Kunstwerk des Monats im Juni 2016


05. Juni 2016
"Adam von Bartsch als Künstler"
Vorgestellt von: Dr. Anne-Katrin Sors

KdM Juni 2016Adam von Bartsch (1757-1821), Kustos der Kupfer­stich­sammlung der Wiener Hof­bibliothek, gilt heute als Begründer der wissen­schaftlichen Kupfer­stich­kunde. Sein Haup­twerk - der Peintre- Graveur - ist ein Meilen­stein für die Graphik­forschung, enthält es doch in 21 Bänden (1803-1821) zahl­reiche Ver­zeichnisse der Druck­graphik alter Meister vom 15. bis 18. Jahr­hundert. Weniger be­kannt ist, dass Adam von Bartsch selbst als Re­produktions­graphiker tätig war. Er er­hielt eine künstlerische Aus­bildung in Wien; sein künstlerisches Werk wird dominiert von Druck­graphiken nach Hand­zeichnungen anderer Künstler, obwohl er selbst die so genannt Original- oder Maler­radierung favorisierte. Re­produktionen von Hand­zeichnungen aber spielen eine wichtige Rolle für Sammler und Kenner seit Be­ginn des 18. Jahr­hunderts, besonders aber in der Zeit um 1800 und sind heute aus technik­geschichtlicher und wissenschafts­historischer Per­spektive interessant.
Nach jüngsten Recherchen umfaßt das druck­graphische Werk Adam von Bartschs insgesamt mehr als 500 Radierungen - 56 Blätter eigener Er­findung und 497 Arbeiten nach Bild­erfindungen verschiedener Künstler aus der Zeit des 16. bis 18. Jahr­hunderts. Bartsch stellte die meisten seiner Blätter zu so­genannten Recueils zusammen, so daß man sich eine An­zahl von Blättern kaufen konnte, um sie zu Sammel­werken zusammen­binden zu lassen. Ein solches Recueil be­findet sich im Besitz der Nieder­sächsischen Staats- und Universitäts­bibliothek und ist in der aktuellen Aus­stellung zu sehen. Ein Problem beim Aus­stellen von ge­bundenen Werken ist stets, daß nur eine Seite von vielen zu zeigen ist. Deshalb soll im Vortrag das gesamt Werk vor­gestellt werden: Jeweils sechs Graphiken nach Rembrandt, Guercino, Parmigianino, Dürer und acht nach Raymond Lafage sowie weiterer italienischer Meister.
Adam von Bartsch schuf diese Graphiken in den 1780er Jahren, für das Jahr 1789 ist der An­kauf des Recueils für Göttingen durch noch vorhandene, neu entdeckte Korrespondenz nach­zuweisen, die ebenfalls aus­gestellt ist und im Vortrag erläutert wird.

Durch seine künstlerische Aus­bildung erlernte Adam von Bartsch die ver­schiedenen, zur damaligen Zeit geläufigen druck­graphischen Techniken kennen. Vor allem die Tief­drucktechniken Radierung und Aquatinta wußte er im Laufe seiner Re­produktionstätigkeit zu perfektionieren. Bei der Be­trachtung der Reproduktionen nach verschiedenen Meistern wird ver­gleichend heraus­gearbeitet, welche druckgraphische Technik sich am besten eignet zur Nachahmung der ver­schiedenen Zeichen­techniken.