„Gerecht sorgen” – Verständigungsprozesse über einen gerechten Einsatz knapper Ressourcen bei Patienten am Lebensende (1. Juni 2012)

Viele Menschen sterben heute im hohen Alter und nach längerer chronischer Erkrankung. Aufgrund des medizinischen Fortschritts ist es möglich, menschliches Leben selbst unter sehr prekären Bedingungen zu erhalten, so dass schwierige Entscheidungen über den weiteren Therapieverlauf zu fällen sind.

Angesichts der Endlichkeit der zur Verfügung stehenden Ressourcen werden mit diesen Entscheidungen auch heikle Fragen der Verteilungsgerechtigkeit aufgeworfen. Die Versorgung in der letzten Lebensphase ist besonders kostenintensiv. Wenn beispielsweise in der Intensivmedizin oder der Onkologie zusehends sehr teure Behandlungen zur Verfügung stehen, kommt es zu einer Konkurrenzsituation, die eine implizite, d.h. ungeregelte Rationierung am Krankenbett zur Folge hat. Welche Kriterien werden dabei herangezogen? Welche sollten aus medizinischer, rechtlicher, ökonomischer und ethischer Sicht zugrunde gelegt werden? Was heißt, angesichts knapper Ressourcen eine „gerechte“ und „sorgende“ Gesellschaft zu sein (Leonard M. Fleck)?

Zentrale Themen, die im Workshop aus Sicht unterschiedlicher wissenschaftlicher Disziplinen und auf der Grundlage von Einführungs- und Ko-Referaten diskutiert werden, sind: Wo stellen sich die Probleme heute? In welchem Verhältnis stehen Selbstbestimmung der Patienten, Fürsorge und Verteilungsgerechtigkeit? Was heißt, in Würde zu sterben? Haben Menschen am Lebensende einen besonderen Status und sollten darum alle die zur Verfügung stehenden Behandlungen erhalten? Dürfen Kosten und Kosteneffektivität bei Lebensende-Entscheidungen überhaupt eine Rolle spielen? Sollten junge Patienten bevorzugt behandelt werden? Kann die Bestimmung der Vergeblichkeit (futility) von Maßnahmen weiterhelfen? Wie steht es schließlich um die politische Legitimierung von Rationierungsentscheidungen?

Der Workshop wurde initiiert von Prof. Dr. Gunnar Duttge (Institut für Kriminalwissenschaften, Assoziierter 2011/2012) und PD Dr. Markus Zimmermann-Acklin (Fellow 2011/2012).