SoSe 2002

Lehrveranstaltungen von Prof. Dr. Rebekka Habermas


  • Vorlesung: Die Entstehung des modernen Rechts- und Verwaltungsstaates

    Im Laufe des 18. Jahrhunderts werden eine Reihe ehrgeiziger Reformen eingeleitet, die es sich zum Ziel gesetzt haben, die Verwaltung effizienter zu gestalten. Auch wird der Ruf nach Rechtsreformen immer lauter: Gerade im Deutschen Reich, in dem viele hundert unterschiedliche Rechtsgebiete nebeneinander existieren, scheint eine Vereinheitlichung etwa der Gesetze dringend geboten; auch ist man um mehr Gleichheit vor dem Recht bemüht. Mit dem "Allgemeinen Preußischen Landrecht" in Preußen und dem "Code civil" in Frankreich nehmen diese Forderungen konkret Gestalt an. Im Laufe des 19. Jahrhunderts kam es schließlich zu einer ganzen Reihe von Verwaltungs- und Rechtsnormen ? erinnert sei an die großen preußischen Reformen im Bildungswesen wie auch im Gerichtswesen, aber auch an die Verwaltungsreformen unter Montgelas ?, die allesamt mehr Effizienz anstrebten und gleichzeitig von den neuen Vorstellungen von Einheitlichkeit und Gleichheit vor dem Gesetz getragen waren. Kurzum: der moderne Verwaltungs- und Rechtsstaat entsteht. Im Rahmen der Vorlesung soll seine Entwicklung nachgezeichnet werden, wobei ein besonderes Augenmerk auf die Frage gelegt wird, wie die großen Reformvorhaben in der Praxis durchgesetzt wurden und welche Wirkung sie vor Ort zeitigten ? ob sie tatsächlich im Sinn von Max Weber als klassische Modernisierungsprozesse zu beschreiben sind und damit zu mehr Effizienz, Einheitlichkeit und Gleichheit führten.

    Literatur: Reinhart Koselleck, Preußen zwischen Reform und Revolution, Stuttgart 1967; Joachim Eibach, Der Staat vor Ort. Amtsmänner und Bürger im 19. Jahrhundert am Beispiel Badens, Frankfurt a.M./New York 1994; Lutz Raphael, Recht und Ordnung. Herrschaft durch Verwaltung im 19. Jahrhundert, Frankfurt a.M. 2000.



  • Hauptseminar: Stadt und städtische Gesellschaft im 18. Jahrhundert

    Im Mittelpunkt des Seminars steht die Frage nach den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Strukturen des städtischen Lebens und wie sich diese im Laufe des 18. Jahrhunderts veränderten. Neben der Untersuchung verschiedener Stadttypen ? Marktstädte, Freie Reichsstädte, Residenzstädte und Universtitätsstädte ? und den damit jeweils verbundenen unterschiedlichen Kommunalverfassungen wird es darum gehen, die Stadt als Wirtschaftsraum in den Blick zu nehmen. Dann sollen die städtebaulichen Veränderungen und der damit einhergehende Wandel des Wohnens untersucht werden. Schließlich werden die verschiedenen städtischen Bevölkerungsgruppen ? vom Patriziat bis zu den Unterschichten ? analysiert. Ebenso wird nach den Wahrnehmungen von der Stadt wie nach genuin städtischen Erfahrungen zu fragen sein.

    Literatur: Leonardo Benevolo, Die Stadt in der europäischen Geschichte, München 1993; Gotthard Frühsorge u.a. (Hg.), Stadt und Bürger im 18. Jahrhundert, Marburg 1993.



  • Oberseminar: Geschlechtergeschichte

    In den letzten 20 Jahren hat sich die Frauen- in Richtung einer Geschlechtergeschichte entwickelt. Diese Entwicklung soll entlang der Lektüre zentraler Theorietexte nachgezeichnet werden. Überdies sollen die sich aus diesen Theoriedebatten ergebenden thematischen Weiterungen des Forschungsfeldes untersucht werden. So soll beispielsweise nach den Möglichkeiten und Grenzen einer geschlechtergeschichtlichen Politik-, Verwaltungs- und Rechtsgeschichte gefragt werden. Überdies wird zu erörtern sein, inwiefern diese Debatten, aber auch die zahlreichen mittlerweile vorliegenden geschlechtergeschichtlichen empirischen Studien die sogenannte allgemeine Geschichte verändert haben.

    Literatur: Hans Medick/Anne-Charlott Trepp (Hg.), Geschlechtergeschichte und allgemeine Geschichte. Herausforderung und Perspektiven, Göttingen 1998.



  • Prof. Dr. Rebekka Habermas/Prof. Dr. Bernd Weisbrod
    Forschungskolloquium zur Neueren und Neuesten Geschichte





Lehrveranstaltungen von PD Dr. Thomas Klingebiel


  • Vorlesung: Geschichte der Entdeckungen im 15. und 16. Jahrhundert

    Die systematisch angelegte Vorlesung hat eine doppelte Zielsetzung: Sie will zunächst in Grundzügen über die Voraussetzungen, Umstände und Wirkungen der maritimen Entdeckungsgeschichte der europäischen Länder informieren. Anschließend sollen die Interpretamente und narrativen Traditionen der Entdeckungsgeschichtsschreibung und der historischen Kartographie des 19. und 20. Jahrhunderts überprüft werden.



  • Seminar für fortgeschrittene Anfänger zur Vorbereitung auf die ZP: Die Suez-Krise (1956)

    Das Seminar dient der Vorbereitung auf die Zwischenprüfung. Inhaltlich beschäftigt es sich mit der Suez-Krise des Jahres 1956, ihren Voraussetzungen und Folgen. Es wird vornehmlich mit Quellen und Literatur in englischer Sprache gearbeitet werden.



  • Hauptseminar: Fürst und Fürstin im 16. und 17. Jahrhundert

    Die Ansätze und Fragestellungen der Geschlechtergeschichte haben in den letzten Jahren nicht wenig dazu beigetragen, selbst vertraut scheinende Gegenstände der Geschichtsschreibung auf eine neue Weise in den Blick zu nehmen. Dies gilt auch für die Fürstin der Frühen Neuzeit, die den Historikern des 19. und frühen 20. Jahrhunderts gewöhnlich als Projektionsfläche eines romantischen Frauenbilds gedient hat. Das Hauptseminar zielt indes nicht nur darauf ab, die altbekannten historiographischen Bilder zu dekonstruieren, sondern will auf vergleichendem Weg und mit breitem methodischen Zugriff die Chance zu einem verbesserten Verständnis der im Verhältnis zum Fürsten komplementären Rolle und Stellung einer Fürstin im patrimonialen Haushalt des frühneuzeitlichen Fürstenstaats eröffnen.



  • PD Dr. Thomas Klingebiel/Michaela Fenske
    MA-Proseminar: Adelige Lebenswelten in der Frühen Neuzeit


    Schlösser, Landschaftsgärten, höfische Feste ? die privilegierte Stellung des Adels innerhalb der frühneuzeitlichen Gesellschaft war Grundlage einer pompösen Inszenierung adeliger Macht. Der verschwenderische Reichtum etwa am Hofe des französischen Sonnenkönigs hat das allgemeine Bild von der Adelskultur der Frühen Neuzeit geprägt. Daß dies Bild nur für einen kleinen Teil des Adels, nämlich den Hochadel, Gültigkeit hatte und daneben andere Formen adeligen Lebens existierten, wird dagegen oft übersehen. Zur adeligen Lebenswelt gehörte auch, daß ein Teil des Adels mitunter recht mühevoll ein standesgemäßes Einkommen verdiente, mit Pfennigen fuchste und geflickte Mantelärmel trug. Die Alltagskultur dieses niederen Adels wird Gegenstand des Proseminars sein. Anhand regionaler Quellenbeispiele wird die adelige Lebenswelt aus unterschiedlichen Perspektiven ? die Umsetzung adeliger Herrschaft im Alltag, Familie, Haushalt, Wirtschaften, Wohnen, Nahrung, Kleidung oder Körperpflege ? beleuchtet. Das Proseminar ist eine Gemeinschaftsveranstaltung des Seminars für Mittlere und Neuere Geschichte und des Seminars für Volkskunde. Es ist im Schnittpunkt beider Disziplinen angesiedelt und versteht sich als Beitrag zur neueren Kulturgeschichte, der an neuere Entwicklungen im Bereich der historischen und volkskundlichen Adels-Forschung anknüpft.

    Literatur: Rudolf Endres, Adel in der frühen Neuzeit, München 1993; Beate Spiegel, Adliger Alltag auf dem Land. Eine Hofmarksherrin, ihre Familie und ihre Untertanen in Tutzing um 1740, Münster 1997.