Biographische Verläufe von Migrierenden aus Syrien und Westafrika in Brasilien und in Deutschland – Prozesse der Inklusion und Partizipation im Kontext sogenannter irregulärer Migration


Projektleiterin: Prof. Dr. Gabriele Rosenthal (Georg-August Universität Göttingen)

Finanzierung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)

Projektlaufzeit: 01.02.2019-31.01.2022, verlängert bis 31.01.2023



Was unterscheidet die Lebenssituation von MigrantInnen aus Westafrika und Syrien in Deutschland von der in Brasilien? Inwiefern ist ihre Lage von ihrer kollektiven und individuellen Geschichte und inwiefern von der Gegenwart eines sich deutlich durch Einwanderung definierenden Landes wie Brasilien im Unterschied zu einem sich eher gegen Einwanderung definierenden Landes wie Deutschland bestimmt? Erleben sie die Beziehungen zu verschiedenen Gruppierungen von Altansässigen in Brasilien anders als in Deutschland? Zur Beantwortung dieser Fragen konzentrieren wir uns auf die Rekonstruktion von kollektiv- und lebensgeschichtlichen Verläufen von Menschen aus Westafrika und Syrien, die bereits seit einigen Jahren in Deutschland oder in Brasilien leben. Wir interessieren uns dabei in erster Linie für jene Migrierenden, die in den herrschenden gesellschaftlichen Diskursen meist als „irregulär“ oder „ungeplant“ etikettiert werden und für die Frage, inwiefern sich die Prozesse von Inklusion und Partizipation in Brasilien und Deutschland unterscheiden. Der Fokus wird dabei auf der Analyse des Sich-Einfindens von Menschen in sehr unterschiedliche Lebenswelten sowie staatliche und gesellschaftliche Kontexte liegen. Dabei gilt zu berücksichtigen, dass die Migrationsprozesse nach Brasilien vermutlich oft verhältnismäßig leichter als die nach Europa verliefen und die MigrantInnen in Brasilien hinsichtlich des Aufenthalts und der Arbeitsmöglichkeiten wohl zum Teil etwas bessere Bedingungen als in Europa vorfinden. Der Grenzübertritt nach Europa wird dagegen überwiegend als „illegal“ angesehen oder der über das Visum hinausgehende Verbleib wird illegalisiert und der Aufenthaltsstatus bleibt häufig sehr lange Zeit ungeklärt. Die empirische Klärung dieser Unterschiede und ihrer Konsequenzen ist zentrales Anliegen der geplanten Forschung. Dabei verfolgen wir die Fragen, welche gesellschaftlichen und lebensgeschichtlichen Konstellationen vor, während und nach der Migration biographische Verläufe bedingen, die den MigrantInnen eine Etablierung und gesellschaftliche Teilhabe in den Ankunftsländern erleichtern oder erschweren. Mit dem geplanten Vergleich zwischen verschiedenen Gruppierungen von MigrantInnen, verschiedenen Typen von Migrationsverläufen und Typen der derzeitigen Lebenssituation sollte es möglich werden aufzuzeigen, inwiefern a) der kollektiv- und lebensgeschichtliche Verlauf im Herkunftsland, b) die Migrationsprozesse, c) die neuen Lebenswelten und d) vor allem die Möglichkeiten zur Inklusion und Teilhabe in den derzeitigen Aufenthaltsländern die Gegenwart der MigrantInnen bestimmen.

Neben auf biographisch-narrativen Interviews (die zum Teil bereits in früheren Projekten mit MigrantInnen kurz nach ihrem Grenzübertritt geführt wurden) beruhenden biographischen Fallrekonstruktionen planen wir, mit mehreren Nachfolgeinterviews zum gegenwärtigem Lebensalltag und Gruppendiskussionen, die biographischen Verläufe über einen längeren Zeitraum zu erfassen.