Situiertes Wissen

Theorie, Methodologie, Empirie


Hintergrund

Die eigene Positioniertheit in der Forschungspraxis erfordert eine kontinuierliche Reflexion von der Themenwahl über die Formulierung von Forschungsfragen und die systematische Erhebung bzw. Auswertung von Daten. Die Sozial- und Kulturwissenschaften blicken in dieser Hinsicht auf verschiedene Konzepte zurück, für die Donna Haraways Idee des "situierten Wissens" paradigmatisch gelten kann: Wissensproduktion erweist sich gerade dort, wo theoretische Konzepte wie Intersektionalität, Interdependenz und Assemblage, postkoloniale Kritik und Interventionsbestrebungen prominent verhandelt werden, als Herausforderung. Es herrscht offensichtlich Einigkeit darüber, dass soziale Kategorien wie bspw. Gender, Klasse oder Religiösität einen wesentlichen Aspekt der Wissensproduktion darstellen. Wie sich dieser Aspekt allerdings zur konkreten Forschungspraxis verhält, welche Herausforderungen und Grenzen sich damit verbinden und nicht zuletzt welche Spezifika sich aus interdisziplinärer Perspektive für konkrete Forschungsvorhaben ergeben, ist bisher kaum geklärt.

Schwerpunkte

Unsere Arbeitsgruppe will der Verschränkung von Methodologie, Epistemologie und Forschungsethik für die Gender Studies nachgehen und diese im Rahmen unterschiedlicher Veranstaltungen unter dem Titel "Situiertes Wissen - Theorie, Methodologie, Empirie" überdenken und bearbeiten. Im Zentrum sollen hierbei zwei Schwerpunkte stehen: Einen wesentlichen Aspekt stellt die Frage nach der Angemessenheit von Methoden bzw. Methodologien im interdisziplinären Forschungsfeld der Gender Studies dar, mit denen Daten verschiedenster Art kritisch ausgewertet werden können. Desweiteren wird davon ausgegangen, dass nicht nur die Analyse des Materials, sondern auch die Positionierung der Erhebenden bzw. Auswertenden und ihre Kategorien sozialer Verortung Effekte verursachen, die die Gegebenheiten, Gegenstände und Akteur*innen des Forschungsfeldes in Machtverhältnisse stellen. Der Aushandlungsraum des Forschens selbst lässt sich damit als potentiell vulnerabel gerade dort beschreiben, wo Körper, Geschlecht, Begehren und die sich damit verbindenden Normen und Herrschaftsverhältnisse in den Blick genommen werden und multipel verschränkt wirken.

Ausgehend von den oben genannten Schwerpunkten stellen sich folgende Fragen, die wir in unterschiedlichen Veranstaltungen bearbeiten möchten:

- Wie kann die eigene Positioniertheit produktiv gemacht werden? Wie kann die eigene Positioniertheit als Einflussfaktor auf den Forschungsprozess und die Anwendung von Methoden reflektiert werden? Welche Art der Offenlegung einer eigenen Verortung als wesentliches Moment der Wissensproduktion ist angemessen?

- Inwieweit ergibt sich aus disziplinärer wie interdisziplinärer Debatte heraus die Möglichkeit, etablierte sozial-, kultur- und literaturwissenschaftliche Forschungsmethoden zu verbinden und queer-feministisch zu durchdenken?

- Welche Impulse und Inspirationen halten die theoretisch gegenwärtig so einflussreichen naturwissenschaftlich informierten Gender Studies hier bereit?

Ablauf und Themen

Die Veranstaltungsreihe wird von nicht-professoralen Mitgliedern des GCG organisiert und durch die GGG und GSGG unterstützt. Bisherige Schwerpunkte waren, bzw. sind:

  • 1) Methoden qualitativer Forschung (Sommer 2016)

  • 2) Bildanalysen (Sommer 2016)

  • 3) Forschen im und über das Internet (Winter 2016/2017)

  • 4) Umgang mit moralischen Konflikten in der Feldforschung (Sommer 2017)

  • 5) Oral History and Other Approaches to Interviewing (Sommer 2018)


  • Zu jedem dieser Themenblöcke wird eine sog. Methodenwerkstatt durchgeführt, in der Forschende Material mitbringen, ihre verwendeten Methoden vorstellen und dann gemeinsam mit anderen Teilnehmenden am Material arbeitet. Neben der inhaltlichen Arbeit sollen die Teilnehmenden ebenfalls einen Raum bekommen, Unsicherheiten im Forschungsprozess zu reflektieren. Gerahmt wird dieses Format durch jeweils eine Person, die von extern nach Göttingen eingeladen wird und einen öffentlichen Abendvortrag zu dem jeweiligen der o.g. Schwerpunkte hält.

    Der Arbeitskreis und die Veranstaltungen richten sich primär an alle Promovierende, die an methodologischen Fragen interessiert oder auch in eigener Forschung mit Fragen des situierten Wissens konfrontiert sind. Neben dieser personellen Ausrichtung, erscheint es allerdings aufgrund der potentiellen Betroffenheit und Eingebundenheit aller forschenden Personengruppen zweckdienlich, die von uns geplanten Veranstaltungen ebenso auf die Teilnahme auch fortgeschrittener Studierender und Post Docs auszurichten.

    Da sich dieses Promovierenden- und Postdocforum sowie die vom Arbeitskreis geplanten Veranstaltungen dezidiert an alle nicht-professoral Forschenden wendet, sollen für den weiteren Verlauf auch der Bereich der Research Ethics Berücksichtigung finden. Wir freuen uns über andere interessierte Promovierende, die sich aktiv in den Arbeitskreis oder die Veranstaltungsplanung einbringen möchten und diese Art der kollegialen Vernetzung, Fortbildung und Beratung als wertvoll für den Verlauf ihrer eigenen Arbeiten ansehen. Wer Interesse hat, sich an der Organisation zu beteiligen, kann sich gerne an uns wenden.