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'Mensch, Gesellschaft, Chemie - Geschichte einer Hassliebe'

Ort der Vorlesungen ist die Paulinerkirche, Papendiek 14. Sie beginnen um 18 Uhr c.t. .

  • 24. April 2003 Mensch, Gesellschaft, Chemie – Geschichte einer Hassliebe
    Prof. Jürgen Schram, Fachhochschule Niederrhein


  • In den letzten Jahren ist die Chemie im allgemeinen Bewusstsein so negativ belegt, dass es als werbewirksam gilt, Produkte »ganz ohne Chemie« zu vermarkten. Dabei stellt die oftmals mit der Chemie gleichgesetzte moderne Großchemie nur einen kommerzialisierten Teil des Umganges des Menschen mit der Chemie dar und ist somit erst die jüngste Entwicklung in der Wechselwirkung Mensch und Chemie. In diesem Vortrag hingegen wird Chemie als ein bedeutender Teil der menschlichen Kulturentwicklung angesehen. Die Chemie ist mit menschlicher Lebensweise untrennbar verbunden. Anhand einer chemiegeschichtlichen Betrachtung wird die ca. 2 Millionen Jahre alte Geschichte der Nutzung der Chemie durch den Menschen aufgezeigt und diskutiert. Beginnend mit der »Zähmung« des Feuers wird ein Bogen bis zur Gründung der modernen multinationalen Chemiekonzerne gespannt. Ohne die chemischen Hintergründe eingehend zu erläutern, wird anhand von Mythen, Ethnologie, mentalitätsgeschichtlichen Erkenntnissen, Sozialgeschichte und schließlich der Kunst- und
    Kulturgeschichte auf die Möglichkeiten und auch Probleme der Anwendung der Chemie für die Entwicklung der Menschheit eingegangen. Besonders berücksichtigt wird das neue Feld der Umweltgeschichte.

  • 8. Mai 2003 Funktionale Kunststoffe: Heimliche Helfer im täglichen Leben
    Prof. Matthias Rehahn, Technische Universität Darmstadt


  • Ihre ausgezeichneten mechanischen Eigenschaften haben dazu geführt, dass Polymere als Konstruktions und Verpackungsmaterialien heute nahezu allgegenwärtig sind. Neben solchen als »Kunststoff« oder »Plastik« allseits bekannten Werkstoffen existiert – allerdings weitgehend im Verborgenen – eine zweite, wirtschaftlich und technisch nicht minder wichtige Gruppe an Polymeren. Diese sogenannten »funktionalen Kunststoffe « beziehen ihre Bedeutung aus ihrer Funktion. Sie sorgen als Superabsorber für trockene Babys, als Flockungsmittel für reines Abwasser, als Additive für das richtige Fließverhalten von Motorölen oder Beton, und als elektrisch leitfähige Materialien für das Funktionieren von Kopierern, Batterien, Handys oder Flachbildschirmen. Im Vortrag werden die Funktionsweisen dieser Materialien anhand aktueller Anwendungen verständlich erläutert. Auch wird aufgezeigt, was sich für uns in Zukunft durch absehbare Weiterentwicklungen auf dem Gebiet der funktionalen Kunststoffe noch alles ändern könnte.


  • 15. Mai 2003 Chemie im Computer
    Dr. Stefan Hecht, Freie Universität Berlin

  • Computer sind als unentbehrliche Hilfsmittel aus unserem beruflichen und privaten Alltag nicht mehr wegzudenken. Grundlage dieser enorm leistungsfähigen Rechentechnik ist die Mikroelektronik, die eine möglichst hohe Anzahl winziger elektronischer Bauelemente
    auf Chips organisiert. Kommerziell eingesetzte photolithographische Methoden ermöglichen mittlerweile die Herstellung von Strukturen im Submikrometermaßstab. Diese sogenannten »top down« Methoden, die auf dem hochauflösendes Strukturieren eines makroskopischen Materials basieren, erreichen jedoch ihre physikalischen Leistungsgrenzen. Alternativ werden neuartige »bottom up« Ansätze entwickelt, die durch Organisation einzelner Atome und Moleküle die Fertigung von Strukturen im Bereich weniger Nanometer ermöglichen. Vom kommenden Zeitalter der Nanoelektronik bzw. molekularen Elektronik verspricht man sich eine Revolutionierung der Rechenleistungen und Speicherkapazitäten. Der Vortrag behandelt die grundlegenden Prinzipien der Miniaturisierung und wirft einen Blick auf die essentielle Rolle der Chemie bei der Herstellung heutiger und künftiger Computer.

  • 22. Mai 2003 Kaffee damals und heute?
    Dr. Helmut Klotz, Bergisch Gladbach

  • Was ist für die Herstellung des heutigen Massenprodukts Kaffee nötig? Von der Pflanzung über Aufbereitung und Röstung sind viele Arbeitsschritte notwendig. Wie diese ablaufen, welche Produkte entstehen und welche chemischen Reaktionen ablaufen, erklärt der Vortrag allgemeinverständlich. Zudem werden Berichte der Medien über Giftstoffe wie Acrylamid und Pflanzenschutzrückstände kritisch bewertet. Für den Genuss eines »vollblütigen« Kaffeearomas gibt es zudem Küchentipps - unter anderem vom Chemiker Justus Liebig beschrieben – sowie Informationen zur Entwicklung der Kaffeekultur mit Beispielen aus Geschichte, Literatur und Musik.

  • 5. Juni 2003 Chemie zwischen den Wolken: Von Ozonloch bis Klimawandel
    Prof. Reinhard Zellner, Universität Essen

  • Die Veränderungen des Ozons in der Atmosphäre als auch der bevorstehende Klimawandel gehören zu den vermutlich gravierendsten Veränderungen unserer Umwelt, die jemals durch den Menschen erzeugt worden sind. In diesem Vortrag werden die Ursachen und vermeintlichen Folgen von Ozonabbau und Klimawandel dargestellt. Dabei wird insbesondere aufgezeigt, welche chemisch-physikalischen Prozesse für die beobachteten Veränderungen von Spurengaszusammensetzung und Strahlungshaushalt der Erde verantwortlich sind und wie sich diese in der Zukunft entwickeln werden. Es wird auch die Frage gestellt, was die Gesellschaft und der Einzelne tun können, um unsere Lebensgrundlagen auch langfristig und zukünftig nicht ernsthaft zu gefährden.

  • 12. Juni 2003 Amalgam und Harnstoff – Ist Chemie gesund?
    Dr. Axel Schunk, Universität Erlangen-Nürnberg

  • Chemische Prozesse bilden die Grundlage aller Lebensvorgänge: Energiegewinnung im Organismus, Auf- und Abbau von Zellen, Übertragung von Nervenimpulsen – überall laufen chemische Reaktionen ab. Auch viele Krankheiten lassen sich auf einfache chemische Reaktionen zurückführen: Fallen schwerlösliche Salze in den Harnwegen aus, bilden sich Nieren- und Blasensteine, Atemstörungen beeinflussen den pH-Wert des Blutes. Werden Metalle z.B. über Amalgam in den Körper eingebracht, können Korrosionsprozesse auftreten. Andererseits hilft die Chemie auch bei der Behandlung von Krankheiten – sei es durch das Bereitstellen bestimmter Wirkstoffe, sei es durch die Korrektur gestörter Stoffwechselprozesse.

  • 26. Juni 2003 Rechts oder links in Alltag, Natur, Kunst, Wirtschaft und Wissenschaft
    Prof. Henri Brunner, Universität Regensburg

  • Rechts und links sind Seitenbezeichnungen, Richtungsangaben. Aber nicht nur das. Oft werden die Begriffe zur Kennzeichnung von Alternativen eingesetzt, und im täglichen Sprachgebrauch sind mit den Bezeichnungen rechts und links ganz bestimmte Assoziationen verbunden. In Chemie und Pharmazie werden Bild und Spiegelbild mit rechts und links bezeichnet. Die Beschäftigung mit der Rechts-/Links-Problematik auf der Ebene der Atome und Moleküle wird als Stereochemie bezeichnet. Nicht nur bei der Entstehung des Lebens hat die Frage nach rechts oder links eine entscheidende Rolle gespielt, auch für die Contergan-Katastrophe Ende der 50er/ Anfang der 60er Jahre war das hinter dem Rechts-Links-Phänomen steckende Prinzip ursächlich.

  • 3. Juli 2003 Solare Katalyse – Sanfte Chemie mit Luft und Sonne
    Prof. Horst Kisch, Universität Erlangen-Nürnberg

  • Kann der Chemiker den Trick des grünen Blattes nachahmen? Kann er nach dem Prinzip der Photosynthese das Sonnenlicht als saubere Energiequelle für umweltrelevante Stoffumwandlungen benutzen, zum Beispiel für die Entfernung von Schadstoffen aus Luft und Wasser oder für eine abfallfreie Herstellung von Wirkstoffen? Im Vortrag wird gezeigt, dass kleinste Mengen anorganischer Festkörper mit bestimmten elektrischen Eigenschaften (Halbleiter) derartige Prozesse ermöglichen. Sie absorbieren das Sonnenlicht und wandeln es in äußerst reaktionsfähige Zwischenprodukte um, ohne dabei selbst verändert zu werden (Photokatalyse). Zusammen mit Luft sind die Zwischenprodukte in der Lage, fast alle Schadstoffe vollständig zu ungiftigen Endprodukten abzubauen. Damit wird eine sanfte Reinigung von Luft und Wasser möglich, bei der nur Sonnenlicht und Luftsauerstoff verbraucht werden.

  • 10. Juli 2003 Arzneimittelsuche – Vom Zufall zum gezielten Entwurf
    Prof. Hugo Kubinyi, Universität Heidelberg

  • In der Geschichte der Naturwissenschaften resultierten wichtige Erkenntnisse sehr oft aus glücklichen Zufällen. So auch in der Arzneimittelforschung. Zufallsentdeckungen verdanken wir so bedeutende Arzneimittel wie Aspirin, Penicillin und Valium. In den letzten beiden Jahrzehnten wird die Suche nach neuen Arzneimitteln mehr und mehr mit rationalen Methoden durchgeführt. Der Computer spielt dabei eine wichtige Rolle. Molekulares Modellieren, d.h. die graphische Darstellung der Wechselwirkung eines Arzneimittels mit den Proteinen unseres Körpers, erlaubt die zielgerichtete Suche nach neuen Wirkstoffen. Trotzdem bleiben noch viele ungelöste Probleme - vor allem bei der Suche nach Arzneimitteln gegen Krebs, Herz/Kreislauferkrankungen, Rheuma und Alzheimer-Krankheit.

  • 17. Juli 2003 Chemie im Gehirn – Hat Denken eine stoffliche Basis?
    Prof. Hans Günter Gassen, Technische Universität Darmstadt

  • Das Gehirn des Menschen übertrifft an Komplexität und Leistungsvielfalt alle anderen Systeme auf dieser Erde. Die Lebensumstände des Menschen, seine geistig Entwicklung, seine körperlich und intellektuelle Leistung wie Krankheit und Tod, sind von der Funktion des Gehirns abhängig. Das Gehirn ist jedoch auch unser Stolz und Elend zugleich. Die neue Chemie mit bildgebenden Verfahren und der Neurogenetik erlaubt eine Struktur-Funktions-Analyse auch geistiger Fähigkeiten. Vielleicht können wir die Chemie des Denkens ergründen.