Theologiepolitik und Reformationsdeutung im deutschen Nachkriegsprotestantismus am Beispiel Ernst Wolfs

Das Forschungsvorhaben zielt darauf ab, das "Kommunikationsnetzwerk" Ernst Wolfs als exemplarischen Beitrag zur Formierung des deutschen Nachkriegsprotestantismus zu untersuchen und mit der Inanspruchnahme der Reformationsgeschichte bzw. ihrer Traditionsbestände in Beziehung zu setzen. Am Beispiel des Wirkens des Kirchenhistorikers und Systematischen Theologen Ernst Wolf (Göttingen) gilt es, den Aufbau eines theologischen "Netzwerkes" im Spiegel von Korrespondenzen, Publikationsreihen und Zeitschriften, Berufungsakten und eigenen Veröffentlichungen insbesondere zu kirchenhistorischen, dogmatischen und ethischen Themen zu rekonstruieren. Dadurch soll zugleich auch die prominent mit Wolfs Namen verbundene Konstruktion der sogen. "lutherischen Zweireichelehre" in der akademischen Theologie und der kirchlichen Publizistik systematisch untersucht und im zeithistorischen und biographischen Kontext verortet werden.

Dem Umgang mit den komplexen Traditionsbeständen und Konstruktionsprinzipien der Reformation bzw. einer ´reformatorischen Theologie` kommt für das Selbstverständnis des deutschen Protestantismus nach 1945 eine zentrale Bedeutung zu, da er sich in seinen Debatten immer wieder auch auf diese bezog; die Konzentration auf Wolf und sein "Netzwerk" stellt eine notwendige Operationalisierung dieses Aspektes dar, soll aber im Rahmen einer vom Antragsteller beabsichtigten Darstellung in den breiteren Zusammenhang der Historiographie und Aneignung der Reformation in der protestantischen Theologie des früheren 20. Jahrhunderts integriert werden. Den Zugang zu der Frage nach dem Umgang mit der Reformation über Ernst Wolfs "Netzwerk" zu suchen, impliziert, sie in bestimmten kommunikativen, mentalitätsmäßigen und sozialen Prozessen und Dispositionen zu verorten und nicht primär im engeren Sinne theologiegeschichtlich zu rekonstruieren. In der kirchlichen Zeitgeschichtsforschung hat Wolf bisher nicht die ihm gebührende Aufmerksamkeit gefunden; auch sein mittlerweile durch detaillierte Findbücher erschlossener Nachlass ist von kirchenhistorischer Seite nur punktuell genutzt worden. Das Forschungsvorhaben knüpft an einschlägige eigene Studien (Prof. Kaufmann, Dr. Dietzel) zu diversen Theologen, insbesondre Kirchenhistorikern im "Dritten Reich" und in der Nachkriegszeit, zur Deutung der Reformation und zur Interpretation ihrer Theologien und Medien und zur Geschichte der Reformationshistoriographie an.

Kontaktadressen:


Prof. Dr. Thomas Kaufmann

Theologische Fakultät
Platz der Göttinger Sieben 2
D-37073 Göttingen
Tel (dienstl.): 0551-39-26271
Tel (Sekretariat): 0551-39-27143
Thomas.Kaufmann@theologie.uni-goettingen.de

Dr. Stefan Dietzel

Theologische Fakultät
Platz der Göttinger Sieben 2
D-37073 Göttingen
Tel: 0551-39-22118
Fax: 0551-39-27488
Stefan.Dietzel@theologie.uni-goettingen.de