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Presseinformation: „Der EU-Handel mit Brasilien fördert den Klimawandel und verletzt die Menschenrechte“

Nr. 66 - 25.04.2019

Forscher der Universität Göttingen unterzeichnen Aufruf zu nachhaltigem Handeln


(pug) Mehr als 600 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus jedem Land der EU sowie 300 brasilianische indigene Gruppierungen haben sich zusammengetan, um auf die Zerstörung der Umwelt und die Verletzung von Menschenrechten hinzuweisen, die durch den Handel mit Brasilien gefördert werden. 17 Forscherinnen und Forscher der Universität Göttingen haben sich dem Aufruf zu nachhaltigem Handeln angeschlossen. Er ist in der Fachzeitschrift Science erschienen.

 

Die Transformation des brasilianischen Regenwalds hat schon seit einiger Zeit zu gewaltsamen Konflikten mit der dort lebenden Bevölkerung geführt. Die Gewalt habe in letzter Zeit aber dramatische Ausmaße angenommen, so die Autorinnen und Autoren, und mindestens neun Personen seien seit Beginn diesen Monats durch diese Konflikte zu Tode gekommen. Zudem würden gewaltige Mengen Kohlendioxid freigesetzt und zahlreiche Arten aussterben, so die Kritik.

 

„Die EU ist Weltmarktführer beim Import von Gütern, die infolge dieser Entwaldung entstanden sind“, sagt Prof. Dr. Teja Tscharntke, Leiter der Abteilung Agrarökologie der Universität Göttingen und Mitunterzeichner. „Der EU-Handel mit Brasilien fördert den Klimawandel und verletzt die Menschenrechte.“ Allein die Importe zwischen 1990 und 2008 entsprächen einem Waldverlust in Größe der Landfläche Portugals. Die EU habe 2017 Tiernahrung im Wert von mehr als zwei Milliarden Euro importiert – ohne zu wissen oder sich darum zu kümmern, ob die Produktionsfläche aus zerstörtem Regenwald oder durch Konflikte mit indigenen Gruppierungen entstanden ist, kritisieren die Autoren. Brasilianischer Regenwald in der Größe von mehr als einem Fußballfeld sei jede Stunde im Zeitraum zwischen 2005 und 2013 verschwunden.

 

Brasilien ist der zweitgrößte Handelspartner der EU, und die EU sollte Verantwortung für einen nachhaltigen Handel zeigen und ihre Ziele im Bereich Menschenrechte, Umweltschutz und Klimaschutz ernsthafter verfolgen, fordern die Autoren. Es sei wichtig, dass die EU Kriterien für nachhaltigen Handel definiere – in Zusammenarbeit mit den wichtigsten Interessensvertretern, darunter vor allem den indigenen Gruppierungen in Brasilien. Sônia Guajajara, Sprecherin von mehr als 300 brasilianischen indigenen Gruppen, sagt: „Europa und andere Märkte in der Welt müssen lernen, ihre Macht als Verbraucher einzusetzen.“ „Wir wollen verhindern, dass die EU durch ihre Importe Entwaldung unterstützt und sie stattdessen Weltmarktführer beim nachhaltigen Handel wird“, sagt die Erstautorin Dr. Laura Kehoe, Postdoktorandin an der Universität Oxford. „Wir schützen Wälder und Menschenrechte bei uns zuhause, warum folgen wir anderen Regeln, wenn es um den Import geht?”

 

Originalveröffentlichung: Dr. Laura Kehoe et al. Indigenous groups and scientists call for strict EU trade policy with Brazil.  Science (2019). Doi: http://science.sciencemag.org/cgi/doi/10.1126/science.aaw8276

 

Kontakt:

Prof. Dr. Teja Tscharntke

Georg-August-Universität Göttingen

Fakultät für Agrarwissenschaften

Department für Nutzpflanzenwissenschaften – Abteilung Agrarökologie

Grisebachstraße 6, 37077 Göttingen

E-Mail: ttschar@gwdg.de

www.agroecology.uni-goettingen.de