13. Göttinger Fachtagung für Milchwirtschaft

logo2
Öffentlichkeitsarbeit in der Landwirtschaft
-------
Wie soll sich der Landwirt darstellen?


Am Dienstag, den 04.12.18 fand unsere jährliche Göttinger Fachtagung für Milchwirtschaft zum 13. Mal statt. Dieses Jahr ging es um das Thema „Öffentlichkeitsarbeit – Wie soll sich der Landwirt darstellen?“. Als Referenten waren Ines Ruschmeyer von HofConnect/Forum Moderne Landwirtschaft, Christian Dietz von Dietz und Consorten, Sebastian Saager und Jessika Kraack von My KuhTube, Gregor Veauthier, Chefredakteur beim Elite Magazin, und Landwirtin Agnes Greggersen zu Besuch. Erstklassig moderiert hat die Tagung Dr. Manuel Ermann, Pressesprecher der Agricon GmbH.
Als Experte im Bereich Inbound-Marketing beschäftigt sich Christian Dietz mit der Analyse von Kommunikationsstrategien großer Agrarunternehmen. Für ihn ist Öffentlichkeitsarbeit reine Kommunikation, die Teil des Wandels der Landwirtschaft in der öffentlichen Wahrnehmung sein muss. Dabei kommt es sowohl darauf an, was der Landwirt sagt als auch was der Verbraucher am Ende wirklich hört. Seiner Meinung nach, haben Landwirte zu lange versucht, ihre Arbeit fachlich zu erklären. Bei den Kommunikationsebenen sollte die Beziehungsebene vor der Sach-/Fachebene stehen. In Zukunft muss versucht werden, den Kunden auf emotionaler Ebene zu erreichen. Der Verbraucher muss Vertrauen in die Landwirtschaft haben so wie z.B. in eine Marke. Es muss ihnen eine Lösung für IHRE Probleme geboten werden und dazu muss sich sowohl das Marketing als auch die Öffentlichkeitsarbeit mehr auf die Fragen und Probleme des Verbrauchers ausrichten und Lösungen bieten.
Als aktive Landwirtin führt Agnes Greggersen nicht nur einen Milchviehbetrieb mit 120 Kühen, sondern hat auch noch 34 Betten für den Ferienbetrieb auf ihrem Hof. Daher steht sie jeden Tag mit Menschen außerhalb der Landwirtschaft in Kontakt und „arbeitet immer unter Beobachtung“. Über die Jahre sammelte sie so jede Menge Erfahrungen mit Öffentlichkeitsarbeit und ist zudem auch noch in den sozialen Netzwerken und mit ihrem eigenen Blog “Angeliter Deern“ (https://angeliterdeern.com/) im Internet aktiv. Das dies nicht immer nur positive Seiten hat, musste sie bereits schmerzhaft feststellen. Nach dem Post eines Bildes von einem milchtrinkenden Jungen neben einem Kalb ging in den sozialen Netzwerken ein wahrer Veganer Shitstorm auf sie nieder. Auch Androhungen körperlicher Gewalt blieben nicht aus. Agnes berichtete von ihren Gefühlen in dieser Zeit und wie sie mit dem Shitstorm umgegangen ist. Ihr Tipp: In solchen Situationen sollte man sich nicht unterkriegen lassen, sondern gestärkt daraus hervorgehen und immer weiter machen. Ansonsten hätten die Kritiker und Hater genau das erreicht, was sie wollten. Für Landwirte, die mit Öffentlichkeitsarbeit beginnen möchten, empfiehlt sie zudem, sich einfach auszuprobieren und den richtigen Weg für sich selbst zu finden die eigene Geschichte zu erzählen. Denn: „Es wird über die Landwirtschaft gesprochen, entweder mit oder ohne die Landwirte!“
Jessika Kraack Projektmanagerin von My KuhTube und Sebastian Saager, Freier Mitarbeiter im Projekt My Kuhtube stellten ebenfalls ihr Projekt vor. Woher kam die Idee? Auf welchen Plattformen sind sie vertreten? Wie viele Menschen erreichen sie mit ihren Videos und wie entstehen überhaupt die Videos? All diese Fragen klärten die beiden auf. Außerdem versuchten sie auch den Anwesenden die Angst vor der Öffentlichkeitsarbeit zu nehmen. Alle Landwirte, die mitmachen, wären sehr begeistert und hätten viel Spaß. Und auch die Reaktionen auf die Videos seien durchweg positiv. Die Landwirte können und müssen die Macht ihrer eigenen Bilder nutzen. Man muss den Verbrauchern zeigen, wie es in unseren Ställen wirklich aussieht und sich damit gegen die Einbruchvideos von selbsternannten Tierschützern wehren, die doch allzu oft ein verzerrtes und schlichtweg falsches Bild lieferten.
Nach einer kurzen Pause mit Kaffee und Kuchen ging es mit Ines Ruschmeyer weiter. Sie gründete vor dreieinhalb Jahren HofConnect. In Vorträgen, Seminaren und Schulungen bringt Sie Landwirten bei, wie Öffentlichkeitsarbeit funktioniert und wie sie selbst sich engagieren können. Außerdem ist sie im Projektmanagement tätig und arbeitet mit im Forum Moderne Landwirtschaft. Hierbei stellt sie auch das Projekt der Agrarscouts vor, wo sie selber stark involviert ist. Im Hinblick auf Öffentlichkeitsarbeit müssten Landwirte ihrer Meinung nach genauer identifizieren, an welche Zielgruppe sie sich wenden wollen. Jede Zielgruppe hat andere Ansprüche und wird über unterschiedliche Kanäle erreicht, ob mit Hofschild, Facebook & Co. oder andere Kanäle. Dies macht sie anhand einer beispielhaften Zielgruppenanalyse mit unterschiedlichen Informationsbedürfnissen und Zahlungsbereitschaften deutlich.
Den Abschluss der Vortragsreihe macht Gregor Veauthier, Chefredakteur des Elite Magazins. Seiner Ansicht nach, wäre das Bild der Nutztierhaltung selbst in seriösen Medien mittlerweile negativ. Dabei würden Bauern und Verbände zu oft den Kopf in den Sand stecken und in die Defensive rutschen, dies müsse sich ändern. Zwar betreiben bereits einige Landwirte Öffentlichkeitsarbeit, das Image der gesamten Branche sei jedoch wichtig. Als Lösungsansatz schlägt er einen „branchenspezifischen Kodex“ vor. Eine Art Handbuch bzw. Vereinbarung, wie alle Landwirte innerhalb einer Branche zu arbeiten haben (gute fachliche Praxis). Ausgearbeitet von Landwirten und akzeptiert von der gesamten Wertschöpfungskette. Vor allem schwarze Schafe werfen immer wieder ein negatives Bild auf die deutsche Landwirtschaft. Gegen solche Landwirte, sollte vorgegangen werden; und zwar von innen heraus. Sowohl durch Berufskollegen, aber auch zum Beispiel durch Molkereien, die bei solchen Betrieben die Milchabholung einstellen können müssten sollte der Kodex verletzt werden.
Nach diesen fünf sehr interessanten Vorträgen ging es in die Podiumsdiskussion, die Manuel Ermann leitete. Die Zuhörer stellten ihre Fragen an das Podium. Bei vielen Fragen kam es auch direkt zu sehr interessanten Diskussionen zwischen dem Publikum und den Referenten, aber auch bei den Referenten untereinander. Auf welche Zielgruppen man sich konzentrieren sollte, wurde gefragt. Hier wurde geraten sich nicht ausschließlich auf die Hauptzielgruppen Erwachsene und Kinder zu konzentrieren, sondern auch unbequeme Gruppen wie Jugendliche ins Auge zu fassen, da sich in dieser Altersgruppe die Meinungen und Einstellungen ausprägen. Weiterhin war ein Thema wie auf „Hardliner“ reagiert werden könnte, hier sollte man über Fragen stellen versuchen in einen konstruktiven Dialog zu treten. Sollte man jedoch nicht weiterkommen, darf man die Diskussion auch abbrechen. Das Interesse war so groß, dass selbst nach dem offiziellen Ende der Tagung die Gespräche noch persönlich weitergeführt wurden.

Abschließend möchten wir uns recht herzlich bei allem Referenten für ihre Teilnahme und bei Dr. Manuel Ermann für die großartige Moderation bedanken. Ebenfalls vielen Dank an alle Zuschauer, die diese Tagung erst so grandios gemacht haben!

Die AG-Milch sagt vielen Dank!