"Die Zuteilung von Lebenschancen in der Pandemie – Medizinische Kriterien und die Rechte der Patienten"

Die Corona-Pandemie hat die Gesellschaft verändert und für das Leben ihrer Mitglieder eine zuvor schwer vorstellbare Normalität des Ausnahmezustandes hergestellt. Das gilt auch für das System der Krankenversorgung. Der äußerste Notfall, in dem selbst lebensrettende Behandlungen nicht mehr allen bedürftigen Patientinnen und Patienten zur Verfügung gestellt werden können, wurde konkret vorbereitet.

Medizinische Fachgesellschaften haben sogar eine S1-Leitlinie über die Zuteilung intensivmedizinischer Ressourcen im Kontext der COVID-19 Pandemie verfasst. Das dort vertretene Konzept einer Triage nach klinischen Erfolgsaussichten ist in der rechtswissenschaftlichen Diskussion umstritten. Menschen mit Behinderungen haben die Leitlinie als diskriminierend kritisiert. Eine zwischenzeitlich veröffentlichte Ad-hoc-Empfehlung des Deutschen Ethikrates setzt sich ebenfalls mit dem Verteilungsdilemma auseinander; die Bundesärztekammer hat vor wenigen Tagen eine eigene Orientierungshilfe bekanntgemacht.

Dr. Oliver Tolmein, Fachanwalt für Medizinrecht und Lehrbeauftragter an der Juristischen Fakultät der Georg-August-Universität Göttingen, beleuchtete am vergangenen Donnerstag die brisante Problematik der Zuteilung von Lebenschancen aus der Perspektive von Patientinnen und Patienten. In einer anschließenden Diskussion mit Vertretern aus dem Professorium der Juristischen Fakultät der Georg-August-Universität nahm der Mitbegründer der Kanzlei "Menschen und Rechte" und Sprecher der Sektion Rechtsberufe in der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin Stellung zu diversen Straf- , Zivil- und Verfassungsrechtlichen Fragen.