25/06/2012: Tagung des Statist. Bundesamtes zum Wandel der Erwerbsformen

Am 30. und 31.05.2012 hatte der Fachausschuss Erwerbstätigkeit/Arbeitsmarkt des Statistischen Bundesamtes (DESTATIS) eine wissenschaftliche Tagung zum Thema „Arbeitsmarkt 2012: Zwischen atypischer Beschäftigung und Fachkräftemangel?“ veranstaltet. Arbeitsmarktpolitische Expert/innen aus Wissenschaft und Politik stellten dort die aus ihrer Sicht aktuellen Trends am deutschen Arbeitsmarkt dar. Neben dem Aspekt des Fachkräftebedarfs wurden insbesondere der Wandel der Erwerbsformen und die Entwicklung atypischer Beschäftigungsformen betrachtet. Das Bundesamt hat die Tagungsbeiträge jetzt der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.


Dr. Martin Dietz vom Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) hat in seinem Beitrag unter Verwendung von Daten des Mikrozensus für den Zeitraum 1991 bis 2010 die längerfristigen Entwicklungen der Erwerbsformen betrachtet, aus denen eine Verschiebung hin zur Kategorie der „atypischen Erwerbsformen“ hervorgeht. Mit Blick auf die Strukturen der unterschiedlichen Erwerbsformen im Jahr 2010 versucht er die Frage zu beantworten, ob sich der Wandel der Erwerbslandschaft durch strukturelle Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt erklären lässt.

  • Dietz, M. (2012): Fachkräftemangel und Erosion des Normalarbeitsverhältnisses– ein Widerspruch?



  • Dr. Alexander Herzog-Stein, Prof. Dr. Berndt Keller und Dr. Hartmut Seifert von der Hans-Böckler-Stiftung, Düsseldorf, grenzen zunächst normale und atypische Arbeitsverhältnisse (Teilzeitarbeit, geringfügige und befristete Beschäftigung, Leiharbeit, Solo-Selbständigkeit) voneinander ab, um zunächst die Entwicklung der verschiedenen Formen seit der deutschen Wiedervereinigung zu skizzieren. Anschließend werden die Unterschiede von atypischer Beschäftigung und Normalarbeitsverhältnissen anhand von operationalisierten Kriterien (Lohn, Teilnahme an beruflicher Weiterbildung, Beschäftigungsstabilität, Integration in die sozialen Sicherungssysteme) herausgestellt.

  • Herzog-Stein, A./ Keller, B./ Seifert, H. (2012): Atypische Beschäftigung, prekäre Arbeitsbedingungen und langfristige Effekte.



  • Der Beitrag von Dr. Peter Bartelheimer und René Lehweß-Litzmann vom Göttinger Soziologischen Forschungsinstitut (SOFI) befasst sich mit der Frage der Teilhabe in einem segmentierten Beschäftigungssystem. Die Autoren konstatieren zunächst veränderte Segmentationsmuster am Arbeitsmarkt und ungleichere und vielfältigere Chancenstrukturen für Erwerbsteilhabe. Sekundäre Teilarbeitsmärkte nehmen gegenüber internen Arbeitsmärkten und geschlossenen Beschäftigungssystemen an Bedeutung zu. Mit diesem Umbruch des Beschäftigungssystems werden „fordistische Errungenschaften“ der Teilhabe und des relativ gesicherten Wohlstandes wieder zur Disposition gestellt. Lohnarbeit versetzt viele wieder in eine unsichere und potenziell prekäre Lage.

  • Bartelheimer, P./ Lehweß-Litzmann, R. (2012): Teilhabe im segmentierten Beschäftigungssystem.



  • Dr. Christian Hohendanner vom Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) widmet sich dem Thema Werkverträge und fragt, inwieweit Werkverträge zur Umgehung von Tarifstandards an Bedeutung gewinnen könnten. Auf der Basis von Daten des IAB-Betriebspanels, das die Anzahl der freien Mitarbeiter mit Werk- oder Dienstverträgen seit 2002 durchgängig erfasst, wird die Entwicklung der branchen- und betriebsgrößenspezifischen Nutzung freier Mitarbeiter dargestellt. Mit Blick auf die betrieblichen Determinanten des Einsatzes freier Mitarbeiter sucht der Autor dann nach Hinweisen für potenzielle Verdrängungsprozesse zwischen verschiedenen Beschäftigungsformen wie Leiharbeit, Minijobs oder befristeten Arbeitsverträgen und freien Mitarbeitern mit Werkverträgen.

  • Hohendanner, C. (2012): Werkverträge in der Diskussion: Vom Leiharbeiter zum freien Mitarbeiter?



  • Solo-Selbständigkeit als atypische Beschäftigungsform steht im Zentrum des Beitrags von Hans-Dieter Gerner und Dr. Frank Wießner, Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), Nürnberg. Nach Ansicht der Autoren müssen einem weiter gefassten Verständnis nach auch Selbständige und insbesondere Solo-Selbständige als atypisch Beschäftigte gelten, weil auch ihnen typische Eigenschaften eines Normalbeschäftigungsverhältnisses fehlen. Die in den vergangenen Jahrzehnten gestiegene Zahl von Solo-Selbständigen wird oft mit einer Reihe gesellschaftlicher Entwicklungen erklärt, etwa Flexibilisierung und Dezentralisierung, der Ausweitung des Dienstleistungssektors und insbesondere der Zunahme von „Wissensarbeit“. Ergebnisse einer in den Jahren 2005, 2006 und 2008 durchgeführten empirischen Analyse können zeigen, welche Faktoren letztendlich den Ausschlag für die Solo-Selbständigkeit geben und wie sich die persönliche und wirtschaftliche Situation der Solo-Selbständigen im Zeitverlauf entwickelt.

  • Gerner, H.-D./ Wießner, F. (2012) Solo-Selbstständige – Inzidenz und sozialpolitische Implikationen.



  • Thomas Frank von der Bundesagentur für Arbeit befasst sich mit dem Thema Arbeitnehmerüberlassung. Auf der Grundlage von Statistiken der Bundesagentur für Arbeit werden Entwicklung, Struktur und Bedeutung der Leiharbeit dargestellt. Anhand der Ergebnisse von speziellen Kohortenanalysen aus der Beschäftigungsstatistik soll auch die Frage beantwortet werden, ob es dauerhafte Leiharbeiterkarrieren gibt und wie oft sie auftreten.

  • Frank, T. (2012): Entwicklung, Struktur und Bedeutung der Arbeitnehmerüberlassung.



  • Hinweise auf weitere Tagungsbeiträge finden sie hier.