Trump and Trade - Wirtschaftspolitik in Zeiten des Populismus und Protektionismus

Seit der Amtseinführung im Januar 2017 ist Donald Trump mit Ankündigungen zu vernehmen gewesen, dass er sich für mehr Exporte aus den USA und für weniger Importe in die USA einsetzen werde. Handelsbeziehungen mit Staaten, die gegenüber den USA einen Exportüberschuss aufweisen, werden von ihm tendenziell als unfair beurteilt. Diese Ankündigungen bedeuten eine Veränderung der US-amerikanischen Positionierung in Fragen des Welthandels, die in der jüngeren Vergangenheit eher durch eine grundsätzliche Befürwortung der Vertiefung von Handelsbeziehungen gekennzeichnet war. Diese auch populistisch motivierte Neupositionierung stellt eine Herausforderung für die Wirtschaftspolitik gerade auch exportorientierter Staaten wie Deutschland dar.
Moderiert durch Prof. Dr. Robert Schwager (cege, Universität Göttingen) diskutierten am 20. Juni 2017 Prof. Dr. Peter-Tobias Stoll (cege, Universität Göttingen), Prof. Dr. Krisztina Kis-Katos (cege, Universität Göttingen) und Prof. Dr. Johannes Becker (Universität Münster) unterschiedliche Aspekte dieses Themenkomplexes.
In seinem einleitenden Statement erläuterte PeterTobias Stoll die Kompetenzen des US-amerikanischen Präsidenten sowie der USA im zwischenstaatlichen Verhältnis. So ist die Stellung des amerikanischen Präsidenten in Handelsfragen im Zeitablauf gegenüber dem Kongress immer stärker geworden. Die USA unterliegen zum einen den Regeln der WTO, zum anderen dem NAFTA-Vertrag mit Kanada und Mexiko. Die Regeln der WTO sind aus der Perspektive der USA kaum änderbar, die Mitgliedschaft wäre grundsätzlich aber kündbar. Der NAFTA-Vertrag ist einseitig kündbar, Präsident Trump hat bereits angekündigt, den NAFTA-Vertrag vor diesem Hintergrund neu verhandeln zu wollen. Der Aufbau der Verwaltung der neuen Regierung verläuft insgesamt schleppend, dadurch auch der Aufbau von Kompetenz in Handelsfragen. In der politischen Betrachtung der Handelsbeziehungen werden Dienstleistungen durch die neue Administration weitgehend vernachlässigt. Der Fokus liege stattdessen auf den traditionellen Industrien. Insgesamt sei die Außen- und Handelspolitik schon immer durch den Widerspruch gekennzeichnet, dass die USA zwar wesentlich zum Aufbau internationaler Organisationen wie UNO, Weltbank und WTO beigetragen haben, selbst jedoch einer internationalen Bindung der eigenen Außen- und Handelspolitik zögerlich gegenüberstünden. Über große Teile der US-amerikanischen Geschichte sei die Handelspolitik auch eher protektionistisch ausgerichtet gewesen.
Krisztina Kis-Katos verwies in ihrem Beitrag darauf, dass der individuelle Eindruck, durch Freihandel profitiert zu haben, zwischen Anhängern der Demokraten und Anhängern der Republikaner deutlich divergiert. So gibt es bei Anhängern der Demokraten deutlich höhere Zustimmungsraten zum Freihandel als bei Anhängern der Republikaner. Generell dürfe nicht vergessen werden, dass nicht nur der Außenhandel in den USA Treiber des Strukturwandels und damit Ursache für Verschiebungen auf dem Arbeitsmarkt ist. Neben Importen und Arbeitsmarktkonkurrenz durch Migration haben die Automatisierung in der Produktion sowie der generelle Wandel hin zur Dienstleistungsgesellschaft den Arbeitsmarkt beeinflusst.
Johannes Becker erläuterte die bislang absehbaren steuerpolitischen Pläne der neuen US-Regierung. Diese zielen insbesondere auf Steuersenkungen für mittlere Einkommen ab, sowie auf eine Senkung der Steuerlast auf Kapitaleinkommen und für Unternehmen. Ein Kernelement seit außerdem das Ende der Welteinkommensbesteuerung. Die Mehrwertsteuer gilt allgemein als eine effiziente Form der Steuererhebung, genau deswegen sei sie jedoch bei Anhängern der Republikaner unbeliebt, weil sie insgesamt höhere Steuerbelastungen und einer höhere Staatstätigkeit ermögliche. Die Durchsetzbarkeit dieser Vorstellungen wird durch die erwartbaren Aufkommensverluste bedroht. Hauptgewinner einer solchen Reform wären Unternehmer (wie Präsident Trump vor seiner Präsidentschaft einer war). Fraglich sei, ob diese Vorstellungen den Prioritäten der US-amerikanischen Probleme entsprächen. Durch derartige Reformen könnte auch für Europa der Steuerwettbewerb steigen und die Attraktivität von Mitgliedstaaten mit tendenziell niedriger Besteuerung, wie z. B. Irland, erhöhen.
Die sich an die anschließenden Fragen aus dem Publikum drehten sich um Aspekte wie die ökonomischen Konsequenzen eines stärkeren Protektionismus. Die Podiumsteilnehmer stellen heraus, dass die Verluste für Konsumenten um ein Vielfaches höher wären als gegebenenfalls höhere Gewinne für Unternehmen – die Volkswirtschaft also insgesamt schlechter dastünde. Darüber hinaus könnten durch eine protektionistische Politik über die Gegenreaktionen anderer Staaten insbesondere die exportorientierten Unternehmen in den USA Nachteile erleiden. Aus den gleichen Gründen würde allerdings auch eine Eskalation durch eine verstärkte protektionistische Politik in anderen Staaten ihren Volkswirtschaften erhebliche Kosten aufbürden, da sie letztlich auch wieder zulasten der dortigen Konsumenten ginge.
Im Anschluss an die offizielle Veranstaltung klang der Abend noch bei Gesprächen in kleinen Gruppen in informellem Rahmen bei Laugengebäck und kühlen Getränken aus.