Verbundprojekt: Analyse und Weiterentwicklung von Indikatoren zu Tiergerechtheit und Tierwohl in der Mastschweinehaltung (INMATI)

Kurzdarstellung der Ergebnisse


Ziel des Projektes war es, die Initiative Tierwohl (ITW) hinsichtlich der Akzeptanz unter MastschweinehalterInnen sowie den Implikationen für Ökonomie und Arbeitszeit teilnehmender Betriebe zu untersuchen. Produktionsentscheidungen von LandwirtInnen werden durch eine Vielzahl von Faktoren, wie bspw. Gewinn- und Kostenerwartung, Investitionsbereitschaft, Risikobereitschaft, Arbeitszeiteinsatz etc. beeinflusst. Aus diesem Grund war es das erste Ziel des Projektes herauszufinden, welche Einflussgrößen die Akzeptanz der ITW durch die MastschweinehalterInnen bedingen. Gleichzeitig ist bereits bekannt, dass die ökonomischen Auswirkungen von betrieblichen Entscheidungen in erheblichem Maße die Investitionsbereitschaft von LandwirtInnen beeinflussen. Vor diesem Hintergrund sollte als zweites Ziel untersucht werden, wie mastschweinehaltende LandwirtInnen die ITW mit Bezug zu ökonomischen Aspekten beurteilen. Dazu wurde zunächst eine umfassende Literaturanalyse mit Fokus auf die Kosten verschiedener Tierwohlkriterien (z.B. ein größeres Platzangebot, Angebot von Raufutter, Beschäftigungsmaterial) angefertigt. Zudem wurden verschiedene Szenarioanalysen durchgeführt, in denen die Wirtschaftlichkeit der Umsetzung verschiedener Tierwohlkriterien bei unterschiedlichen Rahmenbedingungen berechnet wurde. Darüber hinaus fanden empirische Erhebungen unter LandwirtInnen statt, anhand derer die wirtschaftlichen Auswirkungen der Teilnahme an der ITW analysiert wurden. Anschließend wurde ein Berechnungstool entwickelt, welches es den LandwirtInnen ermöglicht, zu analysieren, ob eine Teilnahme an der ITW an ihrem Produktionsstandort unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten sinnvoll ist und falls ja, welche Kriterienkombination hinsichtlich ökonomischer Implikationen einzelbetrieblich zu favorisieren ist.


Bereits bekannt ist, dass die durch ein höheres Maß an Tierwohl verursachten Kosten in Teilen auf die damit einhergehenden Veränderungen hinsichtlich der Arbeitszeit zurückzuführen sind. Die Teilnahme an einem Tierwohlprogramm wie der ITW ist zudem mit zusätzlichen Kontrollen und Dokumentationspflichten verbunden, die sich ebenfalls durch höhere Arbeitszeiten bemerkbar machen können. Vor diesem Hintergrund war es das dritte Ziel des Projektes herauszufinden, wie sich die Teilnahme an der ITW auf die Arbeitszeit der MastschweinehalterInnen während eines gesamten Mastdurchgangs auswirkt.


Die Untersuchungen liefern interessante praktische Implikationen zu den aufgestellten Zielsetzungen des Projektes, die die Integration der gesellschaftlichen Ansprüche durch ein höheres Maß an Tierwohl auf breiter Basis in die landwirtschaftliche Produktion verbessern können und so zum langfristigen Erhalt der notwendigen, gesellschaftlich erteilten „license to operate“ beitragen. Insbesondere sollen die Ergebnisse dazu genutzt werden, Tierwohlprogramme für SchweinehalterInnen zukünftig so weiterzuentwickeln, dass sie (1) bei Tierhaltern auf breite Akzeptanz stoßen, (2) die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe erhalten bleibt oder sogar verbessert wird und (3) sich in den Arbeitsalltag der TierhalterInnen integrieren lassen. Das Projekt leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung einer tiergerechteren Nutztierhaltung und zeigt Optionen für SchweinehalterInnen auf, um ihre Betriebe an sich verändernde Anforderungen anzupassen und ökonomisch nachhaltig zu wirtschaften.


Eingehende Darstellung


Die Ziele des Projektes sind die Untersuchung der Einflussfaktoren auf die Akzeptanz und Teilnahmebereitschaft an der ITW sowie die ökonomischen Implikationen durch eine Teilnahme an der ITW und die daraus resultierenden Auswirkungen auf die Arbeitszeit für mastschweinehaltende Betriebe. Zur Beantwortung dieser Ziele werden im Folgenden die Ergebnisse der Arbeitspakete 1 bis 4 vorgestellt.


Arbeitspaket 1: Darstellung der bestehenden Literatur zu den ökonomischen Auswirkungen der Teilnahme an der Initiative Tierwohl durch MastschweinehalterInnen.


Basierend auf einer umfassenden Literaturanalyse werden bestehenden Studien zu den ökonomischen Auswirkungen von Tierwohlkriterien auf Schweinemastbetrieben, die an der ITW teilnehmen, vorgestellt. Dabei sind vor allem die Mehrkosten durch die Umsetzung von Tierwohlkriterien sowie die Vergütung dieser Kriterien auf den Schweinemastbetrieben maßgeblich. Auch der zusätzlich anfallende Arbeitszeitbedarf findet in den Studien Berücksichtigung. Die Studien entstammen anerkannten agrarökonomischen Fachzeitschriften, Wirtschaftlichkeitsrechnungen des Kuratoriums für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft (KTBL, 2012), Angaben der Offizialberatung (Landwirtschaftskammern, Landesanstalten), Praxiserfahrungen und Abschlussarbeiten. Internationale Publikationen wurden ausgeklammert, da es sich bei der ITW um ein nationales Projekt handelt. Der Fokus der Literaturrecherche liegt auf Studien, die sich auf die konventionelle Schweinemast beziehen. Dabei konnte eine systematische Zusammenstellung bereits bestehender Studien in einem bedeutsamen Forschungsgebiet generiert werden. So wurde festgestellt, dass auf Basis der durchschnittlichen Mehrkosten, die anhand der Einzelkriterien basierten Kostenangaben der verschiedenen AutorInnen ermittelt wurden, die Boni der derzeitigen ITW-Kriterien oft keinen positiven Kostenausgleich schaffen.


Verschiedene AutorInnen, darunter Haxsen und Thobe (2012), Weiß (2013) und Spandau (2015) befassten sich mit den Kosten, die durch ein höheres Platzangebot entstehen. Die ermittelten Mehrkosten liegen demnach zwischen 1,82 und 2,25 € je Mastschwein (MS). Die Studien zeigen übereinstimmend, dass eine Kostendeckung durch die ITW Vergütungssätze sowohl bei 10% als auch bei 20% mehr Platz kaum gewährleistet werden kann. Janssen (2013), Weiß (2013), Spandau (2015) und Brede (2017) berechneten die Kosten für den Einsatz einer Futterraufe und des Beschäftigungsmaterials. Sie ermitteln Mehrkosten zwischen 1,78 € und 2,37 €. Je nach Auswahl des Beschäftigungsmaterials, werden die Mehrkosten dabei nur teilweise durch die Vergütungen der ITW gedeckt. Im Rahmen der frei wählbaren ITW Kriterien besteht die Option, Scheuermöglichkeiten für Mastschweine zu implementieren. Brede (2017) ermittelt dafür Gesamtkosten von 0,84 €/MS bei Investitionskosten für einen Scheuerbalken in Höhe von 30,00 €. Hinzu kommen Kosten, die durch den Verlust eines Mastplatzes entstehen sowie Arbeitskosten für 0,05 Akh/MS. Anhand dieser drei Kostenblöcke kalkuliert Weiß (2013) in seinen Ausführungen Gesamtkosten von ca. 0,80 €/MS bei der 15er Kleingruppe sowie ca. 0,60 €/MS bei der 40er Großgruppe. Folglich wäre nur im Fall der 40er Gruppe eine Kostendeckung durch den Vergütungssatz der ITW möglich.


Um hohe Temperaturen in Schweineställen zu vermeiden, empfiehlt sich die Installation von Luftkühlungstechnologien. Weiß (2013) berechnet für dieses Wahlkriterium Kosten von ca. 0,35 €/MS. Brede (2017) kalkuliert für eine Zuluftkühlung Kosten von insgesamt 1,38 €/MS und Investitionskosten von 20.000,00 € für 1.500 Mastschweine (MS). Darüber hinaus entstehen Wasser- und Energiekosten von etwa 0,50 €/MS. Zudem berechnet er die Kosten für eine Light-Variante, die eine Kombination aus Einweichanlage und Kühlung beinhaltet. Die Gesamtkosten hierfür betragen 0,67 €/MS. Vor allem die Kosten für die Investition von 4.500,00 € und die Wasser- und Energiekosten von 0,10 €/MS sind bei der Anlage deutlich günstiger. Gemäß des ITW Katalogs erhält der Landwirt für die Umsetzung des Kriteriums 0,20 €/MS. Daher kann auch in diesem Fall davon ausgegangen werden, dass die Vergütung nicht kostendeckend ist. Entscheiden sich die SchweinemästerInnen für das freiwillige ITW Kriterium „Saufen aus offener Fläche“, entstehen nach Weiß (2013) Kosten für die Investition und Mehrarbeit. Bei der 15er Kleingruppe kalkuliert er insgesamt Kosten von ca. 1,60 €/MS sowie 0,65 €/MS bei der 40er Großgruppe. Den größten Anteil nehmen dabei die Kosten für die Mehrarbeit ein. Brede (2017) kalkuliert wiederum Gesamtkosten von 0,47 €/MS. Dabei schlagen die Investitionskosten pro Schalentränke mit 65,00 € zu Buche. Grundsätzlich kann bei einer Vergütung von 0,70 €/MS eine Kostendeckung erzielt werden. Dies ist jedoch maßgeblich von der Buchtengröße und der Mehrarbeit abhängig.


Die Autoren Spandau (2015), Leuer (2017) und Brede (2017) fokussieren in ihren Ausarbeitungen einen ganzheitlichen Ansatz, indem sie die Kosten für eine Kombination an Tierwohlkriterien berücksichtigen und die Vergütungsansätze der ITW inkludieren. Dabei stellt Leuer (2017) fest, dass vor allem wenig erfolgreiche Betriebe von der ITW profitieren. Für wirtschaftlich erfolgreiche Betriebe wiederum ist die Teilnahme fragwürdig. Brede (2017)stellt fest, dass die ausschließliche Umsetzung der Pflichtkriterien (10% mehr Platz und Beschäftigungsmaterial) kostendeckend sein kann. Bei der Umsetzung weiterer Wahlkriterien, müssen Betriebe oftmals Geld beisteuern.


Die Vergleichbarkeit der verschiedenen Studienergebnisse ist jedoch grundsätzlich schwierig, daverschiedene Ansätze und unterschiedliche Annahmen zugrunde liegen. Des Weiteren werden verschiedene Mitnahmeeffekte für Betriebe sowie einzelne Kostentreiber, wie bspw. eine Gülleentsorgung, wodurch ein höheres Platzangebot attraktiv werden kann, nicht berücksichtigt. Grundsätzlich können die Unterschiede innerhalb der Höhe der Kosten als Ausdruck der heterogenen Strukturen und der schwankenden Marktpreise in der Schweinehaltung gedeutet werden. Es zeigt sich, dass eine einzelbetriebliche Analyse ausschlaggebend und zugleich unausweichlich ist, um als Landwirt entscheiden zu können, ob sich eine Teilnahme an der ITW ökonomisch rentiert.


Veröffentlichungen:


Schukat, S.; Ottmann, T. und Heise, H. (2020): Betriebswirtschaftliche Bewertung von Maßnahmen zur Steigerung des Tierwohls am Beispiel der Initiative Tierwohl aus der Perspektive konventioneller Schweinemäster. In: Berichte über Landwirtschaft 98 (2): o.S.


Arbeitspaket 2.1/3.1: Ökonomische Bewertung der Initiative Tierwohl und weiterer Tierwohlindikatoren anhand von Szenarioanalysen


Basierend auf den bestehenden Studien sind im Jahr 2018 mehrere Vollkosten-kalkulationen anhand fiktiver Beispielbetriebe berechnet worden. Ziel war die Abbildung verschiedener ITW-Szenarien in der Schweinemast zwecks Bewertung ihrer Wirtschaftlichkeit. Die Beispielkalkulationen wurden für Schweinemastbetriebe mit 960 sowie 1.920 Mastplätzen berechnet. Die Ergebnisse bilden die jeweiligen Leistungs-Kosten-Verhältnisse der unterschiedlichen Pflicht- und Wahlkriterien der ITW auf Grundlage verschiedener Leistungsniveaus ab und vergleichen sie mit dem Leistungs-Kosten-Verhältnis ohne eine Teilnahme an der ITW.


Diese Ergebnisse der Analysen sollen LandwirtInnen, die planen, Tierwohlkriterien auf ihrem Betrieb umzusetzen, oder die bereits an der ITW teilnehmen und die Wirtschaftlichkeit ihrer Entscheidung überprüfen möchten, als Orientierung dienen. Es wird gezeigt, dass die Umsetzung der verschiedenen Pflicht- und Wahlkriterien sich je nach Betriebsgröße und Leistungsniveau der Betriebe deutlich hinsichtlich ihrer Rentabilität unterscheidet. Einzig bei den Pflichtkriterien sowie dem ständigen Zugang zu Raufutter werden bei beiden Betriebsgrößen in allen Leistungsniveaus negative Leistungen erzielt, weshalb sich diese Kriterien unter ökonomischen Aspekten nicht zur Implementierung eignen. Die Umsetzung aller weiteren Kriterien der ITW kann die einzelkostenfreie Leistung der Betriebe im Vergleich zur Nicht-Teilnahme verbessern. Die gewonnenen Ergebnisse gelten unter den in den Berechnungen getroffenen Annahmen sowie für die gewählte Schweinepreisnotierung (30. August 2018) von 1,55 €/kg Schlachtgewicht. Für zukünftige Forschungsarbeiten sind weitere Szenarien sinnvoll sowie eine Möglichkeit, sich ändernde, dynamische Schlachtpreise in die Kalkulationen zu integrieren.


Weiterhin wurden im Rahmen dieses Projektes mithilfe von zwei Masterarbeiten unterschiedliche Kalkulationen angefertigt, die den ökonomischen Vergleich verschiedener Haltungssysteme (konventioneller Stall, Pig Port Stall, Stall mit Stroheinstreu) bzw. die Umsetzung verschiedener Tierwohlkriterien (mehr Platz, Gabe von Raufutter) erlauben. Es wurden jeweils Vollkostenrechnungen für verschiedene Szenarien durchgeführt, sodass auch die anfallenden Kosten für die Arbeitserledigung berücksichtigt wurden. Der Vergleich der Haltungssysteme zeigt, dass der kalkulatorische Gewinn bislang bei der Bewirtschaftung eines konventionellen Maststalls am höchsten ausfällt. Werden allerdings auch finanzielle Fördermöglichkeiten für alternative Stallbauprojekte einbezogen, so stellt der Pig Port Stall aus ökonomischer Sicht eine attraktive Alternative zum Neubau eines konventionellen Mastschweinestalls dar. Der Strohstall schneidet auch bei finanzieller Förderung des Stallbaus von 40% am schlechtesten ab und stellt daher unter den gegebenen Annahmen keine attraktive Produktionsalternative dar.


Die zweite Arbeit zeigt, dass sich die Kosten für die Umsetzung der Gabe von Raufutter und eines höheren Platzangebotes (10%, 20%, 40%) je Mastplatz zwischen 1,20 € (Gabe von Raufutter) und 20,35 € (40% mehr Platz) bewegen. Die Umsetzung der Pflichtkriterien (zusätzliches organisches Beschäftigungsmaterial sowie 10% mehr Platz) wird durch die ITW derzeit mit 3,30 € vergütet. Je nach betrieblicher Situation und Auswahl des Beschäftigungsmaterials kann damit die einzelkostenfreie Leistung der Betriebe im Vergleich zur Nicht-Teilnahme verbessert werden. Ein 20% höheres Platzangebot erscheint bei der gegebenen Vergütung von 1,20 € derzeit eher nicht ausreichend für die Betriebe.


Veröffentlichungen:


Schukat, S. und Heise, H. (2019): Kostenkalkulationen verschiedener Szenarien der Initiative Tierwohl im Bereich der Schweinemast am Beispiel eines 960er Mastschweinestalls. In: Berichte über Landwirtschaft 97 (3): o.S.


Schukat, S. und Heise, H. (2019): Kostenkalkulationen verschiedener Szenarien der Initiative Tierwohl im Bereich der Schweinemast am Beispiel eines 1.920er Mastschweinstalls. In: Berichte über Landwirtschaft 97 (3): o.S.


Arbeitspaket 2.2/3.2: Ökonomische Bewertung der ITW anhand von leitfadengestützten Interviews 2017


Um das Forschungsziel zu erreichen wurden leitfadengestützte Interviews mit 45 an der ITW teilnehmenden MastschweinehalterInnen im Sommer 2017 durchgeführt. Die wichtigsten Erkenntnisse aus der Befragung sind nachfolgend noch einmal zusammengefasst.


Kosten der Teilnahme an der Initiative Tierwohl sowie der Umsetzung der Tierwohlmaßnahmen


Insgesamt herrschte bei den LandwirtInnen eine recht große Unsicherheit, in welcher Höhe Kosten für die Umsetzung der Tierwohlmaßnahmen und durch die Teilnahme an der ITW für die Betriebe entstanden sind. Gut 55% der Befragten konnten zwar die Gesamtkosten benennen, konnten aber nicht die Kosten der Umsetzung der verschiedenen Tierwohlkriterien angeben. Die entstandenen Kosten der teilnehmenden Betriebe je Mastplatz liegen demnach zwischen 0,16 € und 65 €. Die großen Schwankungen kamen dadurch zustande, dass einige LandwirtInnen neue Ställe nach den Vorgaben der ITW gebaut haben, während andere LandwirtInnen nur geringfügige Änderungen in bestehenden Ställen durchführen mussten. Rund 13% der Befragten konnte beziffern, welche Kosten für die Umsetzung der verschiedenen Tierwohlkriterien in ihrem Betrieb angefallen sind. Für knapp 5% der Befragten ist die Teilnahme an der Initiative mit keinen zusätzlichen Kosten verbunden. Dies kam zumeist dadurch zustande, dass die Betriebe schon vor der Teilnahme höhere Tierwohlstandards in ihren Ställen umgesetzt haben.


Angemessenheit der Vergütung durch die Initiative Tierwohl und Auswirkungen der Teilnahme auf die wirtschaftliche Lage des Betriebes


Der Großteil der befragten LandwirtInnen bewertete die Vergütung durch die ITW positiv. Knapp 60% der SchweinehalterInnen empfand das Tierwohlentgelt als angemessen und gab an, durch die Teilnahme an der ITW einen zusätzlichen Gewinn zu erwirtschaften. Gut 10% der Befragten fand den Ausgleich durch die ITW zwar ausreichend um die zusätzlichen Kosten zu decken, konnte aber keinen zusätzlichen Gewinn daraus erwirtschaften. Für gut 11% der MastschweinehalterInnen stand die Angemessenheit der Vergütung in engem Verhältnis zum Schweinepreis. Bei niedrigen Marktpreisen lohnt sich die Teilnahme an der ITW für diese LandwirtInnen, bei einem hohen Schweinepreis ist dies eher nicht der Fall. Insgesamt sahen viele LandwirtInnen durch die Teilnahme an der ITW die Möglichkeit, die starken Preisschwankungen am Markt etwas abzufedern. Einige LandwirtInnen konnten Überschüsse in den Güllemengen durch die Teilnahme an der ITW reduzieren.


Veränderung der Arbeitszeit und des betrieblichen Ablaufs durch die Teilnahme an der Initiative Tierwohl<


Knapp 30% der befragten LandwirtInnen gaben an, durch die Teilnahme an der Initiative Tierwohl keinen spürbaren oder nur einen sehr geringen Mehraufwand zu haben. Rund 27% der LandwirtInnen sprachen von einem geringen zeitlichen Mehraufwand während fast 25% einen deutlich spürbaren Mehraufwand wahrnahmen. Für rund 7% hat sich der betriebliche Ablauf durch die Teilnahme an der ITW verändert. Der zeitliche Mehraufwand ist vor allem dadurch entstanden, dass mehr Zeit im Stall und für die Dokumentation sowie die Kontrollen erbracht werden muss. Fast 14% der BetriebsleiterInnen waren sich unsicher, wie sich die Teilnahme auf ihre Arbeitszeit ausgewirkt hat und machten hier keine Angabe.


Zukünftige Teilnahme an der Initiative Tierwohl


Zum Befragungszeitpunkt stand für die LandwirtInnen die Entscheidung an, ob sie auch in der zweiten Runde der ITW ab 2018 unter veränderten Rahmenbedingungen teilnehmen möchten. Rund 42% der befragten MastschweinehalterInnen waren sich im Sommer 2017 bereits sicher, dass sie auch zukünftig an der ITW teilnehmen werden, sofern sie wieder einen Platz bekommen. Mehr als 50% der LandwirtInnen war sich hingegen unsicher, ob eine Teilnahme auch weiterhin lohnenswert für sie ist und hatten ihre Produktionsentscheidung zum Zeitpunkt der Befragung noch nicht getroffen.


Veröffentlichungen:


Schukat, S.; Rieck, B. und Heise, H. (2020): Wie bewerten Mastschweinehalter die ersten beiden Runden der ITW? Ergebnisse einer qualitativen Vergleichsstudie. Vorgesehen zur Veröffentlichung im German Journal of Agricultural Economics.


Arbeitspaket 2.3/3.3: Ökonomische Bewertung der ITW anhand von leitfadengestützten Interviews 2019


: Zur Erreichung des Forschungsziels wurden im Winter 2019 insgesamt 15 leitfadengestützte Interviews mit an der ITW teilnehmenden MastschweinehalterInnen geführt. Während der Interviewleitfaden identisch blieb, variierten die Teilnehmer in der zweiten Befragungsrunde verglichen mit der ersten im Sommer 2017 (vgl. Arbeitspaket 2.2/3.2). Die Interviews mit den LandwirtInnen wurden telefonisch durchgeführt und vollständig dokumentiert.


Kosten der Teilnahme an der Initiative Tierwohl sowie der Umsetzung der Tierwohlmaßnahmen


Ähnlich wie bereits in der ersten Befragung herrschte bei den LandwirtInnen immer noch die Schwierigkeit, die Höhe der Kosten für die Umsetzung der Tierwohlmaßnahmen sowie für die Teilnahme an der ITW konkret zu beziffern. Ein Drittel der Befragten konnte zwar die Gesamtkosten benennen, jedoch nicht die Kosten der Umsetzung der einzelnen ITW Kriterien. An dieser Stelle wurden die zusätzlichen Kosten von den LandwirtInnen auf 10.000,00 bis 80.000,00 € geschätzt, oftmals begründet durch den nachträglichen Einbau von Fensterflächen in den Ställen oder andere bauliche Veränderungen. Pro Mastplatz gerechnet waren dies 2,50 bis 5,00 €, in einem Fall sogar 12,30 €. Ein weiteres Drittel gab an, geringe (bis maximal 2,00 € pro Mastplatz) Kosten gehabt zu haben. Das letzte Drittel der Befragten vermerkte, keinen zusätzlichen Kosten durch die Teilnahme an der ITW ausgesetzt zu sein, da die betroffenen Betriebe bereits vor der Teilnahme höhere Tierwohlstandards umsetzten. Die insgesamt großen Schwankungen lassen sich dadurch erklären, dass einige Betriebe ihre Betriebe – teilweise auch baulich – anpassen mussten, während andere schon die Voraussetzungen erfüllten oder nur Beschäftigungsmaterial installieren mussten.


Angemessenheit der Vergütung durch die Initiative Tierwohl und Auswirkungen der Teilnahme auf die wirtschaftliche Lage des Betriebes


Die Frage danach, ob die zusätzlichen Kosten und der zeitliche Mehraufwand ausreichend monetär kompensiert werden, beantworteten 60% der TeilnehmerInnen mit einem klaren Ja. 13,3% der Befragten vereinten die Frage, während 26,7% anmerkten, dass die Vergütung in der ersten Runde der ITW deutlich rentabler gewesen sei. Dennoch wiesen vereinzelt Landwirte auf den Zusammenhang der Wirtschaftlichkeit mit dem jeweilig gültigen Schweinepreis hin. Je nach Höhe des Marktpreises rentiert sich auch die Teilnahme. Bei hohen Marktpreisen werden Gewinne erwirtschaftet, während niedrige Marktpreise dazu führen, dass sich die Teilnahme für die LandwirtInnen nicht lohnt. Der am häufigsten genannte Grund für die erneute Teilnahme an der zweiten Phase der ITW war die Wirtschaftlichkeit beziehungsweise die zu erzielende Vergütung, gefolgt von Mitnahmeeffekten und dem Nutzen hinsichtlich des Tierwohls. Vereinzelt wurde als Grund der verminderte Anfall von Gülle genannt.


Veränderung der Arbeitszeit und des betrieblichen Ablaufs durch die Teilnahme an der Initiative Tierwohl


Den zeitlichen Mehraufwand, der durch die Teilnahme entsteht, bezifferten 73,3% der befragten Personen auf nicht existent bis sehr gering, ergo maximal zehn Minuten pro Tag. Die restlichen 26,4% gaben an, dass der erhöhte Arbeitszeitbedarf spürbar, bei etwa 30 bis maximal 60 Minuten pro Tag, läge. Diese Unterschiede könnten durch die jeweilig gewählten Kriterien zu erklären sein. Während die Bereitstellung von 20 Prozent mehr Platz eher Zeit spart, ist die zusätzliche Gabe von Raufutter sehr zeitintensiv. Ein weiterer Grund könnten die zusätzlichen Dokumentationspflichten oder die Kontrollen sein. Weiterhin gaben alle Personen an, keine Veränderungen ihrer betrieblichen Abläufe durch die Umstellung auf die Kriterien der ITW vorgenommen zu haben.


Zukünftige Teilnahme an der Initiative Tierwohl


Zum Befragungszeitpunkt war noch nicht bekannt, dass die ITW von 2021 bis 2023 in die dritte Runde gehen wird. Konsens besteht bei allen Befragten bei der Frage, ob sie auch zukünftig planen an der ITW teilzunehmen, vorausgesetzt die Entgelte werden nicht massiv reduziert oder es werden Umbaumaßnahmen verlangt, sodass sich die Teilnahme im Nachhinein für den Betrieb nicht mehr rechnet. Die Reduzierung der Vergütungen von der ersten zur zweiten Runde war ein Punkt, der von beinahe allen Landwirten heftig kritisiert wurde.


Die Ergebnisse des zweiten Interviews werden mit denen des ersten verglichen, um anschließend in einem wissenschaftlichen Journal publiziert zu werden. Einige Änderungen lassen sich beispielsweise dadurch erklären, dass sich die Höhe der Vergütungen von der ersten zur zweiten Phase der ITW verändert hat.


Veröffentlichungen:


Schukat, S.; Rieck, B. und Heise, H. (2020): Wie bewerten Mastschweinehalter die ersten beiden Runden der ITW? Ergebnisse einer
qualitativen Vergleichsstudie. Vorgesehen zur Veröffentlichung im German Journal of Agricultural Economics.


Arbeitspaket 2.4/3.4: Empirische Erhebung zur Akzeptanz und ökonomischen Bewertung der ITW


Der Fragebogen für die empirische Erhebung konnte von den SchweinehalterInnen nach einem mehrstufigen Pretest vom 28.02.2018 bis zum 30.06.2018 über die online-Plattform „Globalpark“ beantwortet werden. Nach Datenbereinigung standen die Datensätze von 239 MastschweinehalterInnen (165 ITW Teilnehmer und 74 Nicht-Teilnehmer) für die Auswertung zur Verfügung. Im ersten Teil der Befragung sollten die MastschweinehalterInnen Stellung zu verschiedenen Aussagen nehmen, die sich auf ihre Erfahrung sowie ihre Einstellung zur ITW beziehen. Mit Hilfe verschiedener Statementbatterien, die sich ableiten aus der Unified Theory of Acceptance and Use of Technology (UTAUT 2), sollten die Hintergründe der Verhaltensabsicht (Teilnahmebereitschaft an der ITW) der LandwirtInnen näher untersucht werden. Mithilfe einer Partial Least Square (PLS-)-Analyse konnten die Beziehungen der latenten Variablen, die die Determinanten zur Teilnahmebereitschaft an der ITW darstellen, in Form des erweiterten UTAUT 2 Modells ermittelt werden. PLS ist ein komponentenbasiertes Strukturgleichungsverfahren und ist besonders gut geeignet, um komplexe Ursachen und Wirkungszusammenhänge zu untersuchen.


Es wird erkennbar, dass die Pfadkoeffizienten der Konstrukte Leistungserwartung, Sozialer Einfluss,Erleichternde Rahmenbedingungen, Motivation, Vergütung, Vertrauen und Erfahrung mit der ITW einen signifikant positiven Einfluss auf die Verhaltensintention aufweisen. Die Berufserfahrung scheint einen moderierenden Effekt auf die Beziehung „sozialer Einfluss und Verhaltensintention“ sowie „Vertrauen und Verhaltensintention“ zu haben. Der Moderator „Alter“ hat einen Einfluss auf die Beziehung zwischen „Vertrauen und Verhaltensintention“ und zwischen „Erfahrung mit der Initiative Tierwohl und der „Verhaltensintention“.


Im zweiten Teil der Befragung wurden dann die Kosten für die Umsetzung der verschiedenen Tierwohlkriterien sowie die Angemessenheit der Vergütung durch die ITW thematisiert. Weiterhin wurde die Bereitschaft abgefragt, zusätzliche Tierwohlkriterien auf dem eigenen Betrieb umzusetzen.


Die Mehrkosten der Kriterien werden sehr heterogen von den Befragten wahrgenommen. Dabei ergeben sich in Abhängigkeit der (Nicht-)Teilnahme sowie zwischen den verschiedenen Kriterien teils erhebliche Unterschiede. Die Angaben der LandwirtInnen zu den anfallenden Kosten je Mastschwein schwanken für einige Kriterien zwischen 0 € und 50 €, sodass die Angaben nur bedingt geeignet sind, um daraus Empfehlungen abzuleiten.


Zudem werden die meisten Kriterien der ITW nach Meinung der LandwirtInnen derzeit nicht ausreichend vergütet. Dies betrifft besonders die Kriterien des „zusätzlichen Platzangebotes“ als auch der „Bereitstellung von Raufutter“. Hingegen wird die Vergütung des Kriteriums „Scheuermöglichkeit“ im Mittel leicht positiv bewertet. Insgesamt zeigen sich in der Bewertung kaum Unterschiede zwischen ITW-Teilnehmern und Nicht-Teilnehmern. Für viele der Kriterien liegen sehr hohe Standardabweichungen (>1) vor, sodass hier weitere differenzierte Auswertungen notwendig sind, welche Kriterien für welchen Betriebstyp wirtschaftlich sein können.


Im letzten Teil des Fragebogens sollten die Betriebsleiter zudem die wirtschaftliche Situation des Betriebes bewerten. Dazu mussten die Betriebsleiter verschiedene Aussagen bewerten, die ihre subjektive Zufriedenheit mit Aspekten der Rentabilität, der Liquidität und der Stabilität ihrer Betriebe thematisierten. Zudem wurden die Betriebsleiter gebeten, das monatliche Netto-Einkommen aus der betrieblichen Tätigkeit anzugeben.


Anhand der vorliegenden Daten wurde untersucht, wie die Schweinehalter, die bereits an der Initiative Tierwohl teilnehmen, ihre Wirtschaftlichkeit im Vergleich zu den Schweinehaltern, die nicht an der Initiative Tierwohl teilnehmen, beurteilen. Um an der Initiative Tierwohl-teilnehmende Betriebe mit nicht-teilnehmenden Betrieben hinsichtlich soziodemografischer und betrieblicher Merkmale vergleichbar zu machen und damit Verzerrungen zwischen den Gruppen zu vermeiden, wurde das Mahalanobis Distance Matching angewendet (Müller, 2012). In der Stichprobe gab es signifikante Unterschiede zwischen den ITW Teilnehmern und den Nicht-Teilnehmern hinsichtlich der Variablen „Alter des Landwirtes“, „Region des Betriebes“, „Gruppengröße in der Schweinehaltung“, sowie ob „Mastschweinehaltung, Geflügelhaltung oder sonstige Tierhaltung“ auf dem Betrieb zu finden ist. Aufgrund dieser Unterschiede war es wichtig, für diese bei der Schätzung der wirtschaftlichen Auswirkungen der Teilnahme an der ITW durch das Matching zu kontrollieren um so eine Verzerrung der Ergebnisse durch betriebliche und soziodemografische Unterschiede.


Bei der Verwendung des Mahalanobis Distance Matching konnte jedem teilnehmenden Betrieb ein Betrieb aus der Kontrollgruppe (Nicht-Teilnehmer) zugeordnet werden. Allerdings war es aufgrund der geringen Anzahl an Betrieben aus Ostdeutschland in der Kontrollgruppe (N=3) nicht möglich, die Unterschiede in den Kontrollvariablen auf unter 10% zu senken. Erst durch den Ausschluss der ostdeutschen Betriebe (N=14) ließen sich die Unterschiede in allen Kontrollvariablen unter 10% senken, was für eine nicht verzerrte Schätzung spricht.


Die geschätzten Effekte der Teilnahme an der ITW für die teilnehmenden Betriebe sind in der nachfolgenden Tabelle 5 aufgeführt. Dabei zeigt sich, dass die Teilnahme an der ITW keinen signifikanten Effekt auf die betrachteten wirtschaftlichen Kenngrößen hat.


Die Ergebnisse zeigen, dass Teilnehmer an der ITW ihre wirtschaftliche Situation vergleichbar zu den Landwirten bewerten, die derzeit nicht an der ITW teilnehmen. Für die Teilnahme an der ITW lassen sich anhand des vorliegenden Datensatzes daher keine signifikanten Effekte auf die Wirtschaftlichkeit der Betriebe feststellen.


Veröffentlichungen:


Heise, H. und Schwarze, S. (2019): Lohnt sich die Teilnahme an der Initiative Tierwohl? Eine Befragung unter Schweinehaltern. In: Schriften der Gesellschaft für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften des Landbaues e.V., Band 55 (2020): Landwirtschaft und ländliche Räume im gesellschaftlichen Wandel: 17-28.


Schukat, S.; Kuhlmann, A. und Heise, H. (2019): Determinants of fattening pig farmers to participate in animal welfare programs. 70th Annual Meeting of the European Federation of Animal Science, Ghent, Belgium, 26-30 August 2019.


Schukat, S.; Kuhlmann, A. und Heise, H. (2019): Fattening pig farmers‘ intention to participate in animal welfare programs. In: Animals, 9 (12): 1042, https://doi.org/10.3390/ani9121042.


Schukat, S.; von Plettenberg, L. und Heise, H. (2020): Animal Welfare Programs in Germany – an empirical study on the attitudes of pig farmers. Im Prozess der Veröffentlichung bei dem internationalen Journal Agriculture.


Wellner, K.; Theuvsen, L. und Heise, H. (2020): Die Teilnahmebereitschaft deutscher Sauenhalter an der Initiative Tierwohl: wodurch wird sie beeinflusst?. In: Schriften der Gesellschaft für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften des Landbaues e.V., Band 55 (2020): Landwirtschaft und ländliche Räume im gesellschaftlichen Wandel: 3-16.


Arbeitspaket 2.5/3.5: Ermittlung des Arbeitszeitbedarfs von ITW Teilnehmern und Nicht-Teilnehmern während eines Mastdurchgangs


Für LandwirtInnen stellt sich bei der Absicht, an der ITW teilzunehmen, die Frage, inwiefern sich die zu implementierenden Tierwohlkriterien in einem erhöhten Arbeitsaufwand und möglicherweise höheren Betriebskosten niederschlagen. Mitte des Jahres 2019 sind 17 Betriebe, darunter sowohl 8 an der ITW teilnehmende als auch 9 nicht-teilnehmende Betriebe, rekrutiert worden. Aufgabe der Betriebe war es, den eigenen Arbeitszeitbedarf, der im Zusammenhang mit der Schweinemast steht, für einen Mastdurchgang vollständig zu dokumentieren. Anschließend sollte im Rahmen des Projekts quantifiziert und untersucht werden, ob die Teilnahme an der ITW zu einem höheren Arbeitsaufwand des Betriebs führt und welche Ursachen dafür maßgeblich sind. Dies wurde mittels so genannter Arbeitstagebücher durchgeführt. Das Arbeitstagebuch gehört zu den ältesten Methoden zur Erfassung der Arbeitszeit. Dabei wird die Arbeitszeit chronologisch täglich über einen bestimmten Zeitraum festgehalten. Die Vorteile des Arbeitstagebuches sind, dass es zum einen sehr einfach zu führen ist und zum anderen weitere Daten, wie beispielsweise Betriebsdaten oder besondere Vorkommnisse aufgenommen werden können. Hinzu kommt, dass der Gesamtarbeitsaufwand für Arbeiten einfach ermittelt werden kann. Arbeitstagebücher wurden bisher häufig zur Arbeitszeiterfassung für wissenschaftliche Auswertungen in der Landwirtschaft genutzt. Ein Grund dafür liegt darin, dass so auf landwirtschaftlichen Betrieben die Arbeitszeit von Arbeitsvorgängen einfach über längere Zeiträume festgehalten werden kann. Neben den Tabellen zur Zeiterfassung wurde den LandwirtInnen ein kurzer Fragebogen beigefügt um die wichtigsten Betriebsdaten zu erfassen. Das Arbeitstagebuch gab die Möglichkeit, für jeden Tag die Arbeitszeit für die anfallenden Arbeiten zu dokumentieren. Dafür waren die möglichen Arbeitsvorgänge vorgegeben. Aufgeteilt wurden die Arbeitsvorgänge in Routinearbeiten, Sonderarbeiten, ITW Pflichtkriterien und ITW Wahlpflichtkriterien. Unter diesen Punkten waren dort alle möglichen Arbeiten wie beispielsweise das Füttern als Routinearbeit, das Reinigen der Buchten als Sonderarbeit, der Tränkewassercheck als Pflichtkriterium oder Zugang zu Raufutter als Beispiel für ein Wahlpflichtkriterium zu finden.


Die ersten Ergebnisse stellen den jeweiligen Arbeitszeitbedarf im Rahmen der Schweinemast der verschiedenen Betriebe dar. Im Durchschnitt stallen die Betriebe pro Durchgang 558 Tiere ein, wobei die niedrigste Anzahl bei 80 und die höchste bei 1.420 Tieren liegt. Die durchschnittliche Tieranzahl bei den Tierwohl-Betrieben liegt bei rund 676 und bei den Nicht-Tierwohl-Betrieben bei 452 Tieren. Die Mastdauer ist bei den Betrieben ebenfalls weit gestreut. Die kürzeste Mastdauer eines Betriebes liegt bei 95 Tagen. Die längste hingegen beträgt 127 Tage. Die Mastdauer der ITW-Betriebe liegt im Durchschnitt bei 117 Tagen, wobei die der Nicht-ITW-Betriebe bei nur 114 Tagen liegt.


Bei der deskriptiven Darstellung des Arbeitszeitbedarfs der einzelnen Betriebe wird deutlich, dass sich die Betriebe in ihrem Gesamtarbeitsaufwand und im Zeitaufwand pro Tier und Jahr deutlich unterscheiden. Um die Auswertung und Interpretation der Arbeitszeiten vornehmen zu können, wurden die Werte der gesamten Arbeitszeit der einzelnen Betriebe vergleichbar gemacht, indem die Mastdauern und Tierzahlen vereinheitlicht wurden. Für jeden Betrieb – ITW- oder Nicht-ITW-Betrieb – wurde die tatsächliche Arbeitszeit auf die theoretisch verwendete Arbeitszeit bei einer Tieranzahl von 500 Tieren und 120 Tagen Mastdauer um-gerechnet. Trotz Umrechnungen zeichnet sich keine klare Tendenz ab, ob die nicht an der ITW teilnehmenden Betriebe einen höheren Arbeitsaufwand aufweisen als die teilnehmenden Betriebe oder „vice versa“. Weiterhin unterscheiden sich die ITW- und Nicht-ITW-Betriebe hinsichtlich der Arbeitszeiten bei der Fütterung der Tiere, dem Entmisten und Einstreuen der Ställe, der Tierkontrolle, der Tränke- und Trogkontrolle sowie dem Reinigen und Desinfizieren der Buchten. Bei isolierter Betrachtung des Arbeitszeitaufwands für die Implementierung der Tierwohlkriterien im Rahmen der ITW zeigt sich, dass diese etwa 9 Prozent der Gesamtarbeitszeit für die LandwirtInnen ausmacht. Den größten zeitlichen Aufwand birgt das Pflichtkriterium der Zugabe von organischem Beschäftigungsmaterial für die Tiere.


Insgesamt zeigen die Ergebnisse somit, dass keine pauschale Aussage darüber getroffen werden kann, ob ITW-Betriebe auch einem zeitlich erhöhten Arbeitsaufwand ausgesetzt sind. Weiterhin geben alle Betriebe einheitlich an, zufrieden mit der Teilnahme an der ITW zu sein und sich mehr Möglichkeiten zur Automatisierung wünschen. Bei zukünftigen Untersuchungen ist zu empfehlen, die Anzahl der teilnehmenden Betriebe zu erhöhen; um ein aussagekräftigeres Bild hinsichtlich des Arbeitszeitbedarfs für die Umsetzung von Tierwohlkriterien zu erhalten. Vor dem Hintergrund, dass zur dritten Phase der ITW die Wahlkriterien entfallen, sollten die Arbeitszeiten zudem einfacher aufzuschlüsseln sein, was eine Auswertung deutlich vereinfachen sollte.


Veröffentlichungen:


Schukat, S.; Diekmann, M. und Heise, H. (2020): Ermittlung und Vergleich des Arbeitszeitbedarfs zwischen Initiative-Tierwohl- und Nicht-Initiative-Tierwohl-Betrieben mittels Arbeitstagebüchern. Vorgesehen zur Veröffentlichung in Animal Frontiers.


Arbeitspaket 4: Entwicklung von Ansätzen zur Bewertung der ökonomischen Implikationen von Tierwohlkriterien (Tool für Landwirte)


Die Frage, ob eine Teilnahme an der ITW für den eigenen landwirtschaftlichen Betrieb sinnvoll sein könnte, ist in der Regel mit einem hohen Aufwand durch betriebswirtschaftliche Kalkulationen verbunden. Auf Grundlage der Leistungs-Kosten-Rechnung, konkreter der Vollkostenrechnung sowie des Kriterienkatalogs der ITW der Jahre 2018 bis 2020 ist im laufenden Kalenderjahr mittels Microsoft-Excel ein Tool für LandwirtInnen entwickelt worden. Ziel des Tools war es, eine Hilfestellung für Rentabilitätsrechnungen hinsichtlich der Teilnahme an der ITW für die Schweinemast zu konstruieren. Die Vollkostenrechnung ermöglicht dabei die Ermittlung der Stückgewinne bzw. -verluste in Form der einzelkostenfreien Leistung für den gesamten Betriebszweig Schweinemast. Durch das Tool können die einzelnen Wahlkriterien der ITW beliebig miteinander kombiniert werden, damit der Vergleich der Rentabilität bei Haltungsveränderungen im Sinne der ITW ersichtlich wird. Die automatisierten Berechnungen sollten LandwirtInnen, die eine Teilnahme an der ITW planen, bei ihrer Entscheidung unterstützen, indem sie konkrete Aussagen über die potenzielle Wirtschaftlichkeit des Tierwohlprogramms betriebsindividuell darstellen. Das Tool wurde an zwei verschiedenen Mastschweinebetrieben validiert. Die Validierung hat gezeigt, dass das Tool für die Berechnung von Rentabilitätsfragen bezüglich der Umsetzung der ITW-Kriterien eingesetzt werden kann. Das Ergebnis stellt ein Excel-Sheet dar, welches mittels Eingabe von Betriebsdaten die individuellen einzelkostenfreien Leistungen der unterschiedlichen Pflicht- und Wahlkriterien der ITW pro Mastplatz abbildet. Für den direkten Vergleich wird die einzelkostenfreie Leistung ohne die Teilnahme an der ITW ebenfalls kalkuliert. Um sowohl steuerlich pauschalierenden, als auch optierenden Betrieben die Möglichkeit zur Nutzung des Tools zu bieten, sind die einzugebenden Daten sowie die ausgegebenen Ergebnisse jeweils ohne Mehrwertsteuer angegeben. Die Anzahl an Eingabefeldern ist übersichtlich und verständlich gehalten und die Eingabe der Kosten und Leistungen kann ohne weitere Berechnungen aus den Betriebsunterlagen abgelesen werden.


Einige der für das Tool getroffenen Annahmen führen dazu, dass die endgültigen Ergebnisse der Berechnungen leicht von den tatsächlichen, realen Werten der Betriebe abweichen. Dazu zählt z.B., dass alle weiteren Betriebszweige neben der Schweinemast unberücksichtigt bleiben und eine Gemeinkostenschlüsselung nicht vorgenommen wird. Grundsätzlich sind die Vereinfachungen auf die Eingabe der Daten bezogen, mit dem Fokus möglichst praxisnahe Werte zu generieren. Je nach Betrieb kann dies große oder geringe Auswirkungen haben. Bei der Eingabe des Schweinepreises ist beispielsweise nur ein Wert anzugeben. Wird nur der aktuell gültige Marktpreis gewählt, kann dieser zu erheblichen Abweichungen vom langjährigen Mittel führen. Wird aber, wie im Hinweisfeld beschrieben, der Durchschnittswert einer möglichst langen Zeitspanne gewählt, liegt auch das Ergebnis im langjährigen Mittel und bestätigt die Prognosen. Diese Prozedur ist für nahezu alle Preise und Mengenangaben entscheidend.


Um das Tool auch für die dritte Phase der ITW nutzbar zu machen, müssten kleinere Änderungen durchgeführt werden. Der Grundaufbau des Tools kann jedoch in der derzeitigen Form erhalten bleiben. Die Eingabefelder für die Kalkulation eines Betriebes ohne die ITW-Kriterien, können unverändert übernommen werden. Die Eingabefelder speziell für die ITW müssen jedoch leicht angepasst werden, da der Bereich der Wahlanforderungen entfällt. Für zukünftige Forschungsarbeiten kann das Tool um weitere Tierwohlprogramme ergänzt oder auf andere Betriebszweige wie beispielsweise die Geflügelmast angepasst werden. Das Tool soll zeitnah den InteressenvertreterInnen der Schweinemast und der ITW präsentiert und anschließend hinsichtlich seiner Anwenderfreundlichkeit, dem Gesamtnutzen für LandwirtInnen und der Erweiterungsfähigkeit diskutiert werden.


Veröffentlichung:


Schukat, S.; Krutemeier, T. und Heise, H. (2020): Ein anwendungsorientiertes Tool zur betriebsindividuellen Analyse zur Rentabilität der Initiative Tierwohl. Vorgesehen zur Veröffentlichung in Landtechnik.


Kurzfassung


Die deutsche Schweinehaltung steht aufgrund der gesellschaftlichen Kritik enorm unter Druck. Als Reaktion darauf hat sich im Jahr 2015 die Brancheninitiative „Initiative Tierwohl“ kurz ITW gegründet. Ziel war es verschiedene Tierwohlkriterien auf freiwilliger Basis in Mastschweinebetrieben zu etablieren.


Im Projekt INMATI Teil II wurde die Initiative Tierwohl bezüglich der Einflussfaktoren auf Akzeptanz und Teilnahmebereitschaft unter deutschen MastschweinehalterInnen sowie hinsichtlich der Implikationen der Teilnahme mit Blick auf Ökonomie und Arbeitszeit untersucht.


Die Ergebnisse zeigen eine hohe Akzeptanz der ITW unter den befragten LandwirtInnen, die Teilnahmeintention ist jedoch multifaktoriell bedingt. Die Ergebnisse der durchgeführten Literaturanalyse und Szenarioanalysen sowie der empirischen Erhebungen und der Arbeitstagebücher zeigen, dass ökonomische Implikationen einzelbetrieblich kalkuliert werden müssen. Die Vergütung der Tierwohlkriterien werden von der Mehrheit der LandwirtInnen als unzureichend empfunden, die geforderten Kriterien können nicht alle kostendeckend umgesetzt werden. Die wirtschaftliche Lage der Betriebe unterscheidet sich zwischen Teilnehmern und Nicht-Teilnehmern nicht signifikant. Auch in Bezug auf die Arbeitszeit konnten keine signifikanten Unterschiede gefunden werden, dass teilnehmende Betriebe einen höheren Zeitaufwand durch die Einhaltung der Tierwohlkriterien haben als nicht teilnehmende Betriebe.


Abstract


Pig production is in the center of public criticism. As a response, the Initiative Tierwohl (ITW) was formed as a sector based industry solution. It aims at improving farm animal welfare on a voluntary basis on fattening pig farms. Within the INMATI Project Part II, the Initiative Tierwohl was investigated with regard to acceptance and willingness to participate among fattening pig farmers. Furthermore, economic implications arising from participation as well as the effects of participation concerning working hours were analyzed.


The results show a high acceptance of the ITW among farmers, but the intention to participate is multifactorial. Literature analysis and scenario calculations as well as the results of our empirical studies and working time diaries show that economic implications have to be calculated on the basis of individual farms. The majority of the farmers consider the compensation of the animal welfare criteria as insufficient, the required criteria cannot all be implemented cost-covering. The economic situation of farms does not differ significantly between participants and non-participants. Also with regard to working time, no tendency could be found that participating farms have a higher expenditure of time than non-participating farms.