Die Echte Walnuss. Jupiters Eichel - wiederentdecken in Natur und Kultur

Von CORINNA GÜNZEL

Leinen gebunden, 17,5 × 24,5 cm, 188 Seiten, 154 Abbildungen, 1 Tabelle, Rockstuhl Verlag, Bad Langensalza 2020, Preis: 29,95 €, ISBN 978-3-95966-550-6.

Monographien über einzelne Gattungen, Pflanzen oder wie in diesem Fall einem Baum befassen sich in der Regel mit der rein botanischen Beschreibung/Betrachtung und sind in ihrem Stil meist eher sachlich betont. Von daher fällt diese Monographie schon etwas aus dem Rahmen. Natürlich wird auch hier der Baum, die Walnuss, botanisch korrekt in allen Details beschrieben usw. Darüber hinaus wird die Walnuss aber auch ganzheitlich betrachtet und umfassend in den verschiedensten Aspekten dargestellt. So wird z. B.im Anschluss an den botanischen Teil das kleine Ökosystem Walnussbaum mit seinen möglichen Bewohnern wie Flechten, Moosen, Kleinsäugern wie dem Eichhörnchen, Vögeln wie dem Buntspecht und anderen höhlenbrütenden Vögel bis hin zum lebenden Totholz, in dem holzzersetzende Pilze oder mullbewohnende Hirschkäfer usw. Leben, vorgestellt. Bemerkenswert, und das gilt für das gesamte Buch, ist die immer wieder interessante Darstellung und Detailfülle, mit der auch scheinbar kleinste Nebensächlichkeiten wie z. B. die Abwehrstrategien der auf Walnussbäumen lebenden Stöpselameise beschrieben werden.
Der größte Teil des Buches befasst sich mit der kulturellen Verbundenheit des Baumes mit uns Menschen, beginnend von der Jungsteinzeit bis in die Gegenwart, seiner Ausbreitung im Altertum durch die Ägypter, Perser und Römer, während im Mittelalter Karl der Große, der die Walnuss in seiner Landgüterverordnung aufgeführt hatte, zusammen mit den Mönchen für die weitere Verbreitung sorgte.
In weiteren Kapiteln wird z. B. der Einfluss des Nussbaumes auf unsere Mythologie und unser Brauchtum beschrieben, war er doch mitunter Gerichtsbaum, Heiligtum, aber auch ein Tanzplatz für Zauberweiber. Es sind die unglaublich vielfältigen Beziehungen und wechselseitigen Einflüsse, die das Auf und Ab der Nussbaumkultur in Deutschland prägen und in vielfältigster Art und Weise darstellen und oftmals mit alten Geschichten, Sprüchen und Zitaten erklärt werden. Rekordbaum-Jäger finden Informationen zu besonders großen und alten Nussbäumen der Vergangenheit, aber auch Angaben über besonders große Nussbäume der Gegenwart.
Sehr interessant ist auch die Geschichte der Walnusskultur. Walnüsse verbinden die meisten mit Frankreich oder Kalifornien, deren Kultur dort auch beschrieben wird. Aber wem ist schon bekannt, dass die Nussbaumkultur in Deutschland immer wieder mal Blütenzeiten hatte, das ewige Licht in den Kirchen oftmals aus Nussbaumöl gewonnen wurde oder Nüsse aus den Südwestdeutschen Weinbaugebieten mal ein echter Exportschlager gewesen sind und in großen Mengen z. B. bis nach London verschifft wurden? Allerdings werden auch der Niedergang der deutschen Nussbaumkultur durch die unterschiedlichsten
Ursachen und seine Auswirkungen auf die Landschaft sowie die gegenwärtige Situation beschrieben.
Ein besonderer Themenbereich ist die Walnuss als Heil- und Nutzpflanze. Walnüsse haben in Deutschland einen seit Jahren steigenden Absatz und werden nicht nur in Müslis, Backwaren, sondern auch als Öl, in Kosmetika und vielen anderen Produkten verwendet. Die Autorin versteht es, in klaren verständlichen Worten von der alten Signaturenlehre über neue wissenschaftliche Erkenntnisse die vielfältigen positiven Wirkweisen der in der Walnuss enthaltenden Antioxidantien auf unsere Gesundheit, insbesondere auf unser Gehirn und das Herz, zu erklären. Wer selbst einen Walnussbaum pflanzen will, wird sich über die beschreibende Sortenliste und Hinweise über Krankheiten und Schädlinge freuen. Sehr zu empfehlen ist auch das Kapitel „Selbstgemachtes“. Hier ist vor allem Omas Nusskuchen wirklich empfehlenswert!
Es folgt eine Internetliste für Walnussexperten im deutschsprachigen Raum, eine Zitatenliste, ein Bildquellennachweis und eine sehr umfangreiche Literaturliste.
Der erfrischende, mitunter auch emotional begeisternde Schreibstil der Autorin ist offenbar von einer seit der Kindheit positiven Verbundenheit mit der Walnuss geprägt. Ein Buch mit unglaublich vielen Fakten. Aber nie langweilig aufgezählt, sondern immer, aufgrund bester Recherche und mit dem Vermögen, auch scheinbar unwichtige Details interessant, abwechslungsreich, in einem plauderhaften Ton spannend erzählt. Ein sehr schönes, die ganze Bandbreite der Walnuss abdeckendes Buch, das nicht nur Lust auf die Nüsse, sondern auch auf das Pflanzen eines Walnussbaumes macht. Ein Buch, das man jedem interessierten Nuss- und Baumfreund wirklich empfehlen kann.

VOLKER MENG, Hannoversch Münden