Forschungsprojekt
Wohlfahrtsstaat und soziale Exklusion – Institutionelle Logiken der Arbeitslosensicherung und Sozialhilfe in Großbritannien und Deutschland

In den letzten Jahren hat das Konzept soziale Exklusion breite Beachtung in der soziologischen Theorie, in der empirischen Sozial- und Sozialpolitikforschung sowie in der politischen Arena gewonnen. Soziale Exklusion umschreibt neue Formen gesellschaftlicher Spaltung und sozialer Ungleichheit, die durch Umbrüche in der Erwerbsarbeit, die Erosion sozialer Sicherung sowie die zunehmende Instabilität und Diversität von Haushaltsstrukturen hervorgebracht werden und zur Ausgrenzung von Individuen oder Gruppen aus zentralen Instanzen gesellschaftlicher Teilhabe führen.
Der Wohlfahrtsstaat stellt eine mögliche Kompensationsinstanz sozialer Exklusion dar, da durch sozialpolitische Maßnahmen soziale Exklusionsdynamiken unterbrochen und gesellschaftliche Teilhabe sichergestellt werden kann. Gleichzeitig bildet der Wohlfahrtsstaat aber ein eigenständiges Moment der Strukturierung von gesellschaftlichen Ausgrenzungsprozessen.
Vor dem Hintergrund der wissenschaftlichen Debatten um soziale Exklusion und des Forschungstandes der Wohlfahrtsstaatsforschung unternimmt das Dissertationsprojekt eine Konzeptualisierung des Verhältnisses von Wohlfahrtsstaat und sozialer Exklusion und untersucht die Strukturierungslogiken wohlfahrtsstaatlicher Institutionen anhand zweier, für die Vermeidung und Überwindung sozialer Exklusion zentraler Sicherungssysteme: Die Arbeitslosensicherung und Sozialhilfe in Großbritannien und Deutschland werden darauf hin untersucht, wie sie soziale Exklusionsprozesse strukturieren, wie ihre Fähigkeit zur Kompensation sozialer Exklusion einzuschätzen ist und wie sich das Inklusionspotenzial der beiden Sicherungssysteme im Zuge wohlfahrtsstaatlichen Wandels verändert.
Grundlage der Forschung sind die rechtlichen und institutionellen Regelungen des Zugangs, der Leistungsstruktur sowie der Operationsmodi der sozialen Sicherungssyteme in den beiden Ländern sowie statistische Daten über Kompensations- und Strukturierungseffekte der beiden Systeme. Der Vergleich des liberal-residualen Wohlfahrtsregimes Großbritanniens mit dem konservativ-korporatistischen System der BRD dient der Identifizierung regimespezifischer Unterschiede in den Strukturierungslogiken, soll aber auch Aufschluss darüber geben, ob und inwiefern wohlfahrtsstaatlicher Restrukturierungsprozesse zu Konvergenzen führen.