Agrarwissenschaftlichen Fakultät

Die Ursprünge der agrarwissenschaftlichen Lehre an der Universität Göttingen gehen auf das Jahr 1767 zurück, als die Landwirtschaftswissenschaft als Teildisziplin in den Lehrstuhl für Kameralistik aufgenommen wurde. Im Wintersemester 1767/ 68 folgte eine erste Vorlesung über die »Anfangsgründe der Landwirtschaft«. Ebenfalls im Jahr 1768 wurde der Versuchsgarten für relevante Gewächse und Pflanzen für die Landwirtschaft errichtet, womit neben den ökonomischen Lehrschwerpunkt die praktische Veranschaulichung des Lehrstoffes trat. Der Versuchsgarten wurde allerdings im Jahr 1815 aufgegeben und die Verbindung von theoretischer und praktischer Ausbildung sowie die Aussicht auf pflanzenbaulich-ökonomische Forschung vorübergehend beendet.

Ostern 1851 wurde allerdings in Weende wenige Kilometer nördlich von Göttingen ein erster landwirtschaftlicher Lehrkursus eröffnet, für welchen erstmals ein Fachwissenschaftler für die gesamten Gebiete der Landwirtschaft berufen wurde. Die Umbenennung dieses Lehrkursus in »Königlich Hannoversche Landwirtschaftliche Akademie zu Göttingen-Weende« erfolgte 1857 und sollte die erneute Zusammenführung von theoretischer Ausbildung und praktischer Tätigkeit hervorheben. Nachfolgend rückte die Akademie näher an die Universität, denn die an der Universität gelehrten Naturwissenschaften sowie die Nationalökonomie wurden zu wichtigen Stützen des Agrarstudiums. Jedoch stieg die Zahl der Studenten zwischen 1850 und 1900 nur langsam von vier auf 40 Studenten.

Im Jahr 1872 wurde die Akademie in ein Landwirtschaftliches Institut umgewandelt. Zeitgleich schuf der Direktor des Instituts, Gustav Drechsler, einen Studiengang der Landwirtschaft über fünf Semester. Der neue Studienaufbau fand seinen Schwerpunkt in den Naturwissenschaften und baute auf eine enge Zusammenarbeit mit dem Institut für Tierheilkunde, der Versuchsstation für Tierernährung und dem Institut für Agrikulturchemie. Auch die Betriebslehre nahm eine wichtige Stellung ein und wurde durch Sondervorlesungen hervorgehoben. Nur die Volkswirtschaftslehre stand ohne sichtbare Verbindung neben den sonstigen Studienfächern. Das Studium setzte die Immatrikulation an der Universität voraus. Die Anzahl der Studierenden änderte sich allerdings nur geringfügig.

Die Spezialisierung innerhalb der Landwirtschaftswissenschaft begann 1901 mit der Errichtung des Instituts für landwirtschaftliche Bakteriologie. 1920 folgte das Institut für Betriebswirtschaftslehre, 1922 dann die Institute für Tierzucht und Molkereiwesen, für Pflanzenbau und für Bodenkunde. Sie wurden der neu geschaffenen Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät zugeordnet. Neben einem viersemestrigen Studium für praktische Landwirte wurde nun ein Diplomstudium von sechs Semestern vorgesehen.

Wie viele andere Fächer nahm auch die Landwirtschaft nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs einen wesentlichen Aufschwung. Im Jahr 1952 bildete sich aus den bereits existierenden landwirtschaftlichen Disziplinen die Fakultät für Agrarwissenschaften und löste sich somit aus der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät. Das Ziel war eine stärkere Einbeziehung der Agrarökonomie in Lehre und Forschung. Zugleich wurden neue Lehrstühle und Institute eingerichtet – beispielsweise 1954 das Institut landwirtschaftliche Marktlehre. In den 1960er Jahren setzten die Agrarwissenschaften an der Uni Göttingen neben die europäische auch die tropische und subtropische Landwirtschaft als Forschungsschwerpunkt. Die Zahl der Professoren und Dozenten stieg auf 40 Personen und die der Studenten auf ca. 400– im WiSe 1986/ 87 waren es dann bereits 73 aktive Professoren und Dozenten und ca. 2400 Studenten.

  • Becker, Heinrich; Schmitt, Günther: Die Entwicklung der Agrarwissenschaften an der Georg-August-Universität zu Göttingen, in: Becker, Heinrich; Schmitt, Günther (Hrsg.): Die Geschichte der Verfassung und der Fachbereiche der Georg-August-Universität zu Göttingen, Göttingen 1994, S. 240–158.
  • Tornau, Otto: Die Entwicklung der Landwirtschaftswissenschaft in Göttingen, in: Zeitschrift für Agrargeschichte und Agrarsoziologie 6/2, 1958, S. 148–155.