung nicht nur eine aussichtsreiche Forschungsfrage, sondern auch einen bedeutenden Teil der Lebens- und Erfahrungswelt der kirchengeschichtlichen Autoren. Die Tagung macht es sich zur Aufgabe, die eingangs beschriebe Fragestellung anhand von Einzeluntersuchungen zu beantworten.

Eine Teilnahme ist digital möglich, die Zugangsdaten erhalten Sie bei Interesse von den Organisatorinnen.

Kontakt:
johanna.juergens@theologie.uni-goettingen.de
dorothee.schenk@theologie.uni-goettingen.de

Gefördert durch die Fritz Thyssen Stiftung für Wissenschaftsförderung
Programm mit Zeitplan


15:15–15:45 Begrüßung


15:45–16:30 Susanne Luther – „Biblische Tierwesen im Wandel der verschiedenen Texttraditionen“


16:30–17:00 Johanna Jürgens – „Promiskuitive Hyänen, gierige Schweine und andere Tiere als Ausdruck ethischer Devianz bei Clemens von Alexandria“


17:00–17:30 Kaffeepause


17:30–18:00 Helene Hild – „„Sozusagen nahe an Vernünftigkeit“ oder Sinnbild „gottloser Gedanken und jeder ruchlosen Gesinnung wider Gott“? Tiere in De principiis und den Genesishomilien von Origenes – ein Vergleich.“


18:00–18:30 Dorothee Schenk – „Von Pferden und Einhörnern – ein Ritt durch die Spätantike“


18:30–20:00 Abendessen


20:00–20:45 After-Dinner-Lecture: Reettakaisa Sofia Salo – „Die Fische im Alten Testament“


09:00–09:45 Regina Meyer/Inga Maria Schütte – „Vom Königstier zum Störkopf? Die Darstellung des Esels in Wort und Bild“


09:45–10:15 Dorothee Elm von der Osten – „„Dein Umgang sei wie die Freundschaft der Hirsche“ - wie die schwimmenden Hirsche des Plinius in die christliche Spätantike gelangten“


10:15–10:45 Islème Sassi – „Quid sibi volunt tres aves? Pelikan, Eule und Spatz bei Augustinus und Paulinus und Therasia von Nola“


10:45–11:15 Kaffeepause


11:15–11:45 Jens Binfet – „Tierische Weltpolitik oder spirituelle Kartierung der Welt? Tiergestalten im Sacharjakommentar des Hieronymus“


11:45–12:15 Lisa Deininger – „Biblische Tierwesen und wo sie bei Hieronymus zu finden sind: der Löwe in der Vita Pauli


12:15–13:30 Mittagspause


13:30–15:00 Besuch des Forums Wissen (optional)


15:00–15.45 Caroline Macé – „Der Physiologus und der Drache“


15:45–16:15 Vinzent Wiedemann – „Der Pelikan als Christussymbol“


16:15–16:45 Kaffeepause


16:45–17:15 Stefan Metz – „Häretische Biester – Tiere, Vandalen und das nahende Ende im Werk des Quodvultdeus v. Karthago“


17:15–17:45 Jacquline Wormstädt – „Tierische ‚Häretiker*innen‘? – Tiere in Schenute von Atripes häresiologischen Werk „Ich wundere mich“


18:30–20:00 Conference Dinner


08:45–09:15 Julia Beier – "Der Teufel in Schlangengestalt bei Avitus von Vienne"


09:15–09:45 Anika Bahr – „Die Darstellung biblischer Tierwesen in der Vita Columbani


09:45–10:15 Sarah Maria Schnödewind – „Homo est factura Dei valde honorabilis;//Non se comparet iumentis. Tierwesen bei Benzo von Alba“


10:15–10:45 Kaffeepause


10:45–11:15 Lennart Schulz – „Biblische und theologische Traditionen in Konrad von Megenbergs (1309–1374) Buch der Natur


11:15–12:00 Julia Burkhardt – „Gute Bienen, schlechte Wespen? Was man im Mittelalter von Tieren lernen sollte“ (digital)


12:00–12:30 Abschlussdiskussion (Moderation: Peter Gemeinhardt)