TP GR: Antikes Griechenland

Vom Diesseits zum Jenseits. Stratifikation in griechischen Mythen vom Gang in Peripheriesphären

Das Teilprojekt (TP) untersucht Stratifikationsprozesse in griechischen Mythen, in denen von einem Wechsel in Peripheriesphären die Rede ist. In griechischen Texten des 8. bis 4. Jahrhunderts v. Chr. lassen sich bemerkenswerte Entwicklungen der mythischen Vorstellungen zu den „letzten Dingen“ feststellen: Zum einen findet eine offenbar in mehreren Stufen verlaufende Ausdifferenzierung eines ursprünglich allen Menschen gemeinsamen Todesloses statt, und es treten neben den Hades positivere Jenseitsräume wie das Elysium und die Inseln der Seligen; zum anderen ist eine beachtliche Vermehrung und funktionale Differenzierung des Unterweltpersonals zu beobachten, das nun für die sich in immer mehr Stadien gliedernde Reise aus dem Leben durch den Tod ins Jenseits benötigt wird. In welcher Weise genau diese Entwicklungen stattgefunden haben und von welchen historischen und geistigen Kontexten sie hervorgerufen oder befördert wurden, wird vom TP-Leiter näher erforscht.
Ergänzend zur diachron angelegten Arbeit des TP-Leiters vertieft der TP-Mitarbeiter die Erforschung des Themenkomplexes an bestimmten, ausgewählten Punkten, indem er sich auf den Unterweltsgang des Odysseus im 11. Buch der Odyssee („Nekyia“) und vergleichbare temporäre Wechsel ins Totenreich (Hadesfahrten von Dionysos, Orpheus, Theseus und Peirithoos, Herakles, Psyche, sowie vergleichbare Stoffe aus dem Bereich der altorientalischen Literaturen) konzentriert. Bereits in der Schilderung der Nekyia zeigt sich, dass die Unterwelt nicht nur Schrecken, sondern auch wertvolle Gaben – auch für Lebende – zu bieten hat. Der TP-Mitarbeiter geht u. a. der Frage nach, inwiefern gerade vom Hades Positives erwartet wird, das Heroen oder Gottheiten anspornt, sich in diesen düsteren Bereich zu wagen.