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Presseinformation: Corona-Krise und soziales Bürgerrecht in Indien

Nr. 96 - 24.06.2021

Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert neues Projekt an der Universität Göttingen

(pug) Die Verbreitung des neuartigen Corona-Virus in Indien wurde im März 2020 mit einem drakonischen nationalen Lockdown beantwortet. Nach dem Abflauen der ersten Pandemie-Welle und nach Beginn einer landesweiten Impfkampagne ließ eine Virusmutation im Frühjahr 2021 die Infektions- und Mortalitätsraten erneut massiv ansteigen. Die bisherigen Stadien der Pandemie führten zu schweren sozialen Erschütterungen, deren sichtbarster Ausdruck Massenentlassungen in den Metropolen Indiens und die Rückkehr hunderttausender Wanderarbeiter in ihre oft weit entfernten ländlichen Heimatregionen war. Die engen Grenzen des postkolonialen Gesundheitswesens und Wohlfahrtssystems traten besonders deutlich hervor und ins Zentrum des politischen Prozesses. Prof. Dr. Ravi Ahuja vom Centre for Modern Indian Studies der Universität Göttingen wird eine „analytische Chronik“ dieser Krise erstellen. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert sein Projekt „Die Krise als Katalysator: Covid-19, soziales Bürgerrecht und politische Transformation in Indien“ ein Jahr lang mit 133.000 Euro.

 

Die Chronik wird einen Zeitraum von 18 Monaten umfassen – von den ersten Wochen des Jahres 2020, als die ersten Covid-19-Fälle bekannt wurden, bis zum Sommer 2021, ein halbes Jahr nach Beginn der Impfkampagne und kurz nach dem Höhepunkt einer zweiten Welle. Ziel ist es, die Dynamik von sozialen Wahrnehmungen, Verhaltensweisen sowie der gegenläufigen Entwicklungen auf verschiedenen Ebenen zu erfassen. „Wir analysieren die Krise als Moment gesellschaftlicher Beschleunigung, der abrupt soziale und politische Spannungen erzeugt, zugleich auch Anstrengungen zur Eindämmung dieser Spannungen hervorbringt und damit neue Potenziale für Anfechtung oder Konsolidierung schafft“, erklärt Ahuja.

 

Untersucht werden Entwicklungen in der Sozialpolitik auf nationaler Ebene, Krisenverläufe in unterschiedlich strukturierten Regionen des Landes sowie Pandemieverläufe und Prozesse des Aushandelns von sozialen Leistungsansprüchen auf lokaler Ebene. Dafür werden öffentlich zugängliche Quellen ausgewertet und Expertinnen und Experten befragt. „Die analytische Chronik muss zeitnah erstellt werden, solange die günstigsten Bedingungen für die Dokumentation bestehen und bevor die Krisenwahrnehmung verblasst oder durch nachfolgende Entwicklungen umgeformt wird“, so Ahuja. Die Forschungsergebnisse werden anschließend als Grundlage für eine tiefere historische Untersuchung der Wandlungen und Strukturen „sozialen Bürgerrechts“ im postkolonialen Indien dienen.

 

Kontakt:

Prof. Dr. Ravi Ahuja

Georg-August-Universität Göttingen

Centre for Modern Indian Studies

Waldweg 26, 37073 Göttingen

Telefon 0551 39-10720 / -19927

E-Mail: Ravi.Ahuja@phil.uni-goettingen.de

Internet: www.uni-goettingen.de/cemis