Global Health

Die Gesundheit der Menschheit sowie die durchschnittliche Lebenserwartung haben sich im weltweiten Durchschnitt in den letzten Jahrzehnten dramatisch verbessert. Bei genauerer Hinsicht stellt man jedoch fest, dass sich diese Entwicklung nicht in allen Ländern gleichmäßig vollzogen hat. Darüber hinaus entstehen immer wieder neue Herausforderungen für die Gesundheit etwa durch zunehmendes Übergewicht in der Bevölkerung oder die Verbreitung von HIV-Infektionen.

Moderiert durch Prof. Dr. Silke Schicktanz (Universitätsmedizin Göttingen) diskutierten am 6. Juni 2017 Prof. Dr. Till Bärnighausen (Universitätsklinikum Heidelberg), Prof. Dr. Uwe Groß (Universitätsmedizin Göttingen), Prof. Dr. Holger Strulik (cege, Universität Göttingen), Prof. Dr. Sebastian Vollmer (cege, Universität Göttingen) unterschiedliche Aspekte des Themenkomplexes Global Health.
Eingangs präsentierte Sebastian Vollmer einige Fakten zur Entwicklung der globalen Gesundheitslage. Hierbei ging er insbesondere auf die positive Entwicklung der Lebenserwartung sowie die erfreuliche Verringerung der Mütter- und Kindersterblichkeit ein. Allerdings gebe es in einigen Teilen der Welt immer noch eine große Zahl vermeidbarer Todesfälle, etwa durch Malaria, Durchfallerkrankungen oder Schwangerschaft und Geburt. Zusätzlich breiten sich in Entwicklungsländern auch zunehmend nichtansteckende Erkrankungen wie Diabetes und Herzerkrankungen aus.
Im Anschluss daran stellte Till Bärnighausen Strategien vor, mit denen der Behandlungserfolg von HIV gesteigert werden kann, indem man Patienten dazu motiviert, sich testen zu lassen und möglichst frühzeitig an Behandlungsprogrammen teilzunehmen. Hierbei habe sich herausgestellt, dass zum einen das Wissen um die Erkrankung die Teilnahme an einem Behandlungsprogramm erhöht, zum anderen über die Nutzung von sozialer Reziprozität ein positiver Effekt erreicht werden kann.

Uwe Groß betonte in seinem Eingangsstatement seine Rolle als Arzt, der zunächst den einzelnen Patienten im Blick habe. Im Rahmen der Epidemiologie müsse man jedoch auch die Konsequenzen für das Umfeld des Patienten beachten oder gar weltweite Konsequenzen, da sich hochansteckende Krankheiten infolge der Globalisierung schnell weltweit verbreiten. In diesem Zusammenhang seien auch weltweit zunehmende Resistenzen gegen Antibiotika ein großes Problem.

Holger Strulik zeigte in seinem Kurzvortrag ökonomische Aspekte des Themas Global Health auf. So gelingt etwa historisch ein Einkommensanstieg pro Kopf erst mit der Verringerung der Kinderzahl pro Familie. Die Investitionen pro Kind steigen bei geringerer Kinderzahl an, sodass sich Ernährung und Gesundheit der Kinder verbessern. Am Ende zeigte Holger Strulik den Zusammenhang auf, dass mit steigendem Einkommen die Nachfrage nach Gesundheit und längerer Lebenszeit überproportional steige. Insofern sei ein Anstieg des Anteils der Gesundheitsausgaben am Bruttoinlandsprodukt zu erwarten und durch die Bürger auch gewünscht.

Im Anschluss an die einleitenden Statements leitete Silke Schicktanz die Diskussion ein. In diesem Teil der Veranstaltung wurden zahlreiche Themen auch unter reger Beteiligung der anwesenden Zuhörer diskutiert. Beispielsweise wurde der Zusammenhang zwischen Wissenschaft und Politik ausführlich beleuchtet. So ist in Fragen der Gesundheitspolitik die Politik zweifellos gefragt entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, gleichzeitig gelingt es der Wissenschaft nicht immer, Politiker von den richtigen Maßnahmen zu überzeugen. Häufig besteht auch schlicht zu wenig Kenntnis über die Präferenzen der Bevölkerung, in welchem Ausmaß sie zu Ausgaben für Gesundheitsmaßnahmen bereit ist und in welcher Weise man zwischen verschiedenen Maßnahmen priorisieren sollte, ob man etwa ein Kinderimpfprogramm durchführt oder Diabetes bekämpft.

Ebenfalls die Wirkung von Anreizen für gesundheitsbezogenes Verhalten wurde diskutiert. Diese könnten von Aufklärung über kleine Anreize ("Nudges") bis hin zu verpflichtenden Maßnahmen wie etwa einer Impfpflicht reichen.

Auf Nachfrage aus dem Publikum wurde ebenfalls die Rolle von Pharmaunternehmen diskutiert. So fürchten diese etwa, dass ihren Forschungskosten keine hinreichenden Erlöse aus dem Verkauf von Medikamenten nicht gegenüberstehen, wenn diese vor allem in einkommensschwachen Ländern eingesetzt werden. Darüber hinaus befürchten sie, dass ihre geistigen Eigentumsrechte in einigen Staaten nicht hinreichend geschützt werden. Dies habe mitunter Auswirkungen auf den Anreiz, Medikamente zu entwickeln, die in bestimmten Gegenden dringend benötigt würden.

Zum Abschluss der Diskussion stellte Silke Schicktanz die Frage, was man denn konkret tun könne, um etwas zum Thema Global Health beizutragen. Die Diskutanten betonten insbesondere die Rolle der praxisorientierten Forschung sowie die Wichtigkeit eines generellen Interesses für dieses Thema. Der einzelne Konsument könne allerdings nicht viel tun, da die Auswirkungen des Konsumverhaltens auf die globale Gesundheit in der Regel für ihn nicht durchschaubar seien. Man könne sich allerdings über gemeinnützige Organisationen informieren und dann zielgerichtet spenden.
Die Veranstaltung klang bei Laugengebäck, kühlen Getränken und zahlreichen Gesprächen in kleinen Gruppen aus.