Geschichte der Universitäts-Sternwarte Göttingen

Alte Sternwarte
1773 Stich der Sternwarte von J.P. Kaltenhofen

Die erste Sternwarte in Göttingen wurde 1750 in einem der südlichen Türme der Stadtmauer untergebracht. 1751 kam Tobias Mayer (1723-1762) als erster großer Astronom nach Göttingen. Sein Katalog von Sternpositionen - gewonnen mit dem Bird Quadrant - setzte neue Standards an Präzision und Vollständigkeit. Seine Beobachtungen und seine Mondkarten waren die besten dieser Zeit. Der abgebildete Stich stammt von 1773; ein anderes Bild des alten Observatoriums stammt von 1800.

Alte Sternwarte
1816 Reproduktion einer farbigen Tuschezeichnung von F. Besemann mit dem Gebäude der neuen Sternwarte einschließlich angrenzender Wohnquartiere (unsigniert).

Der Bau des jetzigen Sternwartengebäudes außerhalb der Stadtmauer wurde 1803 begonnen unter dem Baumeister Georg-Heinrich Borheck. Die erste Finanzierung stammt von König Georg III von England. Aber der Krieg mit Napoleon stoppte das Projekt, und es wurde erst 1816 fertiggestellt unter dem Baurat Justus-Heinrich Müller.

Carl Friedrich Gauß (1777-1855) wurde erster Direktor dieser neuen Sternwarte. Er war schon berühmt geworden mit seinen mathematischen und bahnmechanischen Arbeiten. Während seiner Zeit in Göttingen machte er weitere wichtige Entdeckungen, nicht nur in der Mathematik, sondern auch bei astronomischen Beobachtungsmethoden, Statistik, Physik, Geodäsie und Geophysik. 1833 stellten Gauß und Wilhelm Weber (1804-1891) die erste elektrische Telegraphen-Verbindung der Welt her: sie verband die Sternwarte mit einem Physikgebäude in der Innenstadt. Gauß lehrte, forschte und wohnte in der Sternwarte, bis zu seinem Tod 1855. Bilder der Sternwarte von 1816, 1826, 1838 und 1840 stellen die schöne, klassizistische Architektur dar.

Nach Gauß setzten Ernst Wilhelm Klinkerfues (1827-1884) und Wilhelm Schur (1846-1901) die Arbeit über Positionsastronomie fort. Klinkerfues arbeitete auch über Meteorologie: seine örtlichen Wettervorhersagen müssen mitunter nicht ganz zutreffend gewesen sein, da die Göttinger ihm den Spitznamen "Flunkerkies" gaben. Hier ist das erste bekannte Foto der Sternwarte dargestellt, aufgenommen im Jahre 1865. Zwanzig Jahre später wurde die zunächst nur aus architektonischen Gründen eingebaute Kuppel durch eine Beobachtungskuppel ersetzt, die einen 15-cm-Refraktor beherbergte.

1901 kam Karl Schwarzschild (1873-1916) nach Göttingen. Er wird als einer der Begründer der modernen Astrophysik angesehen und leistete große Beiträge in den Bereichen Instrumentierung, Optik, Relativistik und Sternatmosphären. Schwarzschild verließ die Sternwarte 1909, um die Direktorenstelle der Sternwarte Potsdam zu übernehmen.

Zwischen den Weltkriegen etablierten Johannes Hartmann (1865-1936), Hans Kienle (1895-1975) und Paul ten Bruggencate (1901-1961) die moderne Astrophysik in Göttingen. Kienle ließ den 45-cm-Astrographen auf dem Hainberg bauen und fügte später eine der ersten kommerziell gefertigten Schmidt-Kameras der Firma Zeiss-Jena hinzu. Paul ten Bruggencate gelang es mitten im Krieg 1941, ein Sonnenobservatorium auf dem Hainberg zu errichten, um die Sonnenaktivität zu untersuchen.

Nach dem zweiten Weltkrieg machten Hans Heinrich Voigt, Rudolf Kippenhahn und Egon-Horst Schröter Göttingen zu einem bedeutenden Zentrum und förderten so den Wiederaufbau der deutschen Astronomie und Astrophysik. 1960 wurde das weltweit erste Gregory-Coudé Sonnen-Teleskop am Göttinger Sonnenobservatorium im Tessin errichtet. Dieses wurde 1985 an das Observatorio del Teide auf Teneriffa verlegt nach größeren Umbauten in der Sternwarten-Werkstatt. In letzter Zeit kommt der Sternwarte große Bedeutung bei moderner Instrumentierung zu.

Im Juni 2005 ist die wissenschaftliche Einrichtung in den Neubau der Fakultät für Physik umgezogen und wurde in Institut für Astrophysik umbenannt.