Editionsprojekt

Kritische und kommentierte Edition von Theodor Storms Novelle „Der Schimmelreiter“


Die geplante Edition der Novelle „Der Schimmelreiter“ wird den gesamten überlieferten Textkorpus im Zusammenhang mit der Textentstehung genetisch so darstellen, dass der Leser einen Überblick über Storms Schreibprozess und seine Mitwirkung an der Herstellung von Zeitschriftendruck und Buchausgabe gewinnen kann. Zugleich bietet die Edition eine Grundlage für weiterführende Arbeiten über Storms Schreibprozesse und seinen Umgang mit den Distributionsformen seiner Verlage. Darüber hinaus enthält diese Ausgabe eine kritische Neueditionen der Storm-Novelle nach der Buchausgabe. Damit stellt sie die erste historisch-kritische Edition eines Storms-Textes zur Verfügungen. Der Edition ist ein Kommentar zugeordnet, in dem alle Zeugnisse des Arbeitsprozesses so vollständig wie möglich dokumentiert werden.

Gefördert durch Mittel aus dem Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft entsteht die Edition am Lehrstuhl von Prof. Dr. Dr. h. c. Heinrich Detering in Zusammenarbeit mit der Theodor-Storm-Gesellschaft (Professor Dr. Eversberg). Nach der Herstellung der diplomatischen Transkription des Handschriftenkorpus durch Stefanie Poppe (wissenschaftliche Hilfskraft von Oktober 2010-Juli 2011) werden die weiteren Arbeiten an der Edition von Gerd Eversberg geleitet und ausgeführt.
Den Kern der Edition bilden die erhaltenen Textzeugen, also eigenhändig von Storm verfasste Notizen und Manuskripte, sowie die zu Lebzeiten des Autors fertiggestellten Drucke. Außerdem werden sämtliche ermittelte Quellen, die verwendeten Dokumente sowie autobiographische Notizen Storms und Äußerungen über seine Arbeit in den Korrespondenzen mit Familienmitgliedern, Freunden, Bekannten und Verlegern vollständig dokumentiert.

Die Transkriptionen der beiden Handschriften (die Entwurfshandschrift „Concept“ im Storm-Archiv, Husum; die Reinschrift in der Schleswig-Holsteinischen Landesbibliothek, Kiel) werden − eventuell mit parallel angeordneten Digitalisaten der Textträger − gesondert ediert oder elektronisch zugänglich gemacht.

Die Edition ordnet drei Texte parallel an; die beiden Handschriften (die Entwurfshandschrift „Concept“ und die Reinschrift) sowie einen nach der ersten Buchausgabe edierten Text. In einer vierten Spalte soll der Kommentar erscheinen.
Die Lesetexte werden nach den beiden Handschriftenkomplexen ediert und geben die jeweils letzte gültige Textschicht wieder; alle vom Autor vorgenommenen innerhandschriftlichen Varianten werden in den textkritischen Apparaten verzeichnet. Diese lemmatisierten Apparate enthalten genetische, topographische und textkritische Informationen, nämlich Blattnummern, Seitenwenden, Hinzufügungen, Streichungen, Überschreibungen, Umstellungen mit Einweisungszeichen (zum Teil Piktogramme) und Textverluste sowie Hinweise auf die unterschiedlichen Schreibgeräte (Tinte, Bleistift, Farbstifte). Notizen und Entwürfe Storms sowie Zeichnungen werden getrennt ediert und der Parallel-Edition vorangestellt.
Die Edition nach der Buchausgabe (1888) erfolgt zeichengetreu; in einem ebenfalls lemmatisierten textkritischen Apparat werden Abweichungen zum Zeitschriften-Erstdruck („Deutsche Rundschau“, April und Mai 1888), zu den beiden vollständig erhaltenen Korrekturbogen und handschriftliche Veränderungen von Storm (Autor-Korrekturen) sowie die Eingriffe des Herausgebers dokumentiert.
Die Darbietung der drei edierten Texte erfolgt parallel auf jeweils einer Doppelseite; die Apparate erscheinen am unteren Seitenende. Die parallele Darbietung orientiert sich an den Abschnitten der Buchausgabe; der Stellenkommentar in der vierten (rechten) Spalte verknüpft die drei edierten Texte mit den Essays zur Stoff- und Entstehungsgeschichte, zu den Quellen sowie zu historischen Voraussetzungen und realen topographischen Bezugsfeldern der fiktionalen Erzähltexte. Er enthält sprachliche und sachliche Erläuterungen und verweist auf die umfangreichen Forschungserträge zum „Schimmelreiter“-Komplex, die in den thematischen Essays systematisch dargeboten werden.
Die Überlieferung der Texte, die materielle Struktur der Textträger, die Prinzipien der Textkonstitution und die Grundlagen der Kommentierung werden in einem gesonderten Editionsbericht erläutert.