Qualifizierungskonzept des Kollegs

Praxiskomponente

Das GRK geht von der Überzeugung aus, dass die Stärkung des praxisbezogenen Forschungsanteils die Qualität der Arbeiten, deren Untersuchungszeitraum in die unmittelbare Gegenwart fällt, erhöht. Die Promotionsprojekte werden sich mit dem Wechselverhältnis zwischen den neuen Medienformaten und den sozialen Praktiken der literarischen Produktion, Vermittlung und Rezeption in literarischen Institutionen beschäftigen. Um diese Ausrichtung der Dissertationsvorhaben zu unterstützen, werden Praxiseinheiten in das Qualifizierungskonzept des Kollegs integriert. Hierfür sprechen verschiedene Gründe.
Da mit der Literatur und ihrer Vermittlung im digitalen Zeitalter besonders aktuelle und noch nicht abgeschlossene Phänomene untersucht werden, liegt es nahe, qualifizierende Forschungspraktika zu integrieren: Ohne Aufenthalte in literaturvermittelnden Institutionen ist es kaum möglich, dieses dynamische Feld gegenwärtiger literarischer Kultur auf angemessene Weise und zeitnah zu erforschen, will man sich nicht allein retrospektiv mit Phänomenen beschäftigen, die im Grunde schon wieder veraltet sind. Zudem ist zum wissenschaftlichen Verständnis der Produktions-, Rezeptions- und Vermittlungsformen ein Prozesswissen notwendig, z.B. Wissen über konventionelle Abläufe zwischen den Abteilungen der literaturvermittelnden Institutionen, Hierarchiestrukturen und die Vernetzung mit anderen Institutionen. Dieses forschungsrelevante Wissen soll durch mindestens ein obligatorisches Praktikum und vertiefende Lehrveranstaltungen zugänglich gemacht werden.
In ihrem dritten Semester werden die Kollegiat/innen daher ein ca. sechsmonatiges Praktikum in einer literaturvermittelnden Institution absolvieren, die jeweils nach Passung zum Projekt ausgewählt wird. Für diese Praktika konnte eine Reihe von Kooperationspartnern aus dem Literaturbetrieb gewonnen werden. Renommierte Verlage und andere namhafte literaturvermittelnde Institutionen unterstützen das Kolleg entweder durch die Bereitstellung von Praktikumsplätzen oder durch die Vermittlung von Praxiswissen im Rahmen des Studienprogramms.
Während ihres Praktikums erwerben die Kollegiat/innen Kenntnisse, die sie für ihre jeweiligen Dissertationsprojekte zur Recherche, zur Durchführung von Experteninterviews und v.a. zum Erwerb von Prozesswissen durch konkrete Mitarbeit in der jeweiligen Institution nutzen. Damit die Kollegiat/innen die Praktikumszeit des Praktikums optimal nutzen können, wird die Gesamtpromotionsdauer im Kolleg von max. drei auf max. dreieinhalb Jahre verlängert.

Betreuungskonzept

Das GRK stellt einen hohen inhaltlichen und methodischen Anspruch an die Dissertationsprojekte. Dieser Anspruch des Forschungsgegenstandes erfordert eine enge und intensive Betreuung, um die wissenschaftliche Qualität und den Abschluss der Projekte in der Förderdauer sicherzustellen. Aus diesem Grund wird jedes Dissertationsprojekt zu vergleichbaren Anteilen von zwei Professor/innen betreut. In diesem Betreuungsverhältnis wird jeweils ein Arbeitsplan aufgestellt, der Abgabefristen für die einzelnen Kapitel der Dissertation in vorläufigen Fassungen enthält. Die Einhaltung dieser Fristen wird von den Betreuern überprüft, die einzelnen Kapitel werden regelmäßig gegengelesen und mit den Promovierenden besprochen. Die Rechte und Pflichten der Betreuer/innen und Doktorand/innen regelt ein Betreuungsvertrag (Promotionsvereinbarung), den alle Beteiligten zu Beginn des Betreuungsverhältnisses unterzeichnen.
Darüber hinaus nehmen die Promovierenden an den regelmäßigen Doktorandenkolloquien ihrer zwei Betreuer/innen teil, in deren Rahmen sie ebenfalls Ergebnisse präsentieren können, um so auch den fachinternen Austausch mit Promovierenden außerhalb des GRKs zu fördern. Eine externe Qualitätssicherung der Betreuung erfolgt ferner durch die Graduiertenschule für Geisteswissenschaften Göttingen (GSGG): Während der Förderlaufzeit sind sowohl Doktorand/innen als auch Betreuer/innen verpflichtet, der Graduiertenschule über das Betreuungsverhältnis und die Fortschritte der jeweiligen Promotionsprojekte zu berichten.
Kernstück des Betreuungskonzepts sind die jedes Semester stattfindenden Bilanzkolloquien. Während einer dreitägigen Klausurtagung wird hier den Kollegiat/innen ein Forum bereitgestellt, auf dem sie ihre Arbeit präsentieren und im Plenum mit allen beteiligten Professor/innen und Nachwuchswissenschaftler/innen diskutieren und verteidigen. Die intensiven Arbeitstagungen tragen darüber hinaus erfahrungsgemäß erheblich zur Konstituierung des Kollegs als Gruppe, zum Abbau von internen Hierarchien und zur Selbstdisziplinierung beim Ausarbeiten der Dissertationen bei.

Karriereförderung

Zu den Zielen des GRKs gehört es, wissenschaftliche Kompetenz zu vermitteln, die die Kollegiat/innen für Karrieren in der Forschung und im außeruniversitären Bereich gleichermaßen qualifiziert. Die Maßnahmen zur Karriereförderung beziehen sich entsprechend auf Karrieren in der Wissenschaft und auf eine berufliche Laufbahn in den Institutionen des Literaturbetriebs.
Karrieren in der Wissenschaft: Das Studienprogramm des GRKs enthält über die strukturierte Forschungstätigkeit hinaus zwei Komponenten, die eine wissenschaftliche Karriere fördern: Interessierte Kollegiat/innen können Erfahrungen im Wissenschaftsmanagement sammeln (Organisation von Tagungen und Vortragsreihen), und sie können sich in der universitären Lehre erproben. Darüber hinaus werden sie ermutigt, an nationalen und internationalen Tagungen mit eigenen Beiträgen teilzunehmen. Weil sich die Anforderungen an das ‚Publikationsverhalten‘ von Nachwuchswissenschaftler/innen in den letzten Jahren auch in den Geisteswissenschaften grundlegend geändert haben, möchten wir außerdem geeigneten Kandidat/innen die Möglichkeit geben, qualitativ hochwertige Forschungsbeiträge zu publizieren. Dabei soll zugleich ein Bewusstsein für die Qualität wissenschaftlicher Arbeiten geschult werden.
Karrieren im Feld der Literaturvermittlung: Erfahrungsgemäß findet lediglich eine geringe Anzahl an in GRKs geförderten Promovierenden eine Stelle in der Wissenschaft – sei es aufgrund der schlechten Stellensituation für Nachwuchswissenschaftler/innen in Deutschland, sei es aufgrund andersgelagerter Interessen oder Eignungen. Das GRK eröffnet mit seinem breiten Angebot an Kontakten zu hochrangigen Multiplikatoren des Literaturbetriebs die Möglichkeit, sich bereits während der Qualifikationsphase außerhalb des akademischen Umfelds beruflich zu vernetzen und an diese Kontakte nach erfolgreichem Abschluss der Dissertation anzuknüpfen. Insbesondere in der Abschlussphase der Promotion bieten die Beratungsgespräche mit den Betreuer/innen die Gelegenheit, individuelle Karriereoptionen zu erörtern (kolleginternes Mentoring).