Prof. Dr. Johan Leemans

Fellow von Februar 2011 bis Mai 2011
Dr., Professor für das Christentum in der Spätantike, Katholische Universität Leuven, Belgien

Geboren 1965 in Duffel, Belgien
Studium der Alten Geschichte, Religionswissenschaften und Theologie in Leuven

Forschungsvorhaben:
Aus der Sicht der Prediger. Homiletischer Diskurs und die Konstruktion christlicher Identität in der Spätantike (350-425 n. Chr.)

Im Laufe der Geschichte waren die Anhänger der spätantiken Christenheit (sowohl individuell als auch als Gemeinschaften) in einen fortwährenden Prozess der Identitätsfindung eingebunden, über den sie versuchten, Inhalt und Relevanz ihres Glaubens und deren Konsequenzen in Bezug auf ihr Leben zu bestätigen, zu definieren und weiterzuentwickeln. Ziel meiner Forschung ist es, die Rolle der frühen christlichen Predigten innerhalb dieses Prozesses zu erforschen. Um den Ablauf der Identitätsbildung zu verstehen, sind diese Texte von höchster Bedeutung. Erstens spiegeln sie eine Art der Kommunikation zwischen kirchlichen Leitern und „normalen Christen“ wider. Da man über die letztere Gruppe normalerweise wenig in den Quellen erfährt, bieten uns die Predigten – wenn auch aus der Sicht der Priester – einen Einblick in ihr Leben als Mitglieder der christlichen Gemeinschaft. Zweitens repräsentieren die Predigten – zumindest vom Standpunkt der Prediger – den Versuch, sowohl ein informatives als auch ein performatives Ziel zu erreichen. Der Prediger wollte nicht nur eine Information weitergeben, sondern mit seiner Predigt wollte er auch Einfluss auf das Leben seiner Zuhörer nehmen, um es zum Besseren zu verändern. Drittens müssen diese Predigten, als vorwiegend redebetonte, nach Musik klingende Texte, Augen und Ohren der spätantiken Zuhörerschaft, die die öffentliche Rede besonders wertschätzte, leicht erreicht haben. Von den hunderten frühchristlichen Predigten, die noch erhalten sind, werde ich mich vor allem mit den griechischen Festpredigten beschäftigen, die an Festtagen vorgetragen wurden. Das Hauptaugenmerk wird auf den Reden zum Lob der Märtyrer liegen: in den Predigten in Gedenken an oft schon sehr lange verstorbene Heilige scheinen zeitgenössische Kontexte und seelsorgerische Aufgaben durch: das Interesse der Priester lag nicht in der Vergangenheit sondern in der Gegenwart und Zukunft seiner Gemeinde.


Ausgewählte Publikationen

Leemans, J. 2007. Grégoire de Nysse et Julien l’Apostat. Polémique antipaïenne et identité chrétienne dans le Panégyrique de Théodore. Revue des Etudes Augustiniennes et Patristiques 53 : 15-33.

Leemans, J. 2006. ‘At that Time the Group around Maximian Was Enjoying Imperial Power’: A Possible Interpolation in Gregory of Nyssa’s Homily in Praise of Theodore the Recruit. Journal of Theological Studies 57: 158-163.

Leemans, J. 2005. Style and Meaning in Gregory of Nyssa’s Panegyrics on Martyrs. Ephemerides Theologicae Lovanienses 81: 109-129.

Leemans, J. 2003. « The Idea of “Flight from Persecution” in the Alexandrian Tradition from Clement to Athanasius” in L. Perrone, P. Bernardino and D. Marchini (eds.): Origeniana Octava. Origen and the Alexandrian Tradition. Papers of the 8th International Origen Congress, Pisa, 27-31 August 2001 (BETL, 164). Leuven: Leuven University Press and Peeters, pp. 901-910.

Leemans, J., Mayer, W., Allen, P. and B. Dehandschutter. 2003. ‘Let us Die That We May Live’: Greek Homilies on Christian Martyrs. London/New York: Routledge.