Dr. Alexander Starre (Berlin)

Amerikanische Wissenskulturen, 1878-1929. Formen, Stile, Institutionen


Respondentin: Dr. Kirsten Sandrock (Göttingen)


Zeit: 14. Januar 2016, 18h c.t.
Ort: Raum VG 3.101 (Verfügungsgebäude, Platz der Göttinger Sieben 7, 37073 Göttingen)


Abstract

Das Projekt untersucht verschiedene Wissenskulturen in den USA nach der Reconstruction-Ära und dem Aufkommen der ersten modernen Forschungsuniversitäten. Waren amerikanische Universitäten zunächst auf Lehre und klassische Bildung ausgerichtet, so folgten sie ab dem späten 19. Jhd. zunehmend einem prozeduralen Verständnis intellektueller Evolution, das besonders die disziplinäre Spezialisierung und die Schaffung von Wissen förderte. Das so entstehende Primat "neuen Wissens" kollidierte mit anderen, stärker auf Bewahrung und Konservierung ausgerichteten diskursiven Praktiken. Das Projekt zielt auf eine kritische Betrachtung verschiedener amerikanischer Institutionen und Akteure, deren epistemische Praktiken die sozialen Transformationsprozesse der Zeitspanne zwischen den 1880er und den 1920er Jahren sichtbar machen. So manifestieren sich in den Universitätsverlagen (university presses) und den sog. Carnegie-Bibliotheken komplexe Neuorientierungen, die nicht nur Wissensinhalte betreffen, sondern auch die Funktionen von Wissensbeständen im nationalen Selbstverständnis der Vereinigten Staaten. Weitere Teilstudien befassen sich mit den Figurationen des Wissens im Werk Willa Cathers, mit den Expertenkulturen der Massenmagazine, sowie mit den alternativen Bildungsansätzen von Jane Addams und W.E.B. DuBois. Mithilfe von theoretischen Impulsen aus den science studies, der Performanztheorie und der Wissenssoziologie entwirft das Projekt eine kulturwissenschaftliche Perspektive, die über den vorherrschenden naturwissenschaftlichen Fokus der Wissensgeschichte hinausgeht.