Kunstwerk des Monats im Juni 2023

04. Juni 2023
Eine gezeichnete Erinnerungsstütze? Luca Cambiasos Venus und Adonis im Werkstattprozess des Genueser Cinquecento
Vorgestellt von Rieke Dobslaw, M.A.


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Luca Cambiaso (Moneglia 1527–1585 San Lorenzo de El Escorial)
Venus und Adonis, 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts

Der genuesische Maler Luca Cambiaso beschäftigte sich über einen langen Zeitraum mit dem Mythos von Venus und Adonis. Die tragische Geschichte war Gegenstand mehrerer seiner Zeichnungen und Gemälde, in denen er das Thema immer wieder aufgreift und neu interpretiert. Ovid erzählt die Geschichte des Liebespaares im zehnten Buch seiner Metamorphosen: Die Göttin Venus verliebt sich in den schönen Adonis, nachdem einer von Amors Pfeilen sie versehentlich gestreift hat. Gemeinsam jagen sie Kaninchen und Hirsche in den Wäldern, vor der gefährlichen Raubtierjagd aber warnt die Göttin ihren Gefährten. Trotz der Warnung versucht Adonis, einen Eber zu erlegen, und bezahlt dafür mit seinem eigenen Leben. Venus trauert um ihn und lässt aus seinem Blut die roten Blumen wachsen, die als Adonisröschen bekannt sind.
Die Göttinger Zeichnung zeigt das Liebespaar während einer Rast im Schatten einer Pappel, nach der gemeinsamen Jagd; ein Motiv, das auch in einem Gemälde von Cambiaso zu finden ist. Es stellt sich die Frage, welche Rolle die lavierte Federzeichnung bei der Entstehung des Gemäldes spielte. War sie Teil des Entwurfsprozesses oder diente sie als Nachzeichnung des Bildes? Diese Fragestellungen werfen Licht auf die künstlerischen Praktiken und Prozesse im Genua des 16. Jahrhunderts.
Der Vortrag ist Teil des Begleitprogramms zur Ausstellung „Werk|Prozesse. Italienische Handzeichnungen des 15. bis 18. Jahrhunderts in der Kunstsammlung der Universität Göttingen“, die vom 16. April bis 20. August 2023 zu den regulären Öffnungszeiten der Kunstsammlung besichtigt werden kann.